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„Freiwilligendienst war das Beste, was mir nach dem Abitur passieren konnte“

Interview mit Freiwilligendienstlerinnen der KesselKirche Stuttgart

Seraphine W. (links) und Zoé W. haben ein Jahr lang Freiwilligendienst in der Stuttgarter KesselKirche geleistet.Bild: Miriam Hechler

Die KesselKirche ist eine junge, landeskirchlich-evangelische Gemeinde in Stuttgart. „Die KesselKirche will Heimat sein für Studierende, junge Familien, Singles und Ehepaare, Schwaben und Neigschmeckte – für Menschen im und um den Kessel, die sich mit auf diesen Weg machen.“ So beschreibt sich die KesselKirche selbst. Hier kann man wie in vielen Kirchengemeinden, dem Jugendwerk oder in diakonischen Einrichtungen Freiwilligendienst leisten – so wie Seraphine W. (19) aus Schwäbisch Hall und Zoé W. (19) aus Nürtingen. Miriam Hechler, landeskirchliche Pfarrerin für Innovation und Neue Aufbrüche, hat mit ihnen gesprochen.

Ihr macht euren Freiwilligendienst in der KesselKirche. Wie seid ihr denn darauf gekommen, das hier zu machen?

Zoé: Bei mir ist es eine ganz lustige Geschichte, weil ich die KesselKirche davor gar nicht kannte und erst gegen Ende meiner Abizeit überhaupt auf die Idee gekommen bin, einen Freiwilligendienst zu machen. Ich bin dann tatsächlich über die Landesstelle vom EJW auf die kirchlichen Dienste gestoßen.

Seraphine: Ich bin nach meinem Abitur darauf gekommen. Ich wollte nie einen Freiwilligendienst machen, bis ich dann keinen Ausbildungs- oder Studienplatz gefunden habe. Ein Freund aus der KesselKirche hat mich dann gefragt, ob ich mir einen Freiwilligendienst in der Kirchengemeinde vorstellen könnte.

Miriam Hechler, landeskirchliche Pfarrerin für Innovation und Neue Aufbrüche.Bild: Ludmilla Parsyak

Ihr seid also auf ganz unterschiedlichen Wegen darauf gekommen, aber beide hier gelandet. Wie war für euch der Start und die erste Zeit hier in der KesselKirche?

Seraphine: Ich finde, man ist sehr gut an die Hand genommen worden, vor allem durch unsere Anleiterin Sarah (Mitglied der Gemeindeleitung). Ich finde, sie hat uns gut eingearbeitet.

Zoé: Bei mir wars ein ziemlich bunter Einstieg, weil ich direkt vor der Eröffnung der renovierten Martinskirche gekommen bin. Deswegen ging‘s sofort los, aber das war auch super, weil ich dann direkt ins Büro gekommen bin, in die ganzen Aufgaben, den Kontakt mit den Menschen, die hier Dinge leiten und die ich kennen sollte.

Was sind denn eure Aufgaben hier in der KesselKirche?

Zoé: Unter der Woche sind wir drei Tage im Büro und helfen beim E-Mails-Beantworten oder der Vorbereitung des Gottesdienstes. Da fallen immer wieder unterschiedliche Aufgaben an. Dann machen wir Sonntags auch Kindergottesdienst oder das Sonntagsmanagement, das ist auch eine besondere Rolle hier in der KesselKirche. Freitags machen wir noch bei dem Frauen-Café Hayat mit, das hier für den Stadtteil ist.

Seraphine: Hayat ist ein interkulturelles Frauencafé freitags von 15:00 bis 18:00 Uhr, wo die Frauen Deutsch lernen können, ein Programm haben, einen safe space haben und ihre Kinder mitbringen können. Wir helfen im Kinderprogramm.

Ihr habt jetzt schon die meiste Zeit von euerm Freiwilligendienst hinter euch. Was nehmt ihr denn aus der Zeit mit? Woran werdet ihr euch erinnern?

Zoé: Ich werde mich immer gerne an die Gemeindefreizeit erinnern, die ja jetzt auch erst gegen Ende war, weil da noch stärker das Gefühl lebendiger Gemeinde war. Und das nehme ich generell von der KesselKirche mit: Wie schön es ist, nicht nur in eine Gemeinde zu gehen, sondern dazu zu gehören, was eine schöne Glaubensgemeinschaft einfach bedeuten kann.

Ich habe bei der Gemeindefreizeit gesehen, dass du auch vorne standest und die Moderation des ganzen Tages gemacht hast. Wie war das für dich?

