22.05.2015

Kirchentage können überraschen

Zusammenspiel von Evangelium und Gesellschaft lässt Funken sprühen

Mit seinen 89 Jahren hält er noch eine Bibelarbeit auf dem Stuttgarter Kirchentag. Es ist der Kirchentag Nummer 27 für Professor h. c. Dr. Erhard Eppler. Der frühere Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Autor war zwei Mal Präsident des größten Protestantentreffens und ist überzeugt, der Kirchentag kann überraschen, er hat in seiner Geschichte viel bewirkt und er kann zeigen, wie viel Leben noch in der evangelischen Kirche steckt. Stephan Braun hat mit ihm gesprochen.

Herr Eppler, am 3. Juni beginnt der DEKT in Stuttgart. Der wievielte Kirchentag ist das für Sie?

Ich zähle nur die Kirchentage, an denen ich selbst aktiv mitgewirkt habe. Der erste war Hannover 1967, also vor 48 Jahren. Vorher waren es drei oder vier. Stuttgart ist also etwa Nummer 27.

Können Sie sich noch an Ihren ersten erinnern? Wie war das damals? Was hat Sie damals am meisten beeindruckt?

Hannover 1967 stand ganz unter dem Eindruck des Sechstageskrieges. An die Israelis als Preußen des Nahen Ostens mussten wir uns erst gewöhnen.

Sie blieben dem Kirchentag treu und halten im Alter von 89 Jahren noch eine Bibelarbeit in der Liederhalle. Warum?

Ich bin ein Gewohnheitstäter.

Ich habe gelesen, Sie hatten mit John le Carre (David John Moore Cornwell) einmal einen Disput darüber, was Politik ausmache. Er meinte, 90 Prozent seien „people“. Sie hielten entgegen, 90 Prozent seien „ideas“. Wie ist das beim Kirchentag?

Natürlich hatte damals mein Freund David Recht. Auf dem Kirchentag tummeln sich allerdings so viele „people“, dass sie sich gegenseitig ausstechen. Da kommt es zwar nicht auf „ideas“ an, wohl aber auf den Geist der Offenheit, der Hörbereitschaft und der Zuwendung zu den anderen.

Was macht für Sie den Geist des Kirchentags aus?

Wer auf den Kirchentag kommt, erwartet, erhofft etwas. Er oder sie ist bereit, klüger zu werden, sich zu öffnen, auch gegenüber den anderen.

Sie waren in all den Jahren nicht nur Referent, Bibelarbeiter und Podiumsdiskutant. Sie haben auch Funktionen übernommen, waren viele Jahre im Vorstand des Kirchentags und von 1981 bis 1983 sowie von 1989 bis 1991 amtierender Kirchentagspräsident. Also in politisch hochspannenden Zeiten: der Hochzeit der Friedensbewegung und in der Zeit der Wende. 

Der Höhepunkt war für mich Hannover 1983, als ich, selbst Teil der Friedensbewegung, als Präsident nicht das violette Tuch der Friedensbewegung trug und die Teilnehmer, die ohne dieses Tuch kamen, besonders willkommen hieß.

Professor h. c. Dr. Erhard Eppler war Mitglied der EKD-Synode und zwei Mal Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentags. Der Sozialdemokrat und frühere Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband der Bundesrepublik Deutschland und der Silbernen Brenz-Medaille der Evangelischen Landeskirche in Württemberg.

Wie haben Sie den Kirchentag in diesen Zeiten erlebt?

Als den spannendsten und menschlich angenehmsten Ort in unserer Gesellschaft.

Inwieweit hat er Einfluss auf den öffentlichen Diskurs genommen und können Sie sagen, dass er politisch etwas bewirkt hat?

Er hat viel bewirkt. Man musste nur den alten Herbert Wehner beobachten, der irgendwo in einer großen Halle zwischen viertausend jungen Leuten saß. Der wusste, warum er dort saß.

Worin sehen Sie heute die Aufgabe des Kirchentags?

Heute kann der Kirchentag urbi et orbi zeigen, wieviel Leben noch in der evangelischen Kirche steckt und wie beim Zusammenspiel von Evangelium und gesellschaftlicher Realität immer noch Funken sprühen.

Das Motto des Stuttgarter Kirchentags lautet „… damit wir klug werden“. Was bedeutet das Motto für Sie?

In meinem 89. Lebensjahr passt natürlich die Losung aus dem 90. Psalm. Die anderen Klugheiten, die in den Texten der Bibelarbeiten vorkommen, sind mir eher fremd.

Was für eine Botschaft sollte vom Stuttgarter Kirchentag ausgehen?

Kurz vor seiner Verhaftung schrieb Dietrich Bonhoeffer, in einem Brief Dummheit sei kein intellektueller, sondern ein menschlicher Defekt. Daher ist Klugheit keine intellektuelle Begabung, sondern eine menschliche Haltung. Heute lässt sich viel Geld damit verdienen, dass man Menschen dumm macht. Der Stuttgarter Kirchentag kann uns in dem Vorsatz bestärken, uns nicht dumm machen zu lassen.

Was muss geschehen, dass vom Stuttgarter Kirchentag diese Botschaft ausgeht und dass sie wirkt? 

Das weiß ich vielleicht, wenn ich wieder zuhause bin. Kirchentage können überraschen.

Herr Eppler, wir danken Ihnen für das  Gespräch.

Der Deutsche Evangelische Kirchentag findet von 3. bis 7. Juni in Stuttgart statt. Eppler wird am Samstag, 6. Juni, eine Bibelarbeit im Beethovensaal der Liederhalle halten.

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