Stuttgart/Reutlingen. Der frühere Synodale Otto Schaude soll Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche Ural, Sibirien und Ferner Osten werden. Die Wahl ist für den 23. Oktober geplant, die Amtseinführung des neuen Bischofs erfolgt am 24. Oktober. Weil die Synodalen der Kirche teilweise über tausende Kilometer zur einmal im Jahr tagenden Synode anreisten, finde die Amtseinsetzung gleich am folgenden Tag statt, berichtet Otto Schaude, der sich gemeinsam mit seiner Frau Brigitte bereits in Omsk aufhält.
Er sei von der Liebenzeller Mission gebeten worden, in seinem Ruhstand die evangelischen Christen in Sibirien zu unterstützen. Im vergangenen Jahr ist er daraufhin zwei Mal in Sibirien gewesen. Er hielt ein Referat vor der Synode und schulte Mitarbeiter. Im Mai 2010 habe ihn dann die schriftliche Bitte der sibirischen Kirchenleitung erreicht, er solle sich für die Aufgabe des Bischofs bereithalten.
Der frühere Bischof, August Kruse, ist seit 2009 Erzbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland, der Ukraine, in Kasachstan und Mittelasien (ELKRAS). Es ist eine Gemeinschaft lutherischer Kirchen und Gemeinden auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion. Die Evangelisch-Lutherische Kirche Ural, Sibirien und Ferner Osten ist eine Gliedkirche der ELKRAS.
Die Evangelisch-Lutherische Kirche Ural, Sibirien und Ferner Osten ist die territorial größte Kirche auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion. Zu ihr gehören rund 140 Gemeinden und Gruppen von Gläubigen zwischen dem Ural und Wladiwostok. Die Gemeinden in Sibirien sind vor allem durch deutschstämmige evangelische Christen geprägt worden. Weil viele von ihnen in den vergangenen Jahren nach Deutschland auswanderten, wurden Gemeinden aufgelöst. Es gibt aber auch Gemeindeneugründungen. Die frühere Gottesdienstsprache Deutsch ist inzwischen in vielen Gemeinden dem Russischen gewichen. Zurzeit sind acht hauptamtliche Geistliche und rund 50 Laienprediger in der Evangelisch-Lutherischen Kirche Ural, Sibirien und Ferner Osten tätig.
Otto Schaude wurde 1944 in Wippingen (Alb-Donau-Kreis) geboren. Als Vertreter des Gesprächskreises „Lebendige Gemeinde“ war er von 1983 bis 2008 Mitglied der Württembergischen Evangelischen Landessynode. Otto Schaude war Vorsitzender des Evangelischen Schulwerkes in Württemberg und stand dem Altpietistischen Gemeinschaftsverband Württemberg vor. Otto Schaude gründete 1973 die Freie Evangelische Schule Reutlingen mit, deren Rektor er von 1975 bis 1991 war. Der Vater von vier erwachsenen Kindern lebt mit seiner Frau in Reutlingen.
Das Bischofsamt würde der seit 2008 pensionierte Pädagoge ehrenamtlich bekleiden. Allerdings sei es ein Vollzeitjob, so Schaude. Ihm stehe ein Dolmetscher zur Verfügung, aber er habe bereits begonnen, Russisch zu lernen. Der soziale Auftrag der evangelischen Kirchen in Sibirien sei „riesengroß“, sagt Otto Schaude. Sehr viele Kinder seien nicht versorgt, lebten auf der Straße. Ein weiteres Problem: die Alkoholkrankheit zahlreicher Menschen.
Christian Tsalos