| Kirchenjahr

„Wir leben aus Gottes Hand“

Geistlicher Impuls zu Erntedank 2023

Was ist Reichtum? Volle Scheunen? Liebe? Gemeinschaft? Darüber denkt Landesbauernpfarrerin Sabine Bullinger in ihrem geistlichen Impuls zu Erntedank nach.

Landesbauernpfarrerin Sabine BullingerHartmut Bullinger

Das Gleichnis vom reichen Kornbauern (Lk 12,16-21)

Und er sagte ihnen ein Gleichnis und sprach: Es war ein reicher Mensch, dessen Land hatte gut getragen. Und er dachte bei sich selbst und sprach: Was soll ich tun? Ich habe nichts, wohin ich meine Früchte sammle. Und sprach: Das will ich tun: Ich will meine Scheunen abbrechen und größere bauen und will darin sammeln all mein Korn und meine Güter und will sagen zu meiner Seele: Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iss, trink und habe guten Mut! Aber Gott sprach zu ihm: Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern. Und wem wird dann gehören, was du bereitet hast? So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott.

Das Gleichnis vom reichen Kornbauern (Lk 12,16-21) mögen die Landwirte nicht, warnte mich ein Pfarrerskollege. Als Landesbauernpfarrerin kann man sich da ziemlich in die Nesseln setzen. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Weil sich die Landwirte durch das Gleichnis angegriffen fühlen. Da hat ein Kornbauer mal ein richtig gutes Jahr, was selten genug vorkommt, macht sich Gedanken, wie er die Ernte gut lagern kann, freut sich aus vollem Herzen, träumt von einem Leben mit mehr Ruhe und dann das: Vorwürfe von Gott, verbunden mit der Androhung seines baldigen Todes. Das hat er nicht verdient. Solche Vorwürfe der Landwirtschaft gegenüber sind unangemessen. So redet man nicht mit Leuten, die Tag für Tag rackern und ackern, damit genug Essen für alle da ist und die Landschaft gepflegt wird.

Erntedank in Sabine Bullingers Dienstsitz Hohebuch.Bild: Sabine Bullinger

Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, warum Gott den reichen Kornbauern angesprochen hat? Vielleicht macht sich Gott Sorgen um diesen reichen Menschen. Da hat sich einer verrannt, und Gott hat Angst, dass seine Seele Schaden nimmt. Er möchte ihn aufrütteln. Er möchte, dass er zur Besinnung kommt. Dieser Mensch ist ihm nicht egal. Deshalb spricht er ihn an. Ziemlich direkt. Mit Worten, die dem reichen Menschen einen gehörigen Schrecken einjagen und ihn zum Nachdenken bringen: Was ist reich? Volle Kornscheuern? Die Liebe eines Menschen? Gute Gespräche? Ein gutes Team? Gastfreundschaft? Helfen können? Das macht doch ein reiches Leben aus: Das Bewusstsein, dass ich zu einer Gemeinschaft gehöre, die mich hält und in die ich mich mit meinen Gaben einbringe, manchmal materiell, manchmal durch Zupacken, manchmal durch Zuhören und Mitdenken.

An Erntedank erinnert uns das Gleichnis vom reichen Kornbauern daran, dass es Gott nicht egal ist, wenn wir uns verrennen. Wir haben unser Leben nicht in der Hand, sondern leben es aus Gottes Hand, eingebettet in die ganze Schöpfung, die wir bebauen und bewahren mit unseren Mitgeschöpfen und für unsere Mitgeschöpfe und für die kommenden Generationen. Die reichen Erntedankaltäre sprechen uns Gottes Verheißung neu zu: Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht (1. Mose 8,22).

Sabine Bullinger, Landesbauernpfarrerin, Hohebuch


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Grafik: elk-wue.de

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