Wegschauen, einigeln, verkriechen? Wer so auf Leid und Krisen reagiert, nimmt sich die Chance, auch das Gute und die Hoffnung zu sehen, die zum Beispiel an Weihnachten aufstrahlen. Darüber denkt Pfarrerin Barbara Wurz in ihrem geistlichen Impuls zum 3. Advent nach, der auch bei SWR1 zu hören war.
Der Kopf senkt sich, bis das Kinn auf der Brust liegt: Wenn einem unterwegs der nasskalte Wind ins Gesicht schlägt, wenn man im Gehen noch schnell die Nachrichten auf dem Handy checkt oder wenn man’s eilig hat und keine Zeit für ein Schwätzchen mit dem Nachbarn, der gerade auf der anderen Straßenseite aufgetaucht ist. Der redet eh immer das gleiche: „Sauwetter heute…“ - „Ja, ja…“ – „Ob’s dieses Jahr weiße Weihnachten geben wird…“ – immer das gleiche, das kennt man schon.
Wenn man so den Kopf einzieht, dann ist das eine Schutzhaltung vor Wind und Wetter und vor allem, was man gerade nicht brauchen kann in der eigenen Geschäftigkeit. Eine Haltung, die wie eine unsichtbare Mauer funktioniert, hinter die man sich notfalls verkriechen kann.
Allerdings sieht man dann auch so aus, finde ich: in sich verkrochen, klein und weggeduckt. Man sieht jedenfalls nicht danach aus, als könnte man den Stürmen des Lebens trotzen. Und es stürmt gewaltig in unserer Welt, mit ihren Kriegen und Krisen. Manchmal kann man da einfach nicht mehr hinsehen. Dann mag man nicht mal mehr ein paar Worte mit dem Nachbarn wechseln. Es ist eh alles immer dasselbe und nicht zu ändern. Und dann geht der Kopf runter und das Kinn runter bis auf die Brust.
Das Kinn hat auf der Brust aber nichts verloren – eine ungesunde Körperhaltung. Viel besser, wenn man sich aufrichtet, zum Beispiel weil der Blick an den Lichtern der Weihnachtsbäume hängen bleibt. Jetzt im Advent stehen sie in den Vorgärten, auf den Marktplätzen oder auf dem Weihnachtsmarkt. Und an den Fressbuden und Glühweinständen hat man plötzlich auch wieder Lust auf ein Schwätzchen mit dem Nachbarn: „Ob’s weiße Weihnachten gibt?“ - „Schau‘n wir mal. Wäre ja toll für die Kinder…“ – „Haben Sie heute die Nachrichten gehört?“ - „Ja, da war schon wieder so ein schwerer Unfall. Und was die Regierung schon wieder treibt…“
Ja, es ist immer noch dasselbe, und die Stürme in der Welt werden sich nicht einfach mal eben so legen – bloß, weil es Weihnachten wird. Aber vielleicht ja doch? Wenigstens ein paar – die Hoffnung besteht doch. Sie ist nur leider so leicht zu übersehen, wenn man Kopf und Blick senkt, sich einigelt und gar nicht mehr hinschaut.
Auch Weihnachten 2023 wird die Welt nicht heil machen. Weihnachten wird wieder „nur“ Hoffnung bringen. Aber Hoffnung ist eine göttliche Kraft, die es schafft, dass Meschen den Kopf heben, in die Zukunft blicken und in die Gesichter der Menschen um sie herum. Eine Kraft, die sichtbar macht, dass es nicht aussichtslos ist und auch nicht immer dasselbe bleibt, bis in alle Ewigkeit. Gott herrscht in Ewigkeit. Das Gute herrscht in Ewigkeit. Davon erzählt der Advent und verkündet laut die Worte der Bibel aus dem Lukas-Evangelium: „Seht auf! Erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.“ (Lukas 21,28)
Hoch mit dem Blick! Das Kinn hat auf der Brust nichts verloren! Eine Geburt steht bevor, ein neuer Anfang, der alles verändern wird!
Pfarrerin Barbara Wurz in SWR1 3vor8
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