Nach acht Jahren als Geschäftsführerin des Dienstes für Mission, Ökumene und Entwicklung (DiMOE) der württembergischen Landeskirche wechselt Pfarrerin Heike Bosien an die Schloßkirche in Winnenden und wird dort geschäftsführende Pfarrerin der Gesamtkirchengemeinde. Nun ist sie in der Stuttgarter Hospitalkirche verabschiedet worden.
„Ich fühle mich beglückt und privilegiert“, sagte sie in ihrer Abschiedspredigt. „Acht Jahre lang habe ich in einem Team gearbeitet mit Menschen aus allen Kontinenten und Kolleginnen und Kollegen mit ganz unterschiedlichen internationalen Erfahrungen. 30 waren es insgesamt. Ich habe viel von ihnen gelernt.“ Von ihrem Predigttext, dem biblischen Kriminalfall rund um Nabots Weinberg (1. Könige 21), zog sie viele Parallelen in die Gegenwart: „Wem gehört das Land, von dem Menschen weltweit leben? Wem gehören Bodenschätze? Wer ist Täter, wer ist Opfer?“ Wie damals den Propheten Elia brauche es auch heute Menschen, die das Unrecht offen anklagen, mit globaler Perspektive: „Kirche geht nur weltweit.“ Auch wer nichts tue, wer nicht einschreite, könne sich schuldig machen.
Aus den acht Jahren Tätigkeit hob Kirchenrätin Christine Keim, Leiterin des Referats für Mission, Ökumene und kirchlichen Entwicklungsdienst im Stuttgarter Oberkirchenrat, die Mitbegründung des „Forums Ökumene“ hervor. Dieses Format, das vier Mal im Jahr angeboten wird, habe „die weltweiten Themen nach Württemberg gebracht“. Die von Bosien begleitete Multiplikatorengruppe, die zur 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen nach Karlsruhe reiste, habe nach der internationalen Versammlung mehr als 100 Veranstaltungen organisiert.
Für den Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) war Professor Odair Pedroso Mateus aus Genf angereist. „Es gibt keine internationale Ökumene ohne lokales Engagement, ohne lokale Träume und Visionen zur Versöhnung der getrennten Kirchen“, betonte er. Bosiens Einsatz sei aber nicht nur lokal, sondern auch international gewesen: Von 1998 bis 2013 habe sie die Arbeit des Weltkirchenrats in dessen Zentralausschuss mitbestimmt.
Wie sie das alles unter einen Hut gebracht habe, fragte sich Uwe Gräbe von der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS), und schrieb Bosien die Fähigkeit der Bilokation zu: „Ich hatte den Eindruck, du konntest an zwei Orten gleichzeitig sein.“ Ähnlich wunderte sich Cathy Nzimbu Plato vom Vorstand von „Pro Ökumene“: „Wann hat sie Zeit, sich all dies anzueignen? Sie wusste über alles Bescheid. Wenn es diese Stelle vorher nicht gegeben hätte, man hätte sie für sie erfinden müssen.“
An eine Nachbesetzung ist derzeit nicht gedacht, denn die vorige Landessynode hatte 2018 beim DiMOE Kürzungen beschlossen, die nun umgesetzt werden. Die Synodale Yasna Crüsemann bedauerte die Kürzungen sehr. Der DiMOE werde weiterhin als Ort gebraucht, „an dem die weltweite Kirche in Württemberg präsent bleibt“.
Im Elisabeth-und-Alfred-Goes-Saal im Stuttgarter Hospitalhof erinnerte Bosien an einige Wegmarken des DiMOE, die sie an genau diesem Ort erlebt hat: „Hier sprach 2014 Valentin Hategikamana zum ersten Mal über seine Familie, die zu großen Teilen beim Völkermord in Ruanda umkam. Hier haben wir zum ersten Mal in der Landeskirche den ÖRK-Generalsekretär Olav Fykse Tveit begrüßt, den württembergischen Entwicklungsförderer Heiner Rudersdorf geehrt und Philipp Potter betrauert. Hier haben wir aus Estland die erste Pröpstin Katrin Melder empfangen und die umfangreiche Dokumentation ‚Rassismus im Alltag‘ mit Interviews aus Württemberg vorgestellt.“
Herz und Hirn der Pfarrerin bleiben weiterhin international: „Es gibt kein außerhalb der weltweiten Ökumene“, sagt Bosien, sie bleibt weiterhin im Vorstand von „Pro Ökumene“. Gisela Schneider, Direktorin des Deutschen Instituts für Ärztliche Mission (Difäm) in Tübingen, lud Bosien ein: „Ich nehme dich mal in den Kongo mit.“ Bosien reagierte prompt: „Ich nehme dich beim Wort. Vielleicht kann ich jemanden aus Winnenden mitnehmen.“