31.07.2014

Neue Flüchtlingsdiakonate stärken ehrenamtliche Initiativen

Mit zwei neu geschaffenen Flüchtlingsdiakonaten unterstützen Diakonie und Landeskirche in Württemberg Kirchengemeinden und Ehrenamtliche in Asylarbeits- und Freundeskreisen beim Aufbau einer Willkommenskultur. Darauf wies das Diakonische Werk Württemberg am 31. Juli in einer Pressekonferenz in Stuttgart hin.

Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg.

„Flüchtlinge zu unterstützen verstehen wir als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, in der wir als Kirche und Diakonie besondere Präsenz zeigen und Zeichen setzen wollen“, sagte Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg, bei der Vorstellung der beiden Stellen, die ihren Sitz in Ulm beziehungsweise Heilbronn haben. In Ergänzung zu den Asylpfarrämtern in Stuttgart und Reutlingen unterstützen und beraten Dietmar Oppermann in der Prälatur Ulm und Annette Walter in der Prälatur Heilbronn.

Kaufmann betonte, dass es für Kirche und Diakonie Auftrag ist, für verfolgte und bedrohte Menschen einzutreten. In der Bibel werde von Gottes besonderen Schutzgeboten für Fremde berichtet: „Wir freuen uns sehr, dass sich aktuell so viele Menschen neu auf eine Mitarbeit im Flüchtlingsbereich ansprechen lassen. Gleichzeitig wissen wir aus unserer langen Erfahrung mit Ehrenamt und bürgerschaftlichem Engagement, wie wichtig auch hier Begleitung und fachliche Qualifizierung sind.“ Für die Diakonie sei es besonders wichtig, den Blick auf die Gaben und Ressourcen zu lenken, die Flüchtlinge mitbringen. „Flüchtlinge sind nicht Objekte unserer Hilfe – unsere Aufgabe besteht vor allem darin, mitzuhelfen, dass Flüchtlinge sich in die Gesellschaft einbringen können.“ Auch Unsicherheiten und Ängste im Umgang mit Fremden sollen Oppermann und Walter wahrnehmen und Gespräche darüber suchen. Da die Flüchtlingsdiakonate zunächst befristete Stellen seien, komme es darauf an, nachhaltig zu arbeiten und funktionierende Netzwerke aufzubauen.

Kritik übte der Vorstandsvorsitzende an der Flüchtlingspolitik in Deutschland und Europa. „Staaten wie Bosnien-Herzegowina und Mazedonien zu sicheren Herkunftsstaaten zu deklarieren, kann aus unserer Sicht keine Lösung für eine an menschenrechtlichen Standards orientierten europäischen Flüchtlingspolitik sein", sagte er. Die Abschottung Europas als „Festung“ und die Inhaftierung Schutzsuchender in gefängnisartigen Unterkünften in den Staaten am Mittelmeer müssten ein Ende haben. Kaufmann forderte die Abschaffung des deutschen Asylbewerberleistungsgesetzes. „Alle Menschen brauchten unabhängig vom Aufenthaltsstatus die Garantie für ein auskömmliches Leben und eine angemessene medizinische Versorgung.“ Die im neuen Flüchtlingsaufnahmegesetz gefassten Standards dürften nicht dem „Sachzwang steigender Flüchtlingszahlen“ geopfert werden.

Dietmar Oppermann, Flüchtlingsdiakon für die Prälatur Ulm, beobachtet, dass Sozialarbeiter in den Gemeinschaftsunterkünften zu wenig Zeit für eine Betreuung der Einzelnen haben. Umso wichtiger sei das ehrenamtliche Engagement, das er in vielen Kirchengemeinden antrifft. Diese Engagierten müssten aber begleitet werden, was bislang zu wenig geschehe. Fachtage etwa in Biberach oder die Qualifizierung in Form eines Sozialführerscheins Asyl in Aalen seien rasch ausgebucht gewesen. Weitere Unterstützung ist in Planung.

Diakonin Annette Walter.

Annette Walter, Flüchtlingsdiakonin in Heilbronn, sagte, für das Wohl von Flüchtlingskindern seien Angebote wie Hausaufgabenbetreuung, Spielplätze und gemeinsame Aktivitäten von besonderer Bedeutung. Auch will sie spezielle Angebote für Flüchtlingsfrauen initiieren.

Gerd Baier hat als Ehrenamtlicher der Kirchengemeinde einen Arbeitskreis Asyl in Adolzfurt-Scheppach mit gegründet. Von Anfang an hat der Kreis Flüchtlingsdiakonin Alter einbezogen. „Vor allen in rechtlichen Fragen und beim wichtigen Thema Arbeit hat sie uns gut beraten“, sagte er. Bei seinem Einsatz für Flüchtlinge bekomme er viel zurück: „Die Männer der Gemeinschaftsunterkunft haben uns fürstlich bekocht.“ Nachdem das Landratsamt bisher keinen Deutschkurs einrichten konnte, haben dies Ehrenamtliche übernommen. Für Ali Hussain und Awais Chuhan aus Pakistan unverzichtbar: „Wir wollen uns in unserer neuen Heimat integrieren und arbeiten.“

Die Landessynode hatte 1,4 Millionen Euro zusätzlich für Unterstützungsmaßnahmen für Flüchtlinge bereitgestellt. Die Hälfte des Geldes geht in die Herkunftsregionen, die andere in den Ausbau der evangelischen Flüchtlingsarbeit in Württemberg. Außerdem wurden durch einen Aufruf an Kirchengemeinden und diakonische Einrichtungen einige Wohnungen und Unterkünfte für Asylbewerber gefunden, etwa in Ulm, Ravensburg, Aalen, Esslingen und Stuttgart.

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