Hinter dem Pfingstfest steht eine besondere Geschichte. Die biblische Geschichte, wie Gottes Heiliger Geist zu den Menschen gekommen ist. Und ich habe wieder neu entdeckt, wie sie mir Mut und Hoffnung schenkt – gerade jetzt, in unseren unruhigen Zeiten.
Vielleicht geht es Ihnen auch so. Mich beschäftigt es sehr, was in unserer Gesellschaft passiert. Jugendliche, auch erwachsene Menschen gehen einfach so auf Politiker los, nicht mit Fragen oder Vorwürfen, sondern mit roher Gewalt. Unvermittelt und für die meisten unverständlich. Sicher, im Wahlkampf sind die Nerven angespannt, aber das erklärt doch nicht solche Ausbrüche.
Ist es nur eine zunehmende Verrohung oder wie es kürzlich ein Wissenschaftler ausgedrückt hat, bereits eine Durchrohung der Gesellschaft? Eine Durchrohung angesichts von andauernden Krisen und Problemen, von offensichtlich unlösbaren Interessenlagen und Konflikten, im Privaten wie weltweit.
Darüber habe ich mit einem Landtagsabgeordneten und einem meiner Arbeitskollegen diskutiert. Wie kann man dem begegnen? Der Kollege meinte, durch bessere Erziehung und Schulen, die sich kümmern. Auch durch mehr Information. Aber sind wir nicht alle bestens informiert, meinte der Politiker. Und es sei auch nicht möglich, jeden öffentlichen Platz und jede öffentliche Person rund um die Uhr zu schützen. Miteinander waren wir uns schnell einig, dass es um etwas Grundlegenderes geht, nämlich um Beziehung. Wann hört einer dem anderen noch wirklich zu? Und wer ist bereit, seine Meinung auch einmal zu ändern? Sich zu öffnen und umzudenken? Das geht nur, wenn man vertrauensvoll miteinander reden und zuhören kann. Nicht auf die Schnelle sich gegenseitig Parolen an den Kopf knallen. Sondern in Ruhe reden, Argumente auch einmal sacken lassen, sie überdenken – und so ein Stück Weg miteinander gehen.
Genau das hat auch die Jünger um Jesus auf das Pfingstfest vorbereitet. Darauf, dass sie den Heiligen Geist Gottes empfangen haben. Es war ein langer Weg, den sie miteinander gegangen sind. Miteinander – obwohl auch sie unterschiedliche Meinungen hatten, wie es denn nun weiter gehen sollte, ohne ihren Anführer Jesus. Der Tod von Jesus ist ein Schock für die Jünger gewesen. Dass er auferstanden ist, konnten sie zuerst kaum glauben, und dann war er in den Himmel aufgefahren und hatte sie allein zurückgelassen. Ängstlich haben sie sich zurückgezogen. Auch sie mussten das erst einmal sacken lassen, in ihrem sicheren Raum.
Bis zu dem Moment als Gott selbst eingegriffen hat. Mit seinem Geist, mit seiner Dynamik, mit einer neuen Kraft, die sie bis ins Innerste gepackt hat. Sie wollten raus, sie mussten raus. Raus aus der Isolation, auf andere zugehen, sich anderen mitteilen. Den anderen sagen, was sie mit Gott erlebt haben, dass Gott in diesen Tagen die Geschichte verändert hat, dass Jesus wieder da ist, dass er auch die Herzen und jeden einzelnen Menschen zum Besseren verändern kann.
Ist es nicht gerade das, was wir auch gerade jetzt brauchen? Aufeinander zugehen, einander zuhören, ein Stück weit das Herz öffnen und weitersagen, was uns Mut und Hoffnung schenkt. Ein neues Miteinander wagen
Die Nachfolgerinnen und Nachfolger von Jesus waren begeistert über das, was Gott ihnen gezeigt und wie er ein neues Miteinander geschenkt hat. Und das haben sie weitergegeben – sind offen und positiv auf andere zugegangen und haben dazu eingeladen, den Weg miteinander weiterzugehen.
Kurz nach der Diskussion mit dem Abgeordneten und meinem Kollegen habe ich ein Interview mit einem Gewaltforscher gehört, der meinte: Viele wissen gar nicht, was sie mit ihren ständigen schlechten Nachrichten, auch mit dieser andauernden und alarmierenden Untergangsrhetorik anrichten. Sie drängen andere in eine Art Notwehrhaltung. Und wer meint, sich ständig wehren zu müssen, wer sich für seine anderen Werte und Überzeugungen immer rechtfertigen muss, weiß sich unter Umständen auch nur noch mit Gewalt zu helfen. Vorsicht also mit dieser ständigen Haltung der Überlegenheit, der moralischen Überhebung.
Am ersten Pfingstfest beobachte ich eine andere Haltung. Die Ängstlichen bekommen neuen Mut, sie nehmen sich gegenseitig an. Von Geist Gottes bewegt, sprechen sie auch die fremden Menschen in der Stadt an, zeigen einander Respekt, wollen ihre Freude und ihre Entdeckung, ihren Glauben teilen.
Ja, ich wünsche mir so ein Pfingstfest auch bei uns. Heute und eigentlich immer wieder – auch durchs Jahr hindurch. Wer sich von Gott geliebt und getragen weiß, muss sich nicht zurückziehen, muss auch nicht in einer Abwehrhaltung beharren, kann aus sich herausgehen. Es gibt so viel, was uns Mut macht. Es gibt so viel, was der Glaube an Jesus uns schenkt. Es gibt so viel Hoffnung, welche die Untergangsrhetorik und auch das lautstarke Beweisen irgendeiner moralischen Überlegenheit hoffentlich schnell ablöst. Im Geist von Jesus kann so viel Gutes entstehen.
Das wünsche ich Ihnen und einen gesegneten Pfingstmontag.
Pfarrer Dan Peter, Sprecher der Landeskirche
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