Stuttgart/Hohenneuffen. Mit einem Gottesdienst auf der Burgruine Hohenneuffen hat die „Kirche im Grünen“ der württembergischen Landeskirche gestern ihr 50-jähriges Bestehen gefeiert.
Andrea Bleher, stellvertretende Präsidentin der Württembergischen Evangelischen Landessynode, würdigte in ihrem Grußwort die Bedeutung dieser besonderen Gottesdienstangebote: „An Gottesdiensten unter freiem Himmel nehmen viele Menschen Teil, die es lieben, draußen zu sein und die Natur zu genießen. Kirche im Grünen ist ein Trendsetter, den es weiterzuentwickeln gilt, um Menschen das Evangelium nahe zu bringen und Anknüpfungspunkte für den Glauben zu geben.“
Unter dem Label Kirche im Grünen bieten Kirchengemeinden der württembergischen Landeskirche seit 50 Jahren Gottesdienste an besonderen Orten in der freien Natur an. Aktuell sind es über 1.000 Gottesdienste und Veranstaltungen pro Jahr. Diakon Markus Munzinger ist bei der württembergischen Landeskirche für Kirche im Grünen verantwortlich. Er stellt fest, dass sich dieses Gottesdienstformat nicht einheitlich entwickelt. Manche Gottesdienstorte hätten – zumal im Lauf der Corona-Pandemie – im Besuch zugelegt, andere seien in die Jahre gekommen. Corona habe nicht nur zur Entwicklung neuer Orte und Formate geführt, sondern es hätten sich auch in vielen Kirchengemeinden Außengottesdienste etabliert, zum Beispiel verbunden mit einem „Kirchenkaffee“ oder anderen gemeinschaftsbildenden Elementen. Jeder Gottesdienst draußen habe seinen eigenen Charakter. Orte könnten CVJM-Heime oder -gärten, Ausflugsziele, Burgen, Schlösser, Parks, Aussichtstürme oder signifikante Bäume oder Wanderparkplätze sein.
Viele Besucher kommen laut Munzinger spontan. Er beobachtet auch, dass diese Gottesdienste besonders für Singles attraktiv zu sein scheinen. Auch gebe es eine wandernde Kirche im Grünen-Gemeinde. Deren „Mitglieder“ besuchen sechs bis acht Gottesdienste im Jahr an verschiedenen Orten, aber nicht unbedingt Gottesdienste in Kirchen.
In seiner Predigt über Jesaja 43,1-7 machte Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl die Doppelrolle der Natur deutlich, die auch in diesem Bibeltext zum Ausdruck komme. Die Kräfte der Natur seien für den Menschen einerseits stets eine Bedrohung, und „die Menschen der Bibel verklären diese Naturkräfte nicht. Sie sorgen sich um ihr Leben und fürchten, was sie bedroht“. Andererseits sage Gott dem Menschen aber zu: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“ Und so könne die Natur zugleich zum Zeichen für die Liebe Gottes zum Menschen werden. In Anspielung an den Ort des Gottesdienstes auf dem Hohenneuffen sagte Gohl: „Der Berg, die Aussicht, das Licht – alles atmet Erhabenheit, stille Größe und Schönheit. Die Lieder in unserem Gesangbuch preisen Gottes große Schöpfung und staunen über die Schönheit.“ Darum gehe es letztlich, „im Angesicht von Gottes wunderbarer Schöpfung zu staunen und zu erkennen, was Du, Gott, bist und was ich bin. Am Fuße des Hohenneuffen komme ich mir klein vor wie eine Maus. Hier oben spüre ich die Größe Gottes. Dieser Gott ist aber nicht einfach für sich und wie ein Bild, das wir anbeten. Dieser Gott ist, so sagt es Jesaja, bei mir. Er tröstet mich, er hält mich.“ Der Bergblick in alle vier Himmelrichtungen sage: „Gott ist überall zu finden. Auch in äußerster Gottesferne, an den dunkelsten Orten dieser Welt ist Gott nie ganz fort.“ Und in der Natur sei eine Spur Gottes zu sehen.
Dan Peter
Sprecher der Landeskirche
Hinweis: Fotos von Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl, Andrea Bleher und Markus Munzinger finden Sie im Pressebereich unserer Webseite. Mehr Informationen über Kirche im Grünen finden Sie hier.