Dass der Südwesten so viele Dichter und Denker hervorgebracht hat, dafür stellte im 16. Jahrhundert Herzog Christoph die Weichen. Der evangelische Regent überzog das ganze Land mit Schulen. Stuttgart widmet ihm nun eine große Ausstellung. Bis heute gilt er als einer der bedeutendsten Fürsten Württembergs.
In seiner nur 18-jährigen Regierungszeit festigte Herzog Christoph die Reformation in Württemberg, er brachte dem lange geschundenen Land eine Zeit des Friedens und des wachsenden Wohlstandes. 500 Jahre nach seiner Geburt und im Vorfeld des für 2017 anstehenden Reformationsjubiläums hat das Landesmuseum Württemberg eine Große Sonderausstellung über Herzog Christoph (1515 - 1568) zusammengetragen. Sie wird am Freitag, 23. Oktober, mit einem Festgottesdienst eröffnet, bei dem der württembergische evangelische Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July in der Stuttgarter Stiftskirche predigt.
Württemberg war in einer geradezu trostlosen Lage, als Christoph nach dem Tod seines Vaters Ulrich 1550 die Regierung übernahm: Das Land war von seinen katholischen Feinden besetzt, es war überschuldet, und der neue Glaube war ernsthaft bedroht. Nach 18 Jahren Regierungszeit Christophs hatte sich eben dieses Württemberg zum evangelischen Muster- und Modellstaat entwickelt. Es besaß ein vorzügliches Bildungssystem, die bestausgebildete evangelische Pfarrerschaft im deutschsprachigen Raum - und der evangelische Glaube war gesichert. "Seine Regierungszeit ist eine einzige Erfolgsgeschichte" sagte Cornelia Ewigleben, Direktorin des Landesmuseums, am Donnerstag bei der Präsentation der Ausstellung.
Die Schau zeichnet die an Umstürzen reiche Zeit im 16. Jahrhundert nach, in der Christoph regierte. Dabei wird nicht nur sein Leben dargestellt und seine Leistung gezeigt, die Württemberg rasch in eine evangelische Führungsposition hineinwachsen ließ. Den neuen Glauben und sein Land sicherte er auch ab mit einer überlegten Heiratspolitik sowie dem Ausbau von Landesfestungen. Außerdem versuchte er mehrfach, innerevangelische Glaubensstreitigkeiten zu überwinden und auch so die protestantische Sache zu stärken.
CHRISTOPH 1515-1568
Ein Renaissancefürst im Zeitalter der Reformation
Dauer: 24. Oktober 2015 bis 3. April 2016
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag, 10 – 17 Uhr, und an Feiertagen (außer 24.12.2015, 25.12.2015, 31.12.2015 und 25.3.2015)
Führungen für Gruppen: 60 Minuten, 65,00 Euro plus Eintritt
Angebot für konfessionelle Jugendgruppen:
Führung „Friedlicher Christoph – Zeitreise in die Reformation“, 60 Minuten, bis 25 Personen, 95,00 Euro inklusive Eintritt
Beim Besuch der Herzog-Christoph-Ausstellung gewährt das bibliorama ermäßigten Eintritt und umgekehrt ebenso.
Christoph gelang es, die bei seinem Amtsantritt mehr als zerrütteten Staatsfinanzen zu sanieren und eine effiziente Verwaltung aufzubauen. Württemberg erhielt zudem ein flächendeckendes Schulnetz - jeder sollte in die Lage versetzt werden, selbst die Bibel zu lesen. Historiker sehen darin die Weichenstellung Württembergs hin zum Volk der Dichter und Denker. Christophs Große Kirchenordnung von 1559 blieb Jahrhunderte fast unverändert in Kraft und wurde von mehreren anderen Staaten von Skandinavien bis Slowenien als Blaupause übernommen.
Auf rund 1.000 Quadratmetern gibt die Ausstellung ein buntes Bild der Umbruchzeit vor fünf Jahrhunderten. Sie zeigt die damals übliche konfessionelle Polemik etwa mit Spottbildern auf die katholische Geistlichkeit und den Papst, präsentiert die mit Bildern propagierten evangelischen Glaubensinhalte, und sie weitet den Blick über Württemberg hinaus, wenn sie auf Glaubensflüchtlinge hinweist, die hierzulande aufgenommen wurden. Der wohl berühmteste von ihnen, Primus Truber aus Slowenien und Kroatien, übersetzte im württembergischen Exil die Bibel und Lutherschriften und wurde dadurch zum Schöpfer der kroatischen und der slowenischen Schriftsprache.
Der bereits zu Lebzeiten hoch verehrte Christoph wird bis heute geschätzt. An ihn erinnern zahlreiche Denkmäler - auch auf dem Stuttgarter Schlossplatz. Die unter ihm erfolgten Weichenstellungen wirken bis heute nach. Der württembergische Landesbischof Frank Otfried July wies bei der Vorstellung der Ausstellung darauf hin, dass Christoph auch heute "topaktuell" sei. Schon damals habe er Schutzsuchende und Flüchtlinge aufgenommen, seine "Armenkastenordnung" baue auf der christlichen Pflicht auf, Menschen in Not zu helfen, und seine öffentliches Eintreten für Glaube und Christentum gelte bis heute. Eine Kirche befinde sich in der Tradition von Christoph, wenn sie bei Bildung, Hilfe für Schwache und dem Schutz für Fremde Tacheles rede, sagte der Landesbischof.
Quelle: Evangelischer Pressedienst (EPD)