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"Was dient dem Frieden?"

Erhard Eppler spricht vor Tübinger evangelischen Pfarrern

Peter Steinle

Tübingen. Mit einem leidenschaftlichen Plädoyer für den Schutz staatlicher Strukturen hat sich der SPD-Politiker Erhard Eppler an die evangelischen Pfarrer im Kirchenbezirk Tübingen gewandt: „Die Sprache, die derzeit in Sachsen einzieht, ist nicht die Sprache der Demokratie“, mahnte Eppler. In einem funktionierenden Staat leben zu dürfen sei ein Privileg, das beispielsweise die Flüchtlinge in ihrer Heimat nicht mehr hätten, betonte der frühere Entwicklungshilfeminister: „Eine Gesellschaft braucht den Staat so wie ein Mensch seine Kleider, die ihn schützen!“

Eppler war am Donnerstag, 29. Oktober im Eberhardsgemeindehaus Referent bei der Kirchlich-theologischen Arbeitsgemeinschaft, einer Fortbildungs- und Diskussions-Plattform für die Pfarrer des Evangelischen Kirchenbezirks Tübingen. In seinem Vortrag „Was dient dem Frieden?“ betonte er die Bedeutung eines staatlichen Gewaltmonopols für Frieden, Sicherheit und Gerechtigkeit. Dies sei in den so genannten „Failing States“, also den gescheiterten Staaten, verloren gegangen – Eppler nannte den Irak, Syrien, Libyen, den Jemen, Mali, Somalia, den Süd-Sudan, Nigeria und als europäischen Staat die Ukraine. Die aktuellen Flüchtlingsströme seien die Folge dieses Gewalt-Chaos.

Ursachen für die Auflösung staatlicher Strukturen sieht Eppler im Ende des Kalten Krieges und in einer „marktradikalen Politik“ des Internationalen Währungsfonds (IWF): Die beiden Supermächte hätten während der Zeit des Kalten Krieges in ihrem jeweiligen Einflussgebiet für Ordnung gesorgt. Wenn danach George W. Bush als US-Präsident gedacht habe, nach dem von ihm begonnenen Irak-Krieg und dem Sturz des Diktators dort eine Muster-Demokratie installieren zu können, dann sei dies „eine unvorstellbare Naivität, die ans Kriminelle grenzt“, wetterte Eppler. Der IWF hingegen verbinde seine Kredite für notleidende Staaten mit so harten Auflagen, dass diese nur noch durch den Abbau notwendiger staatlicher Strukturen zu erfüllen seien – so würden viele Staaten „schwindsüchtig“.

In der Entwicklungshilfe plädierte der ehemalige Bundesminister für einen Ausbau der Verwaltungshilfen und eine Verbindung des funktionierenden deutschen Justizsystems mit dem afrikanischer oder südamerikanischer Länder. Zudem sprach er sich für finanzielle Hilfen für Polizei- und Schulprojekte aus: „Wenn ein afrikanischer Staat nicht mehr in jedes Dorf einen Lehrer schicken kann, dann ist das das Zeichen dafür, dass er nicht mehr funktioniert!“

Die evangelischen Pfarrer rief Eppler dazu auf, den Staat mit zu schützen als „eine Gabe, die man nicht verspielen darf“. Deshalb müsse man auch entschieden und frühzeitig Widerstand leisten gegen Feindbilder und jede Hasspropaganda. Die Erkenntnis, als Bürger eines demokratischen Rechtsstaates privilegiert zu sein, müsse auch dazu führen, weniger Privilegierten zu helfen – „im Augenblick sind das die Flüchtlinge“, sagte Eppler.

Quelle: Prälatur Reutlingen, Pressepfarrer Peter Steinle


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