Seit Sonntag, 21. Mai, gibt es in der St. Georgs-Kirche der Evangelischen Kirchengemeinde Willsbach (Kirchenbezirk Weinsberg) eine digitale Gebetswand, die so genannte „PrayWall“. Dabei können über das soziale Netzwerk Twitter Gebete und Gebetsanliegen direkt in die Kirche gesendet werden. Was es damit auf sich hat und wie der Service der Gemeinde funktioniert, klärt Jens Schmitt im Gespräch mit Pfarrer Tobias Schneider, dem Initiator der „PrayWall“.
Herr Schneider, wie sind Sie auf die Idee für eine digitale Gebetswand gekommen?
Wir haben bei der Renovierung unserer Kirche auch die Technik modernisiert. Dazu gehören auch digitale Liedanzeigen, also Monitore, die übers Netzwerk bespielt werden können. Schon länger habe ich überlegt, wie solche Monitore auch unter der Woche genutzt werden können und nicht nur für die Zeit des Gottesdienstes, möglichst mit irgendeiner Form von Interaktivität. Da wir unsere Kirche inzwischen täglich geöffnet haben und dafür auch ein Gästebuch ausliegt, kam ich auf die Idee, das Ganze um eine digitale Komponente zu erweitern. Es war dann naheliegend, die digitale Welt in Form von Social Media mit der realen Welt zu verbinden. Mit der „PrayWall“ können Gedanken, Gebete oder Gebetsanliegen über Twitter wörtlich „in die Kirche“ geschickt werden. Die Tweets erscheinen dann bei uns und können von den Besuchern gelesen werden.
Sie haben selbst eine Idee, was Kirche tun kann, um bei Digital Natives und Followern im Kopf, im Gespräch, im Smartphone zu sein? Ideen können bei unserem Digitalisierungsprojekt eingereicht werden.
Was erhoffen Sie sich davon für die Gemeinde?
Eine offene Kirche soll den Menschen die Möglichkeit geben, Zeit mit sich und Zeit mit Gott zu verbringen – außerhalb des Trubels des Alltags. Und nicht nur am Sonntag im Gottesdienst. Trotzdem brauchen viele auch Hilfestellung, Anregungen für diese Zeit der Stille. Wir haben dafür zum Beispiel Heftchen und Karten mit Gebeten und Texten in der Kirche ausgelegt. Nun geht das auch digital. Die „PrayWall“ kann ebenso Menschen anregen, für andere zu beten. Für mich ist außerdem sehr wichtig: Glaube ist nicht auf das Kirchengebäude beschränkt. Er hat auch mit der Welt, mit dem Alltag, mit dem Leben allgemein zu tun. Wir bringen unseren Alltag mit in die Kirche – und wir haben unseren Glauben auch „draußen“. Diese Verbindung symbolisiert die „PrayWall“. So wie die Menschen von überall auf der Welt einen Tweet in die Kirche schicken können, bei der Arbeit, vor dem Schlafengehen, beim Feiern, auf Reisen – genauso kann auch überall gebetet werden. Gott ist nur ein Gebet entfernt. So wie nun die Willsbacher Kirche nur noch einen Tweet entfernt ist.
Was wünschen Sie sich für die „PrayWall“?
Ich wünsche mir, dass Menschen die „PrayWall“ nutzen um ihre Gedanken, ihre Anliegen und Wünsche zu formulieren. Allein das kann schon eine Form des Gebets sein. Ich wünsche mir, dass Besucherinnen und Besucher unserer Kirche diese Anliegen in ihre Gedanken und Gebete mitnehmen, wenn sie die „PrayWall“ lesen. Und ein bisschen wünsche mir auch, dass die Idee der „PrayWall“ anderen Anstöße gibt, sich neue Möglichkeiten zu überlegen, wie digitale Kirche ganz konkret im Gemeindealltag aussehen kann.
Während der Öffnungszeiten der St. Georgs-Kirche in Willsbach täglich von 9 Uhr bis 18 Uhr ist auch die „PrayWall“ geschaltet. Dabei handelt es sich um eine der digitalen Liedanzeigen, auf der ein Twitter-Feed läuft. Alle Tweets, die an @PrayWillsbach gesendet oder mit dem Hashtag #PrayWillsbach versehen werden, werden dort direkt angezeigt.