Zoé: Das war eine sehr schöne Erfahrung, also wirklich mal in die Rolle zu schlüpfen, vorne zu stehen und zu moderieren und die Leute durchzuführen und mit den Leuten im Kontakt und Gespräch zu sein. Das hab ich total genossen, das hatte ich vorher auch so noch nicht und das konnte ich hier in der KesselKirche tatsächlich auch ausüben und lernen. Das ist auf jeden Fall auch eine sehr coole Erfahrung gewesen, für die ich dankbar bin.

Seraphine: Ich kann mich bei dem Aspekt der Gemeinschaft total anschließen. Schon vor meinem Freiwilligendienst hab ich mir hier einen Gottesdienst angeschaut und Menschen sind direkt auf mich zugekommen und haben mich gefragt, wer ich bin und ich wurde direkt in diese Gemeinschaft aufgenommen. In Gesprächen war Interesse an meiner Person da und auch keine Vorurteile. Ich finde es auch total schön, dass unsere Gemeinschaft auch im Büro so besteht. Wir haben auch mittwochs gemeinsame office prayers, wo wir zusammen Lobpreis machen und beten. Es ist schön, dass wir nicht nur zusammen arbeiten, sondern auch nette, lustige und tiefgründige Gespräche haben und zusammen beten und unseren Glauben leben können.

Zoé: Und dass hier so viele verschiedene Menschen zusammenkommen in der KesselKirche. Das ist eine große Bereicherung, dass eben die Menschen ihren Glauben ausleben und dass man versucht, nicht nur eine Sache durchzusetzen, dass nur die, die eine coole Predigt wollen, auf ihre Kosten kommen, sondern auch die, denen Lobpreis wichtig ist und da eben verschiedene Glaubensrichtungen und verschiede Bedürfnisse auf ihre Kosten kommen. Das habe ich als totalen Schatz hier empfunden.

Seraphine: Da möchte ich mich anschließen. Die vielen unterschiedlichen Menschen, die hier her kommen - also für mich ist die KesselKirche auch voll der safe space geworden über das Jahr, an dem ich mich total wohl fühle und merke: Ich darf ich selbst sein, und wo ich mich einfach auch total angenommen fühle.

Ich spür euch ab, dass ihr ein bisschen wehmütig seid. Wie geht es euch damit, dass der Freiwilligendienst jetzt zu Ende geht?

Seraphine: Ich finde es sehr traurig, für mich könnte es auch noch länger so weitergehen. Klar gab‘s auch herausfordernde Momente im Freiwilligendienst, aber insgesamt war es ein sehr bereicherndes Jahr. Ich durfte im Glauben und persönlich wachsen. Ich schau aber auch freudig auf die Zukunft.

Zoé: Gefühlt ist es bei mir nicht so angekommen, dass wir jetzt nur noch zwei Monate haben, das ist noch nicht so drin in meinem Kopf. Aber mir geht’s ähnlich: Weil ich mich so wohl fühle, fällt‘s mir schwer zu gehen, aber gleichzeitig auch nicht, weil ich weiß, dass ich immer wieder zurückkommen kann. Die KesselKirche war jetzt nicht nur ne Sache von zehn Monaten, sondern wird weiterhin in meinem Herzen einen Ort haben und vielleicht auch in meinem Leben. Deswegen ist es zum einen traurig, weil etwas wegbricht, aber ich sehe, dass es weitergeht und darauf freue ich mich auch.

Würdet ihr jungen Menschen empfehlen, auch so einen Freiwilligendienst in der Kirchengemeinde oder auch sonst bei Kirchens zu machen?

Seraphine: Ja, definitiv. Obwohl ich anfangs keinen Freiwilligendienst machen wollte, war es das Beste, was mir nach meinem Abitur hätte passieren können. Ich bin im Glauben und persönlich gewachsen, und in der KesselKirche darf man auch in unterschiedliche Bereiche reinschauen und kann hier und da mal reinschnuppern und unterschiedliches ausprobieren, was einem liegt, was einem nicht liegt.

Zoé: Ich kann‘s auch nur empfehlen. Ich finde es auch cool, mal einen Einblick in den hauptamtlichen Dienst zu bekommen. Ich werde jetzt nicht Theologie studieren, aber es ist trotzdem schön, mal in einer Gemeinde wirklich mitzuarbeiten, und die Arbeit geht über das ehrenamtliche Engagement hinaus. Das ist für mich wirklich wertvoll, wenn man sich vielleicht schon ehrenamtlich in einer Gemeinde investiert, ist es trotzdem nochmal anders, auch wenn man natürlich die Mitarbeit kennt. Auch zu merken, wie geht es auf Leitungsebene zu und was spielen da für Werte innerhalb einer Gemeinde eine Rolle. Ich kann es nur empfehlen. Es ein Jahr gemacht zu haben, ist für mich voll die Bereicherung.

Das Gespräch führte Pfarrerin Miriam Hechler


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