Stuttgart. An Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit vor Ostern und auch dieses Jahr werden wieder viele Menschen in dieser Zeit sehr bewusst auf bestimmte Genüsse verzichten, die ihnen sonst im Alltag wichtig sind. Die Gründe dafür sind so verschieden wie die Menschen selbst.
Im Folgenden finden Sie eine FAQ zum Thema Fasten aus evangelischer Sicht von Pfarrer Dan Peter, Sprecher der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, zur vollständigen oder auszugsweisen Nutzung in Ihren Medien.
Ein geistliches Wort von Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl zur Fastenzeit 2025 finden Sie hier.
FAQ: 11 Fragen und Antworten zum Fasten aus evangelischer Sicht
Ich genieße so gerne, Verzicht fällt mir schwer. Was hat Gott davon, wenn ich weniger esse?
Gott hat nichts davon. Fasten ist keine Leistung, mit der wir Gottes Wohlgefallen oder Anerkennung erzwingen können. Beim Fasten geht es zunächst allein um mich und eventuell dann noch um andere Menschen. Fasten ist einerseits eine natürliche körperliche oder seelische Reaktion, zum Beispiel bei einer Übersättigung, auch wenn etwas auf der Seele lastet und den Appetit hemmt oder verdirbt. Andererseits ist Fasten ein bewusster Entschluss zum Verzicht, zum Beispiel, um Zeit zu gewinnen, um Geld für etwas anderes oder einen guten Zweck zu sparen, um die täglichen Abläufe zu durchbrechen, um die Gedanken freizubekommen und um sich besser ausrichten und konzentrieren zu können. Aber Vorsicht Falle: Viele denken gerade beim Fasten ständig ans Essen.
Was passiert beim Fasten mit mir, ist das eine Art Detox für die Seele? Werde ich gläubiger, oder erhört Gott meine Gebete?
Manche fühlen sich freier, unbelasteter, wenn sie fasten. Sie kommen auf andere Gedanken. Häufig nicht am ersten Tag, aber nach einiger Zeit. Sie sehen beim Fasten klarer, was ihnen im Leben wichtig ist. Sie stärken durch den bewussten Verzicht eine andere Seite ihres Lebens und vielleicht auch den Glauben. Fasten kann eine Haltung gegenüber Gott ausdrücken: Ich lasse sein oder stelle zurück, was mir sonst wichtig ist, um Gott eine andere Offenheit zu zeigen. Oder um Gott dringlicher für etwas Bestimmtes zu bitten. Ich drücke durch das Fasten eine innere Not aus, mache mir eine Sache zu eigen, bitte Gott fastend um Hilfe.
Woran merke ich, dass das Fasten „funktioniert“?
Fasten ist etwas Ganzheitliches und nicht unbedingt funktional. Es ist keine Diät, um schneller abzunehmen oder etwas zu erzwingen. Es ist eine Haltung oder eine gute Übung, daher fasten manche regelmäßig, um den Alltag und Gewohntes zu unterbrechen, um eine neue Sicht oder Freiheit zu gewinnen. Ob das für einen selbst funktioniert, muss jeder einmal selbst ausprobieren.
Geht Fasten nur mit Essen? Was ist davon zu halten, wenn Leute Fernsehen fasten oder schlechte Gewohnheiten, die nichts mit Essen zu tun haben?
Essen ist elementar, also lebensnotwendig. Wer Essen fastet, verzichtet auf einen Teil des Lebens. Manche drücken es sogar dramatischer aus: Wer fastet, nimmt das Sterben oder den Tod voraus. Daher haben Fastende früher manchmal auch Asche auf den Kopf gestreut, sich nicht mehr gewaschen oder sich in alte Lumpen gekleidet. Sie verzichten auf das Leben. Aus Trauer, aus Verzweiflung oder um Gott noch deutlicher auf ihre innere Leere oder ihre äußere Buße, also Neuausrichtung aufmerksam zu machen.
Wahrscheinlich tut es den meisten Menschen gut, zwischendurch auf alltägliche Genüsse zu verzichten wie Süßigkeiten, Kaffee, Alkohol, Social Media-Aktivitäten oder zeitraubende und aufwändige Hobbies. Danach sieht man solche Genüsse oder anderen Luxus wieder deutlicher als etwas Geschenktes an, das eben nicht selbstverständlich ist.
Kann ich auch nur ein bisschen fasten, oder muss es „wehtun“?
