"Vergnügt, erlöst, befreit", so lautet das Motto der Organisation "Kirche Unterwegs". Auf sieben Campingplätzen in Württemberg sind Diakon Manfred Zoll und sein Team von Haupt- und Ehrenamtlichen während der Sommerferien unterwegs. Ob Christlicher Zirkus für die Kinder oder Kabarett zu Fragen der Reformation für die Erwachsenen, hier ist für jeden etwas dabei.
Mehr als 100 Zuschauer sitzen in dem großen Zelt. Die meisten von ihnen sind Kinder im Grundschulalter. Plötzlich wird es leise, die Zirkusaufführung beginnt. Statt Pferden und Schwertschluckern stehen hier Kinder vom Campingplatz Gohren im Mittelpunkt, laufen über Scherben und balancieren auf Drahtseilen. „Kirche Unterwegs“ macht die Bibel für Kinder zugänglich, denn alle artistischen Vorführungen basieren auf einer biblischen Geschichte.
So mimt ein Kind zum Beispiel den Gelähmten, der zu Jesus möchte und die anderen müssen ihn tragen. Laura verkörpert die biblische Noomi, die nach schweren Schicksalsschlägen ihr neues Zuhause verlassen muss um den langen Weg in ihre Heimat zurückzulegen. Laura läuft während ihres Auftritts über Glasscherben, die hier die Beschwerden von Noomis Weg symbolisieren. „Kinder saugen biblische Erzählungen ganz anders auf als Erwachsene“, sagt Manfred Zoll, leitender Diakon der „Kirche Unterwegs.“ Er ist überzeugt: Wenn Kinder biblische Geschichten nachspielen, verstehen sie von selbst, welche Botschaft den Bibeltexten zugrunde liegt.
Die spielerische Vermittlung der christlichen Botschaft, darum geht es „Kirche Unterwegs“, einem freien Werk innerhalb der württembergischen Landeskirche. Auf sieben Campingplätzen in Württemberg sind die Diakone und Ehrenamtlichen während der Sommerferienzeit unterwegs, um Urlaubern Glaubensimpulse für ihr Leben zu geben. Manfred Zoll und sein Team findet man derzeit in der Zeltkirche auf dem Campingplatz Gohren am Bodensee. Dort gibt es neben den Zirkustagen für Kinder auch Konzerte und Gute-Nacht Geschichten für die ganz Kleinen. Erwachsene treffen sich dort im Nacht-Café oder besuchen eine Vorstellung der ReformBar. Eine Art Kabarett der Diakone, bei dem sie sich neben Themen wie Reformen in Kirchen und Gemeinden auch elementaren Fragen zuwenden, wie „Was gibt’s heute eigentlich zu trinken?“
„Vergnügt, erlöst, befreit“ ist das diesjährige Motto der „Kirche unterwegs“ und das spiegelt sich im Programm wider. Auch Manfred Zoll verbreitet das Feriengefühl: „Die Leute sind im Urlaub, die wollen sich entspannen und Spaß haben, wenn sie dann noch einen Impuls für sich mitnehmen, haben wir alles richtig gemacht“. Der 57-jährige ist schon seit 30 Jahren für „Kirche unterwegs“ im Einsatz. „Berufung klingt ein bisschen hochgestochen, aber man kann auf jeden Fall sagen, dass ich in meiner Arbeit voll aufgehe“, sagt Zoll lachend. Für ihn ist der Enthusiasmus der Kinder das schönste an seinem Beruf.
„Kinder können sich für die Bibel richtig begeistern, wenn man sie lässt“, sagt er. Hört man 250 Kinder gemeinsam mit „Manfred“ aus vollem Hals singen, dann versteht man, was er mit Begeisterung meint. Bei aller Leichtigkeit versteht Zoll es aber auch den Kindern zuzuhören und ihnen Antworten auf ernste Fragen zu geben. So fragte ihn ein Neunjähriger, ob Geschichten von Jesus keine Lügenmärchen seien. Der Diakon antwortete ihm ehrlich, er wisse auch nicht ob sich damals alles genau so abgespielt habe. Viel wichtiger als das beschriebene Geschehen sei die Hoffnung, die die Bibel gebe: Jesus sei für die Menschen da und helfe ihnen bei Problemen. Das, glaube er, stimmt auf jeden Fall. „Der war’s dann zufrieden und am nächsten Tag kam er wieder und wir haben alle zusammen gespielt. Also hab ich ihm weiterhelfen können“, sagt Zoll und lacht.
Auch außerhalb der Ferienzeit bieten Manfred Zoll und das Team der "Kirche Unterwegs" verschieden Kurse zur Gemeindearbeit, spielerischen Glaubensvermittlung an Kinder und Jugendliche an. Freizeitangebote für Erwachsene bilden zum Beispiel das Männer Vesper oder das Kabarett Stück "ReformBar"an. Weitere Infos finden Sie auf der Homepage von "Kirche Unterwegs."
Kindern die Bibel näher zu bringen, sie für die Geschichten zu Begeistern und zum Mitmachen anzuregen, das ist für Zoll das Wichtigste an seiner Arbeit. „Die Bibel ist Hoffnung und wenn die Kinder das verinnerlichen, dann habe ich alles richtig gemacht“, sagt er.
Ein weiteres unverzichtbares Element ist für den Diakon die Gemeinschaft im Team von „Kirche Unterwegs“. Dieses besteht aus vier Diakonen und über 200 ehrenamtlichen Mitarbeitern. Ganze Familien engagieren sich dort. Viele Helfer kommen schon seit mehr als 20 Jahren zu den Campingplätzen und nutzen ihren Sommerurlaub um bei „Kirche unterwegs“ anzupacken. Zoll ist überzeugt, dass er gerade von den Jugendlichen viel lernen kann. „Da bekommt man frische Ideen, die gehen Dinge viel impulsiver an als wir Erwachsenen.“
Jetzt stellt sich nur noch die Frage, was das Team von „Kirche Unterwegs“ den Rest des Jahres schafft? „Die Programme, die wir auf den Campingplätzen entwickeln, vermitteln wir an Gemeinden in Württemberg“, sagt Zoll. So können evangelische Schulen oder Kindergärten vom „Kirche Unterwegs“ Team lernen, wie sie zum Beispiel den Zirkus der Zeltkirche auch mit ihren Schülern aufführen können. Die ReformBar geht ebenfalls in verschiedenen Städten Württembergs auf Tour.
Marie-Louise Neumann