Teresa von Avila – Avila liegt in Kastilien in Spanien – zählt zu den Großen unter den wenigen bekannten Frauengestalten der Kirchengeschichte. Als Siebenjährige wollte sie das Martyrium erleiden. Es folgten weitere gesundheitliche und religiöse Krisen, die sie jedoch überwand. Dann begann eine beispiellose Karriere als Mystikerin. Im Laufe ihres Lebens gründete sie 17 Frauenklöster. Ihre Ziele: geschwisterlicher Lebensstil, Einüben ins Sterben des Ichs und die Pflege einer Freundschaft mit Gott. Heute vor 500 Jahren wurde Teresa von Avila geboren.
Teresa von Avilas Großvater väterlicherseits war ein sephardischer Jude aus Toledo. Nach dem Sieg der katholischen Majestäten Isabella I. von Kastilien und Ferdinand V. von Aragonien über die muslimischen Mauren 1492 musste seine Familie entweder auswandern oder sich katholisch taufen lassen. Ab 1512 war das Land von der Inquisition überwacht.
Ihr Vater gehörte dem niederen Adel an. In der Familie wurde viel gelesen. Ritterromane waren damals die Bestseller. Teresa verschlang sie alle. Mit sieben Jahren schlich sie zusammen mit ihrem zehnjährigen Bruder aus der elterlichen Burg, um bei den Mauren das Martyrium zu erleiden: Sie wollte von ihnen geköpft werden. Als ihre Mutter stirbt, ist sie 13 Jahre alt und stürzt in eine tiefe Krise. Der Vater vertraute ihre Erziehung den Augustinerinnen von Avila an. Aus gesundheitlichen Gründen musste sie das Kloster nach 18 Monaten verlassen und suchte Genesung bei ihrer Schwester. Sie war besessen von der Angst vor der Hölle.
Gegen den Willen ihres Vaters trat sie am 2. November 1535 in das Kloster „Karmel von der Menschwerdung“ in Avila ein. Auch hier erkrankte sie wieder schwer. Heutige medizinische Deutungen bewegen sich im Spannungsfeld zwischen Epilepsie, Depression und Brucellose (bakterielle Infektion). Im Kloster fiel sie in eine dreitägige todesähnliche Starre. Sie wurde für tot gehalten, das Grab war bereits ausgehoben. Doch da bewegte sie sich wieder, blieb aber drei Jahre lang gelähmt. Gesundheitlich ging es anschließend bergauf. Dann begann eine religiöse Krise.
Diese Krise überwand sie, und es entwickelte sich eine beispiellose Karriere als Mystikerin. Sie wird Oberin des Karmeliterklosters und kann sich mit päpstlicher Hilfe aus der Hierarchie der spanischen Klosterordnung lösen. Ihre „Unbeschuhten Karmeliterinnen“ werden unabhängig. Sie gründet weitere Klöster – 17 Frauenklöster waren es am Ende ihres Lebens.
Zur damaligen Zeit bedeutete Reform vor allem Rigorismus. Aufsehenerregende Bußübungen (Selbstgeißelungen) gehörten dazu, extremes Fasten und absolute Abstinenz. Dies alles diente dazu, Gottes Gunst zu erreichen und anschließend zu behalten. Teresas Ziele waren anders: geschwisterlicher Lebensstil, Einüben ins Sterben des Ichs und als höchstes Ziel die Pflege einer Freundschaft mit Gott. Grundlage waren Demut als ständiges Bemühen um Selbsterkenntnis und ein „inneres Gebet“. Das war der genaue Gegensatz zu den anderen Reformern der damaligen Zeit.
Ausgehend von der Idee des „inneren Gebetes“ baute sie ein ganzes System der Mystik auf, das heute noch viele Anhängerinnen hat. So wurde sie von der römisch-katholischen Kirche zur „Kirchenlehrerin“ erhoben und zählt zu den Großen unter den wenigen bekannten Frauengestalten der Kirchengeschichte.
Jürgen Kaiser