10.11.2010

Altlandesbischof Hans von Keler wird 85

Kirchendiplomat, Brückenbauer und Grenzgänger

Stuttgart/Herrenberg. Der ehemalige württembergische Landesbischof Hans von Keler feiert am Freitag, 12. November, seinen 85. Geburtstag. Als erster Nicht-Schwabe im württembergischen Bischofsamt stand er von 1979 bis 1988 an der Spitze der traditionsreichen Landeskirche. Das Amt des Bischofs verstand von Keler als Hirtenamt, dessen Aufgabe es sei, auf dem Boden des Evangeliums Position zu beziehen. Seine Amtszeit stellte er unter den Leitspruch „Die Freude am Herrn ist unsere Stärke“.

Als Sohn eines Apothekers 1925 im schlesischen Bielitz, heute Polen, geboren, musste Hans von Keler als 18-Jähriger in den Krieg ziehen. Nach der amerikanischen Kriegsgefangenschaft kam er völlig mittellos nach Württemberg. „Als Zwanzigjähriger stand ich am 1. Dezember 1945 auf dem Stuttgarter Hauptbahnhof. Außer den Kleidern, die ich auf dem Leib trug, besaß ich nur noch eine Aktentasche. Ich wusste nicht, wo ich übernachten sollte; ich kannte in Württemberg keinen Menschen von Angesicht. Reichtum und Armut, das sind für mich existentielle Erfahrungen, “ schilderte von Keler seine erste Begegnung mit dem Schwabenland. Unter dem Einfluss des Krieges ist von Kelers Berufsentscheidung gereift. Sein einziger Bruder fiel im Krieg und der Vater starb im polnischen Lager. Das „Fragen nach dem Sinn nach diesem Wahnsinn“ führte ihn zur Theologie, die er in Tübingen studierte.

Seine Vikariatszeit  verbrachte der Schlesier in Frauenzimmern, Buchenbach und an der Haigstkirche in Stuttgart, die „in vieler Hinsicht meine erste Liebe war“. 1953 trat er seine erste Pfarrstelle in Wildenstein an. Danach leitete er sechs Jahre lang das Evangelische Mädchenwerk in Stuttgart und später neun Jahre lang die Evangelische Diakonieschwesternschaft in Herrenberg. Zwischenzeitlich war von Keler Gemeindepfarrer in Neuenstein.

Jahrelang gehörte von Keler der württembergischen Landessynode und der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland an. Er war Mitglied der 7. und 8. württembergischen Landessynode. 1969 wurde er als erster Theologe sogar Synodalpräsident. Außerdem war von Keler Mitglied der 4. und 5. EKD-Synode, wo er 1969 auch zum Vizepräsidenten gewählt wurde.

1976 übernahm Hans von Keler die Prälatur in Ulm, bevor er drei Jahre später zum Landesbischof berufen wurde. Von Keler vermittelte zwischen den verschiedenen Richtungen in der Landeskirche und vertrat zugleich konsequent eigene Glaubensauffassungen. Durch zahlreiche Aussagen hat er auf sich aufmerksam gemacht. Zum Beispiel, sagte er zur Frage der Sonntagsarbeit: „Die Seele des Menschen stirbt, wenn sein Sonntag stirbt“. Über die immer geringere Zahl der Kirchenmitglieder und die Kirchenaustritte im Jahr 1988, obwohl bekümmert, meinte von Keler, dass der Protestantismus „ruhig mehr Bewusstsein zeigen sollte. Er hat es nicht nötig, dauernd den Puls zu fühlen, denn der Puls des Glaubens ist nicht das eigene Gefühl oder die Zahlen, sondern die Wahrheit Gottes und das Bewusstsein davon, dass man eine Botschaft weiterzugeben hat und nicht nur einen Bestand verwaltet.“

Neben der Leitung der evangelischen Landeskirche prägte von Keler die Beziehungen der EKD zu den Kirchen Osteuropas. Mehrere Jahre lang saß er als erster Vertreter der Landeskirche im Exekutivkomitee des Lutherischen Weltbundes. In seiner Zeit als EKD- Ratsmitglied von 1978 bis 1992 erwarb der Theologe sich einen Ruf als „Kirchendiplomat“, „Brückenbauer“ und  „Krisenmanager“. Der für seinen Humor, seine Diplomatie und sein rhetorisches Talent bekannte Kirchenmann befasste sich vor allem mit Friedensfragen und den Beziehungen zur katholischen Kirche. Als Beauftragter des Rates der EKD von 1986 bis 1994 trat er für die Integration von Heimatvertriebenen und Spätaussiedlern ein. In jeder Phase seiner kirchlichen Laufbahn mit vielen leitenden Ämtern prägte Hans von Keler die große Verbundenheit mit seiner schlesischen Heimat. Er wurde Grenzgänger - ein Grenzgänger der Verständigung zwischen Ost und West, zwischen Polen und Deutschen, zwischen Deutschen (Ost) und Deutschen (West).

Hans von Keler ist Inhaber hoher kirchlicher und staatlicher Auszeichnungen. 1981 verlieh die Evangelisch-theologische Fakultät der Universität Tübingen ihm die Ehrendoktorwürde. 1988 wurde von Keler mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Von Keler sei einer der profiliertesten Führungspersöhnlichkeiten des deutschen Protestantismus, der sich aufgrund seiner seelsorgerischen und kirchenpolitischen Tätigkeit außergewöhnliche Verdienste um das Wohl der Menschen weit über die Grenzen Baden-Württembergs hinaus erworben habe, sagte der damalige Ministerpräsident Lothar Späth. 1996 erhielt der Altlandesbischof die goldene Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg, mit der außerordentliche Verdienste auf sozialem, kulturellem und politischem Gebiet gewürdigt werden.

Der dreifache Vater genießt seinen Ruhestand in Herrenberg und widmet sich gern der Geschichte. Seine Vorliebe gehört auch der Musik, der Natur, der Pilzkunde und der Fotografie.

Christian Tsalos

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