Ausgrenzung von Rechtspopulisten ist keine Lösung - da waren sich die meisten Redner bei der Akademietagung "Kirche und Rechtspopulismus - Zum Umgang der Kirchen mit aktuellen rechtspopulistischen Strömungen" am vergangenen Wochenende in Bad Boll einig. Gleichzeitig wollen Kirchenvertreter gegen menschenfeindliche Positionen verstärkt Kante zeigen.
Abgrenzen ja, Ausgrenzen nein - so wünschen sich evangelische Kirchenvertreter den Umgang mit Rechtspopulisten und der AfD. Bei einer Tagung der Evangelischen Akademie Bad Boll am Wochenende sprach sich der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Frank Otfried July, dafür aus, die Diskussion mit Vertretern der AfD nicht zu verweigern. Es sei richtig, dass auf dem nächsten Deutschen Evangelischen Kirchentag ein Podium mit der Vorsitzenden der "Christen in der AfD" geplant sei, sagte July. Gleichzeitig dürften Begegnungen von Kirche und AfD nicht von der Partei instrumentalisiert werden, betonte er.
July warf AfD-Vertretern vor, mit einer Sprache der Ausgrenzung und des Hasses ein Klima geschürt zu haben, in dem Asylbewerberheime brannten. Die württembergische Landeskirche verstehe sich dagegen weiterhin als eine "flüchtlingsbereite Kirche". Man müsse klare Kante zeigen gegen Rassismus, Geschichtsrevisionismus und eine völkische Ideologie, unterstrich der Bischof.
Der Beauftragte der Evangelischen Landeskirchen in Baden und Württemberg bei Landtag und Landesregierung, Volker Steinbrecher, sieht bei der AfD-Fraktion im Stuttgarter Landtag noch kein Interesse an einer konstruktiven Parlamentsarbeit. Initiativen der Fraktion seien nicht auf Kompromissfähigkeit angelegt, sagte er. Ziel der AfD sei es eher, sich als einzige wirkliche Oppositionspartei darzustellen und andere Parteien zu diffamieren. Steinbrecher warb dafür, AfD-Abgeordnete protokollarisch wie Abgeordnete anderer Parteien zu behandelt, da sie ordentlich gewählt und demokratisch legitimiert seien.
Die Publizistin Liane Bednarz warf rechtskatholischen Kreisen in Deutschland eine Doppelmoral vor. Während man einerseits das traditionelle Familienbild hochhalte, werbe man gleichzeitig für die geschiedene und wiederverheiratete AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry und unterstütze US-Präsident Donald Trump trotz seiner Lügen und Scheidungen. Rechtskatholische Kreise hätten keinerlei Kritik am theologisch konservativen Papst Benedikt XVI. geduldet, zeigten nun aber "nicht die geringste Hemmung", auf seinen progressiveren Nachfolger Franziskus einzudreschen.
Bei einem Podium mit Vertretern der vier Gesprächskreise in der württembergischen Landessynode war man sich einig, dass sich die Kirche gegen Fremdenfeindlichkeit stellen müsse. Andrea Bleher ("Lebendige Gemeinde") sagte, dass sich AfD und konservative Christen beim Familienbild berührten. In der Bibel gehe es aber um mehr als um Familienfragen, auch der Umgang mit Flüchtlingen müsse sich an der Heiligen Schrift orientieren.
Elke Dangelmaier-Vincon ("Offene Kirche") kritisierte ein "dämonisches Islambild", das in rechten Kreisen gezeichnet werde. Sie könne sich auch muslimische Mitarbeiter in diakonischen Einrichtungen vorstellen. Allerdings sollte, wo "evangelisch" drauf stehe, auch "evangelisch" drin sein, betonte sie.
Andreas Wündisch ("Evangelium und Kirche") nannte es guten Stil, wenn in der Kirchengemeinde nicht gefragt werde, welche Partei ein Mitglied wählt. Das erleichtere die inhaltliche Auseinandersetzung zu verschiedenen Themen und ermögliche eine vernünftige Diskussion. Kai Münzing ("Kirche für morgen") befürwortete Gespräche mit AfD-nahen Christen, forderte aber klare kirchliche Worte zu menschenfeindlichen Positionen. "Ich möchte keine Kirche mehr erleben, die mit ihrem Widerspruch zu lange gewartet hat", sagte er.
Quelle: Evangelischer Pressedienst (epd)