„Behandelt sie wie euresgleichen.“ Unter diesem Bibelwort aus dem 3. Buch Mose stand das ökumenische Gedenken an die Opfer von Flucht und Vertreibung, das die Erzdiözese Freiburg und die Evangelische Landeskirche in Baden am Donnerstag, 20. Juni, anlässlich des Weltflüchtlingstages in Karlsruhe veranstaltet haben. Nach einem Festgottesdienst in der katholischen Stadtkirche St. Stephan weihten Landesbischöfin Heike Springhart und Erzbischof Stephan Burger gemeinsam mit Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup einen Wegweiser „Miteinander unterwegs“ ein, mit dem auf die vielfältigen Initiativen hingewiesen wird, die sich in Karlsruhe der Flüchtlingsarbeit engagieren.
Die Arbeit der Initiativen und der Ehrenamtlichen auf der einen und die Schicksale von Geflüchteten auf der anderen Seite standen am Donnerstag im Mittelpunkt des umfangreichen Programms. „Ich habe hochmotivierte Menschen wahrgenommen, die sich für Flüchtlinge engagieren und die die ganze Problematik der Geflüchteten hautnah mitbekommen, aber innerlich auch merken, wie durchaus die eigenen Mittel und Möglichkeiten begrenzt sind“, schilderte Erzbischof Stephan Burger seine Eindrücke von seinem Besuch im Menschenrechtszentrum am Nachmittag. „Da stellt sich mir die Frage: Wie kann Gesamtgesellschaft, wie kann auch Politik das weiter fördern? Aber auch die Frage: Wie können wir uns als Kirche hier noch weiter mit einbringen? Es ist für uns ein ganz wichtiger Aspekt, die Leute in ihrem Engagement nicht alleine zu lassen.“ Deswegen müsse noch einmal geschaut werden, wo bessere Vernetzungen auch in die Gesamtgesellschaft hinein möglich sind. Schließlich gibt es über Glaubensfragen hinaus ein gemeinsames Engagement, das verbindet.
Bei ihrem Besuch im Christian-Griesbach-Haus, einer Einrichtung für besonders Schutzbedürftige, zeigte sich Landesbischöfin Heike Springhart am Nachmittag sehr beeindruckt davon, mit welchem Engagement, aber auch mit welcher Gelassenheit dort gearbeitet wird. In Nebensatz kam zur Sprache, dass dort in den letzten drei Jahren 7000 Anträge bearbeitet worden sind für Menschen, die einen Arztbesuch benötigten. „Die Mitarbeitenden haben nicht geklagt, aber es zeigt, was sie dort leisten.“ Aber auch die Begegnung mit Geflüchteten waren für sie sehr bewegend. Mitgenommen von ihrem Besuch im Christian-Griesbach-Haus hat Landesbischöfin Heike Springhart auch einen Satz, der sich anschließend in ihrer Predigt im Festgottesdienst wiederfand und der deutlich macht, mit welcher Hingabe dort gearbeitet wird: „Die Menschen sind hier so lange, wie sie hier sind. Und solange sie hier sind, sind wir hier die Gemeinschaft von Menschen, die hier zusammenleben.“
Wie bedeutend der Einsatz kirchlicher und gesellschaftlicher Initiativen in der Flüchtlingsarbeit für die Gesellschaft ist, machte Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup am Weltflüchtlingstag deutlich. „Es ist ein ganz wichtiger Beitrag, dass die Geflüchteten hier in der Stadt überhaupt die Chancen haben anzukommen. Wir können als städtische Dienststellen mit Müh und Not die ganzen rechtlichen Fragen klären, die finanziellen Fragen, eventuell Wohnraum bereitstellen, manchmal auch nicht den passenden, aber wir müssen sie ja versorgen. Auch in Anbetracht unserer mitunter nur knappen Personaldecke können wir nicht auch noch die Menschen emotional auffangen“, sagte Frank Mentrup. Entsprechend froh ist er darüber, dass sich „so ein tolles Netzwerk entwickelt hat und das ein Stück ein Gegenmodell zu der aufgeregten politischen Diskussion um Geflüchtete ist, die ja gerade wieder einen neuen Höhepunkt erreicht.“
Deswegen bezeichnete Mentrup es auch als „wunderbares Projekt, einen Sammelwegweiser aufzustellen, der in alle Himmelsrichtungen zeigt, dass es hier ganz viele Orte gibt, an die sich Neuankömmlinge in unserer Stadt wenden können, vielleicht aber auch einige, die schon länger da sind, aber die noch nicht wissen, wie sie Anschluss finden.“
Der Weltflüchtlingstag wird jedes Jahr gemeinsam von den vier großen Kirchen in Baden-Württemberg begangen und findet jeweils im Wechsel in Baden oder Württemberg statt.
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