Der VfB Stuttgart hat derzeit mehr als 500 offizielle Fanclubs (Quelle: SWR.de). Einer davon ist der OFC Königskinder. Wer sie im Stadion sucht, wird im Block 33 bei der großen Fahne mit dem Königskinder-Logo und dem Fisch fündig. Die Mitglieder verbinden ihre Leidenschaft für den VfB mit der Freude am christlichen Glauben. Wir haben den Fanclub-Vorsitzenden Pfarrer Thimotheus Rölle gefragt, wie er auf die Idee kam, einen christlichen Fanclub zu gründen und wie Fußball-Gottesdienste gefeiert werden.
Wie kam es zu der Idee, einen christlichen Fanclub zu gründen? Gab es ein Vorbild?
Im Familien- und Freundeskreis wuchs nach der Meisterschaft 2007 der Wunsch, einen offiziellen Fanclub beim VfB zu gründen. Da die Gründungsmitglieder allesamt Christen waren, kam es zu der Idee, beides im Fanclub zu verbinden: Begeisterung für den Glauben und für den VfB. Ich hatte von den Stuttgarter Buaben gehört, die als Teil des CVJM-Möhringen bereits als christlicher Fanclub existierten.
Übrigens sind wir mit anderen christlichen Fanclubs in Deutschland freundschaftlich verbunden. Wir gehören zu den Gründungsmitgliedern des „Verbunds christlicher Fußball-Fanclubs Deutschlands“ (www.vcfd.de). Gemeinsam hatten wir einen Stand auf dem Markt der Möglichkeiten bei den letzten Kirchentagen.
Schafft man es als christlicher Fanclub, zum Beispiel im Stadion die christliche Botschaft zu vermitteln?
Wir sind auch im Stadion als Christen anwesend. Bei aller Emotion möchten wir daher fair mit den Spielern und Fans des Gegners umgehen. Bei Hassgesängen beteiligen wir uns nicht und lassen den Support ruhen. Ansonsten bekennen wir mit einer großen Fahne Farbe, auf der zentral das urchristliche Fischsymbol zu sehen ist. Wir haben jedoch nicht den Anspruch, andere Fans zu missionieren. Rund um das Stadion besteht übrigens eine Sperrzone, in der nur weltanschaulich neutrale Schriften oder Werbematerialien verteilt werden dürfen.
Obwohl alle Fanclubs eine Gewaltverzichtserklärung als Voraussetzung für die Gründung eines Fanclubs abgeben mussten, ist vor allem die aktive Fanszene der Fußballclubs oft als sehr gewaltbereit bekannt. Als Fanclub gehören Sie der aktiven Fanszene an. Wie schaffen Sie es, sich von der teils gewaltbereiten Fanszene zu distanzieren, obwohl Sie selbst Teil davon sind?
Zunächst einmal sehe ich Gewaltbereitschaft nicht als Hauptkennzeichen der aktiven Fanszene an. Da finde ich Stichworte wie Leidenschaft oder Einsatzbereitschaft passender. In Verbindung mit Alkohol sinkt allerdings bei manchen die Hemmschwelle zu verbaler oder auch körperlicher Gewalt. Wir lehnen als christlicher Fanclub Gewalt in jeglicher Form ab. Wo es zu verbalen Übergriffen kommt, kann ein beruhigendes Wort deeskalierend wirken. In gewaltsame Auseinandersetzungen bin ich noch nie verwickelt gewesen. Da ist der Einfluss einzelner Personen von außen allerdings auch eher gering. Generell würde ich sagen, dass man im Stadion (auch im Stehplatzbereich) nicht besonders gefährdet ist.
Sie haben schon Fußball-Gottesdienste gefeiert. Worin unterscheidet sich ein solcher Fußball-Gottesdienst von einem normalen Gottesdienst?
Tatsächlich haben wir inzwischen zwei Fußball-Gottesdienste gefeiert. Einen mit dem Thema „Teamgeist“ am letzten Spieltag der Saison 2022/23 in der Margaretenkirche in Aldingen, an der ich Pfarrer bin. Den zweiten dann im März 2024 mit dem Thema: „Gewinnen oder verlieren?!“. Die Gottesdienste enthielten neben drei Songs (begleitet mit Gitarre, Keyboard und Cajon) eine kleine Aktion: Alle BesucherInnen konnten eigene Gedanken zu einer Frage aufschreiben. Diese wurden dann vorgelesen und in einem kurzen Impuls zum Thema aufgegriffen. Die Gottesdienste dauerten etwa eine halbe Stunde. Besonders ist, dass alle in Fankleidung erscheinen können. Nach dem Segen wurde gemeinsam das VfB-Lied angestimmt: „Der ganze wilde Süden“. Im Anschluss gab es Leberkäsweckle. Manche gingen danach gemeinsam ins Stadion oder zum Fußballgucken.
Wie wurde das Modell des Fußball-Gottesdienstes in der Gemeinde aufgenommen?
Da habe ich nur viel positive Rückmeldungen erhalten. Es wird als ungewöhnliche Bereicherung wahrgenommen und geschätzt.
Wie gut wurde der Fußball-Gottesdienst besucht?
Es waren jeweils ca. 50 Personen da. Viele habe ich noch nie in einem Gottesdienst unserer Gemeinde wahrgenommen. Beim ersten Gottesdienst waren auch viele verschiedene Vereinstrikots zu sehen. Beim zweiten Termin waren es dann ausschließlich VfB-Fans.
Was wünschen Sie sich von der Kirchengemeinde?
Da kann ich mich nicht beklagen. Die Kirchengemeinde Remseck ist offen für neue Formate und unterstützt diese auch.
Kirchengemeinden sind herzlich eingeladen, Texte wie diesen von www.elk-wue.de in ihren eigenen Publikationen zu verwenden, zum Beispiel in Gemeindebriefen. Sollten Sie dabei auch die zugehörigen Bilder nutzen wollen, bitten wir Sie, per Mail an kontakt