Eine Andacht zum ersten Weihnachtstag von Rundfunkpfarrerin Lucie Panzer
Weihnachten ist eine gute Gelegenheit, nach Wurzeln zu suchen, meint Rundfunkpfarrerin Lucie Panzer. Sei es in der eigenen Familie oder in der christlichen Gemeinschaft. Anfangen kann man mit den Worten, die wohl jeder kennt: „Vater unser im Himmel…“.
Ab 12 Uhr ist „der Stall“ wieder geöffnet. „Der Stall“ ist der Ort, an dem Einsame und Arme in Stuttgart Weihnachten feiern können. Die Evangelische Gesellschaft (eva) lädt ins Haus der Diakonie ein, im vergangenen Jahr kamen 1.500 Personen dorthin. Gestern schon feierten dort die Gäste mit einem Christbaum und Geschenken, Kartoffelsalat und Würstchen und Geschichten, im Weihnachtsgottesdienst beteten sie das Vaterunser miteinander. Und heute, am ersten Weihnachtsfeiertag, gibt es noch einmal ein Festtagsessen, Kaffee und Kuchen und Weihnachtslieder zum Mitsingen.
Wie eine große Familie kommen sie dort zusammen. Ich glaube, jeder und jede braucht so einen Ort. Diejenigen, die eine Familie haben, feiern gerne mit ihr zusammen Weihnachten und hoffen, dass es so froh und friedlich ist wie in der Kindheit. Und die, die das nie kennen gelernt haben oder die alles verloren haben, wünschen sich diesen Zusammenhalt, wenigstens für ein paar Stunden zu Weihnachten – und gehen dann vielleicht in „den Stall“.
In den Weihnachtsgottesdiensten wird daran erinnert, dass wir alle zu einer Familie gehören. Die, die in „den Stall“ gehen ebenso wie die, die in der eigenen Familie zusammenkommen. „Seht, wie groß die Liebe ist, die uns der Vater geschenkt hat: Wir heißen Gottes Kinder und wir sind es tatsächlich“ (1. Joh. 3, 1). Wir sind Gottes Kinder. Denn wir feiern ja, dass ein Kind geboren wurde. Ein Kind, wie wir alle eines waren. Dieses Kind hat später alle Menschen Schwestern und Brüder genannt und sie „Vater unser“ beten gelehrt. Grade auch die, die sonst niemanden haben, auch die, die heute „im Stall“ zusammen kommen.
Vielleicht sagen Sie jetzt: Ich will aber nicht. Ich bin lieber allein. Ich brauche keine Familie. Von Gott, dem Vater bin ich enttäuscht und von den Brüdern und Schwestern erst recht. Ich suche mir lieber anderswo eine Heimat, die besser zu mir passt. Und auch die Familie der Christen – das ist nichts für mich, nicht mal an Weihnachten.
Jesus hat mal von einem erzählt, dem war es auch zu eng zu Hause. Der hat sein Glück anderswo gesucht, aber irgendwann gemerkt: Ich bin ins Abseits geraten. So geht es nicht weiter. Da hat er sich auf seine Familie besonnen. Und – Gott sei Dank – beim Vater war die Tür offen.
Weihnachten, glaube ich, ist eine gute Gelegenheit, nach den familiären Wurzeln zu suchen. Ich hoffe, alle finden eine offene Tür, die danach suchen. Und auch nach den christlichen Wurzeln kann man an Weihnachten suchen. So wie jener Sohn. Anfangen kann man mit den Worten, die wohl noch jeder kennt: „Vater unser im Himmel…“.
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