Das kann man nur für sich selbst beantworten. Doch eines ist klar: Echter Verzicht tut immer ein bisschen weh. Ob der Verzicht einem Gott näherbringt oder nicht, ist völlig offen. Mit dem Verzicht wird auch die Versuchung größer.
Hat Fasten im christlichen Sinne einen JoJo-Effekt? Wie kann ich dranbleiben?
Fasten ist keine Leistung und Fasten sollte auch nicht unter modernen Erfolgs- oder Lebensoptimierungsaspekten betrachtet werden.
Fasten heißt, alltägliches zu unterbrechen und auf Dinge bewusst zu verzichten. Aber der Alltag hat jede und jeden auch schnell wieder in seinem festen Griff. Deshalb wurden die großen Fastenzeiten, die Passions- und die Adventszeit, bewusst zweimal im Jahr vor Ostern und Weihnachten, also vor die größten Feste im Jahreskreislauf gelegt.
In früheren Zeiten gab es sogar in jeder Woche einen oder zwei Fastentage, den Freitag und den Mittwoch, auch als Gegengewicht zum wöchentlichen Festtag, dem Sonntag.
Ist Fasten eigentlich evangelisch?
Das Fasten kann eine geistliche Übung sein oder als eine Form der Buße, des Gebets und der Hingabe an Gott betrachtet werden. Es wird oft mit dem Ziel durchgeführt, eine tiefere geistliche Erfahrung zu erreichen und sich auf Gott zu konzentrieren.
Deshalb lehnten die Reformatoren Fasten nicht grundlegend ab, aber sahen Fasten kritisch an. In der Bibel wird Fasten nicht vorgeschrieben, es wird gleichermaßen Positives wie Negatives übers Fasten ausgesagt. Das Ansehen vor Gott kann nicht durch Verzicht und Leistung, wie Fasten oft missverstanden wird, verdient werden. Die Liebe Gottes zu den Menschen ist unverdient, der Glaube ein Geschenk. Zudem, je nach Beruf und Lebensherausforderung spielt das regelmäßige Essen und Trinken auch eine unterschiedlich wichtige Rolle.
Müssen Geistliche fasten?
Nein. Und trotzdem tun es viele, auch um andere Fastende besser verstehen und geistlich begleiten zu können. Pilgern und Fasten haben wieder Hochkonjunktur.
Steht in der Bibel, dass man fasten soll?
Nein, für Christen ist Fasten keine religiöse Pflicht und schließt schon gar nicht das Trinken von Flüssigkeit aus.
Jesus sieht Fasten als etwas sehr Persönliches an und warnt davor, es demonstrativ einzusetzen oder gar als Frömmigkeitsleistung oder Glaubenserweis vor sich herzutragen. Er sagte (Matthäusevangelium 6,16): Wenn ihr fastet, sollt ihr nicht sauer dreinsehen wie die Heuchler; denn sie verstellen ihr Gesicht, um sich vor den Leuten zu zeigen mit ihrem Fasten. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt.
Hat Jesus auch gefastet?
Von Jesus lesen wir, dass er vor Beginn seines öffentlichen Wirkens 40 Tage und 40 Nächte gefastet hat. Ob es zur Vorbereitung des Dienstes geschah oder als eine besondere Art der inneren Annäherung an Gott, wird aus den Evangelien nicht ganz klar. Aber es wird berichtet, dass er während dieser besonderen Zeit auch sehr stark versucht wurde.
Warum liegt die Fastenzeit eigentlich vor Ostern? Kann ich auch zu anderen Zeiten fasten?
Die zwei langen traditionellen Fastenzeiten sind die Adventszeit (vier Wochen) und die nach vorne gedehnte Passionszeit (sieben Wochen). Sie bereiten jeweils ein großes Glaubensfest vor, drücken Erwarten und Vorbereitung aus, das Warten auf die Hilfe und das Eingreifen Gottes.
Natürlich kann jeder zu jeder Jahreszeit fasten. Manchen fällt es aber leichter, mit anderen gleichzeitig zu fasten oder sich einer bestimmten Fastenart anzuschließen.
Dan Peter
Sprecher der Landeskirche
Hinweise: Die Fastenaktion der evangelischen Kirche „7 Wochen ohne“ steht dieses Jahr unter dem Motto „Luft holen! Sieben Wochen ohne Panik“ (mehr Infos). Die württembergische Landeskirche beteiligt sich zudem am ökumenischen Klimafasten mit wöchentlichem Newsletter zum Thema (mehr Infos). Bilder von Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl finden Sie im Pressebereich unserer Webseite. Ein Bild von Dan Peter finden Sie hier.