Stuttgart. Der württembergische Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July hat Landesrabbiner Netanel Wurmser sowie der Repräsentanz der Israelitischen Religionsgemeinschaft in Württemberg (IRGW) zum am 5. und 6. September stattfindenden jüdischen Neujahrsfest Rosch Haschana „in tiefer persönlicher Verbundenheit“ gratuliert. In seinem Glückwunschschreiben verweist July auf die Erklärung „Verbundenheit mit dem jüdischen Volk“, die Oberkirchenrat und Landessynode am 15. September 1988 und damit vor genau 25 Jahren beschlossen haben. Mit der Erklärung, die der Landesbischof als „Meilenstein“ bezeichnet, stellte die Landeskirche ein halbes Jahrhundert nach dem Judenpogrom von 1938 ihr Verhältnis zum Judentum auf die Grundlage von Respekt, Aufgeschlossenheit und Dialog anstelle von Überheblichkeit, Verleumdung und Israelvergessenheit.
Landesbischof July kündigte an, er werde zusammen mit Synodalpräsidentin Dr. Christel Hausding die Kirchenmitglieder an diese Erklärung von 1988 erinnern und sie auffordern, verstärkt an deren Umsetzung zu arbeiten. In dem Brief an die Kirchengemeinden betonen Hausding und July im Rückgriff auf die Erklärung die starke Verbindung von Judentum und Christentum. Christliche Identität sei ohne Bezug auf den jüdischen Glauben nicht denkbar. Zwar würden die Glaubensunterschiede selbstverständlich anerkannt. Sie sollten aber nicht mehr trennend wirken: „Fundamental ist das Bekenntnis zur bleibenden Erwählung Israels.“ Gleichzeitig bezeichnen Landesbischof und Synodalpräsidentin den Antisemitismus als bleibende Herausforderung, der sich die Kirche zu stellen habe: „Antisemitismus darf nicht übergangen, sondern muss wahrgenommen, angesprochen und bearbeitet werden.“
Abschließend bringen Frank Otfried July und Christel Hausding ihre Freude über den seit Jahrzehnten gut funktionierenden christlich-jüdischen Dialog zum Ausdruck. Aber „während Verständnis, Toleranz und Respekt zwischen Religionen wachsen, unterziehen manche säkulare Gruppen in öffentlichen Debatten etwa über Beschneidung aus religiösen Gründen die gesellschaftliche und rechtliche Stellung der Religion einer grundsätzlichen Kritik. Hier ist unser entschiedenes Eintreten für ein selbstbestimmtes jüdisches Leben gefordert.“ Zu diesem gehöre auch der Frieden im Nahen Osten, für den zu arbeiten und zu beten Christen nicht aufhören dürften.
Oliver Hoesch
Sprecher der Landeskirche