Stuttgart. Der ehemalige Regionalbischof und Dekan von Stuttgart, Martin Klumpp, feiert am Dienstag, 5. Oktober, seinen 70. Geburtstag. Der als liberal bekannte Theologe stieg in seinem über 40 Jahre langen Pfarrdienst vom Gemeindepfarrer bis zum zweithöchsten Amt der Evangelischen Landeskirche auf. Sieben Jahre lang war er Prälat von Stuttgart. Seine Kandidatur für das Bischofsamt im Jahr 2000 scheiterte. „Ich hörte nie auf, Theologie zu lernen und zu treiben“, schrieb Martin Klumpp in einem offenen Brief an Kollegen und Freunde vor seiner Verabschiedung in den Ruhestand im Herbst 2005.
„Die Erinnerungen meines Lebens beginnen im Keller und riechen nach groben Strohmatratzen, auf denen wir während der Fliegerangriffe lagen. Aber in unserem Keller versammelten sich viele liebe Menschen - darunter der bekannte Theologe Professor Karl Heim - die uns Kindern Geschichten erzählten“, erinnerte sich der gebürtige Tübinger, der schon seit seiner Kindheit Pfarrer werden wollte. Ihm gefielen Gottesdienste und das Singen in der Tübinger Stiftskirche. „Da ging mein Herz auf. Das ist bis heute so,“ schrieb der Theologe, dessen Vater Oskar Klumpp als Stadtdirektor die „rechte Hand“ von Oberbürgermeister Arnulf Klett und Präsident der Württembergischen Landessynode war.
Klumpp besuchte die Theologischen Seminare in Schöntal und Urach, studierte Theologie in Tübingen und Zürich. Sein Studienschwerpunkt war Neutestamentliche Exegese. „Bis heute bin ich fasziniert, die Bandbreite unterschiedlicher Theologien im Neuen Testament zu erkennen und diese Vielfalt auch in unserer Kirche wieder aufzufinden“. Sein Denken prägten vor allem die Theologen Ernst Käsemann, Gerhard Ebeling und Eduard Schweitzer. Neben dem Theologiestudium absolvierte Klumpp eine Zusatzausbildung in Ehe-, Familien- und Lebensberatung.
Seine Vikariatszeit verbrachte er in Marschalkenzimmern, Maulbronn, Künzelsau und Stuttgart. 1970 übernahm Martin Klumpp seine erste Pfarrstelle an der Sindelfinger Johanneskirche. Neun Jahre später wechselte er in die Stuttgarter Hospitalgemeinde, wo er das Evangelische Bildungszentrum Hospitalhof aufbaute. „Wenn uns der Glaube mündig macht, dann wächst das Interesse für die Welt und ihre Probleme. Wer mehr weiß, kann besser mitentscheiden“, sagt der an Veränderungen interessierte Klumpp heute über seine damalige Initiative. Damals war diese Arbeit zugleich die Vorbereitung für den Dienst im Dekanat, den er 1986 antrat.
Kaum jemand hat das kirchliche Leben in der Landeshauptstadt so geprägt wie Martin Klumpp. Über seine Stuttgarter Jahre sagte er: „Mir war es wichtig, dass die Region Stuttgart sich nicht nur wirtschaftlich entwickelt, sondern dass dabei auch soziale, kulturelle, ökologische und geistliche Aspekte einbezogen werden“.
Von 1986 bis 1998 war Klumpp Pfarrer an der Gedächtniskirche Stuttgart, Dekan in der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde Stuttgart und Vorsitzender des Evangelischen Stadtverbands. Sein Augenmerk lenkte er auf Randgruppen und als Dekan unterstützte er die Einrichtung von Sonderpfarrämtern für Diakonie, Asyl, Bildung und Medien. „Ich bin überzeugt, dass wir im Pfarramt ganz streng Theologie treiben müssen und zugleich Einsicht brauchen in die psychologischen, sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhänge. Nur so entstehen jene Nähe und Offenheit, in der Menschen das Evangelium als Wort für sich und für ihr eigenes Leben erfahren können.“
Von 1998 bis 2005 war Klumpp Prälat von Stuttgart. Mit scharfem Verstand und großer Offenheit hat er den Dialog von Kirche und Gesellschaft und mit anderen Religionen befördert. „Glaube findet nicht nur im Kopf statt, sondern auch im Herzen. Das geht bis zur körperlichen Erfahrung“, sagte Martin Klumpp, der das Stuttgarter Hospiz mitbegründet und die Vesperkirche mit angeregt hat. In seine Amtszeit fiel auch die Renovierung der Stuttgarter Stiftskirche. Aufgrund seiner Erfahrungen wurde er zum Vorsitzenden der Stiftung „Kirche und Kunst“ berufen. Außerdem war er Vorsitzender des Orgelbauvereins der Stiftskirche und hat im Vorstand „Förderkreis Internationale Bachakademie Stuttgart e.V.“ mitgewirkt.
Seit 2005 ist Martin Klumpp im Ruhestand, aber viele Aufgaben führt er fort. Schon seit 31 Jahren leitet der einfühlsame Seelsorger Gesprächsgruppen für Trauernde. Bis heute ist Klumpp Vorsitzender des Bauausschusses der Evangelischen Seminarstiftung. In den letzten zehn Jahren setzte sich der Theologe auch für die evangelische Erzieherinnenausbildung ein.
Die Vielzahl der Ämter, die der Vater von drei Kindern innehat, ist Ausdruck seiner Freude am Beruf. Als Glück seines Lebens sieht er, „dass ich im Beruf jeweils das tun durfte, was mich auch persönlich bewegte und interessierte.“
Christian Tsalos