Stuttgart. Die Mitglieder der Evangelischen Landeskirche in Württemberg haben am Sonntag, 1. Dezember, rund 10.000 Kirchengemeinderäte und eine neue Landessynode gewählt. Bei der Wahl zur Synode hat der Gesprächskreis „Lebendige Gemeinde" seine Spitzenposition behauptet. Von den 90 Synodensitzen erreichte er 39 (2007: 40 Sitze). Deutliche Gewinne gab es für den Gesprächskreis „Offene Kirche", der 30 Mandate erreichte (2007: 25). Verluste verzeichneten die Gesprächskreise „Evangelium und Kirche“ (15; 2007: 18) sowie „Kirche für morgen“ (5; 2007: 7). Die Wahlbeteiligung lag mit rund 24 Prozent etwa auf dem Niveau von 2007 (24,3 Prozent).
Update vom 16.12.2013: Nach dem amtlichen Endergebnis betrug die Wahlbeteiligung auch bei der Kirchenwahl 2013 24,3 Prozent und hat sich somit gegenüber der vergangenen Kirchenwahl vor sechs Jahren nicht verändert.
Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July wertet die Kirchenwahl 2013 als Erfolg: „Die Wahlbeteiligung von knapp einem Viertel aller Kirchenmitglieder zeigt, dass unsere Kirche eine interessierte, engagierte und tragfähige Basis hat, die deutlich über die Gottesdienstgemeinde hinausgeht. Für mich ist das ein ganz klares Zeichen dafür, dass Kirche nach wie vor eine starke Kraft ist und ihre Stimme in unserer Gesellschaft deutlich vernehmbar bleiben wird. Und: Mit 10.000 neugewählten Kirchengemeinderäten und 90 zukünftigen Landessynodalen verfügen wir über eine breite ehrenamtliche Leitungsstruktur, die die Landeskirche – zusammen mit den Hauptamtlichen – in eine gute Zukunft führen wird.“
Für den Gesprächskreis „Lebendige Gemeinde“ zeigte sich der Vorsitzende, Dekan Ralf Albrecht, hochzufrieden und bezeichnete das Ergebnis als herausragend. Die „Lebendige Gemeinde“ habe ihr Wahlziel, weiterhin größter Gesprächskreis in der Synode zu bleiben, voll und ganz erreicht. Als zu bewältigende Herausforderungen nannte er den vorrangigen Auftrag von Kirche, missionarisch zu sein und das Evangelium allen zu verkündigen. „Da geht es ganz praktisch darum, dem demografischen Wandel zu begegnen sowie Aufgabe und Wesen des hauptamtlichen Dienstes in Pfarramt und Diakonat so zu bestimmen, dass er zukunftsfähig bleibt. Ganz besonders gespannt sind wir darauf, in der kommenden Synodalzeit den Kirchentag in Stuttgart zu Gast zu haben und dabei unsere spezielle württembergische Prägung von Kirche einzubringen. Und wir freuen uns darauf, die Reformationsdekade zu gestalten – bis hin zum Jubiläum 2017.“ Den kleineren Gesprächskreisen sicherte Albrecht zu: „ Für die ‚Lebendige Gemeinde‘ gilt in der Synode nach wie vor das Prinzip der größtmöglichen Übereinstimmung. Wir wollen gemeinsam in einem fairen Miteinander Kirche gestalten.“
Die „Offene Kirche“, so deren Vorsitzende Ulrike Stepper, freue sich, in der neuen Landessynode mit einer deutlich gestärkten Gruppe antreten können und wolle auch in Zukunft eintreten „für Vielfalt und Gerechtigkeit mit Profil und Biss.“ Sie stehe für „eine Kirche, die sich nicht selbst genug ist, sondern die ‚Kirche für andere‘ ist.“ Die Offene Kirche werde beantragen, die Stellen des Islambeauftragten, des Friedenspfarramts und des Umweltbeauftragten wieder aufzustocken. „Verschiedene Lebensformen als gleichwertig anzuerkennen ist uns wichtig, und deshalb setzen wir uns dafür ein, dass homosexuelle Pfarrer und Pfarrerinnen als Paare in eingetragener Lebensgemeinschaft im Pfarrhaus wohnen können. Unseren Zielen Frieden, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung und der weltweiten Verbundenheit der Kirchen bleiben wir weiterhin verpflichtet.“
Pfarrer Dr. Richard Mössinger stellte als Vorsitzender des Gesprächskreises „Evangelium und Kirche“ fest, dass auch diesmal geringe Abstände das Wahlergebnis kennzeichneten, und bedauerte, dass sehr qualifizierte Kandidaten und Kandidatinnen nicht gewählt worden seien und „die württembergische Bekenntnisgemeinschaft ‚Evangelium und Kirche‘ als zahlenmäßig kleine Gruppe bei einem Mehrheitswahlrecht ihre Schwierigkeiten“ habe. „Auch mit weniger Synodalen werden wir unsere ganze Kraft daran setzen, dass die Kirche Kirche bleibt. Wir wünschen, dass die Gemeinschaft der neu gewählten Synodalen durch ihre Finanzbeschlüsse für eine gute Präsenz der Kirche in allen Teilen des Landes sorgt und das Ihre tut, dass die Stimme des Evangeliums und die diakonische Arbeit zur Bewältigung der persönlichen und öffentlichen Herausforderungen eine Hilfe sein können.“
Friedemann Stöffler, Vorsitzender des Gesprächskreises „Kirche für morgen“, bewertete das Wahlergebnis als enttäuschend: „Nach dem großen Erfolg bei der letzten Wahl 2007 mit sieben Sitzen haben wir in der neuen Synode nur fünf Sitze. Besonders bedauerlich dabei ist, dass keiner unserer Pfarrer und keine unserer Kandidatinnen es in die Synode geschafft hat. Wir hatten gehofft und geglaubt, wir könnten die Anzahl unserer Sitze weiter ausbauen. Das ist uns leider nicht gelungen, obwohl wir den Eindruck haben, dass wir wichtige Themen wie die Frage der Beteiligungskirche und der Lebensweltgemeinden eingebracht haben.“
Neben Landtagsvizepräsidentin Brigitte Lösch (Grüne) sind weitere prominente Landessynodale die Landtagsabgeordneten Rainer Hinderer und Florian Wahl (beide SPD).
Oliver Hoesch
Sprecher der Landeskirche
Die Synode beschließt über die Finanzen der Landeskirche, verabschiedet Gesetze und wählt den Landesbischof. Ihre konstituierende Sitzung wird am 22. Februar 2014 in Stuttgart stattfinden.