Bei einer Podiumsdiskussion auf der Bildungsmesse didacta in Stuttgart hat Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl mit dem Freiburger Religionssoziologen Michael Ebertz und der baden-württembergischen Kultusministerin Theresa Schopper über den Nutzen des kirchlichen Engagements im Bildungssektor diskutiert.
Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl hob als Teil gelingender Bildung hervor, dass sich Menschen mit der Frage nach dem Sinn des Lebens beschäftigen. Die Politik sollte den Wert religiöser Bildung weiter im Blick haben und etwa auch bei der Ganztagesbetreuung an Schulen kirchliche Anbieter berücksichtigen.
Gohl erzählte, in seiner früheren Tätigkeit als Rettungssanitäter habe er gelernt, dass man sich an einer Unfallstelle nicht zuerst denen zuwenden solle, die am lautesten schreien - sondern denen, die nichts mehr sagen.
So sollte man es auch in der Bildungspolitik halten, empfahl er. Trotz vieler Krisen sei er ein hoffnungsvoller Mensch, weil er sich in jeder Lebensphase von Gott getragen wisse, sagte Ernst-Wilhelm Gohl.
Der Freiburger Religionssoziologe Michael Ebertz lobte die Bildungsleistung von Kirchen, die sich von Kitas über den schulischen Religionsunterricht bis hin zu kirchlichen Hochschulen und der Erwachsenenbildung erstrecke. Bildung solle sich nicht nur an den Bedürfnissen von Wirtschaft und Politik orientieren, sondern zur Kultivierung des eigenen Urteilsvermögens führen. Es sei „klasse“, dass die Kirchen trotz zunehmender Austritte von Mitgliedern nicht kleinlaut würden, sondern mitgestalten wollten.
Der Wissenschaftler berichtete von einer Studie zu Menschen aus bildungsfernen Familien, die angesehene Positionen erreicht haben. Ihnen gemeinsam sei, dass auf ihrem Lebensweg eine besondere Person erschienen sei, die sie unterstützt habe - etwa durch Nachhilfe oder Beratung zu weiterführenden Schulen. Die Kirchen könnten aus Ebertz' Sicht einen Pool solcher „Bildungspaten“ bereitstellen, um noch mehr jungen Menschen zu einer besseren Bildung zu verhelfen.
Baden-Württembergs Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) berichtete, sie stamme aus einer bildungsfernen Familie. Ihre Eltern hätten ihr aber bedingungslose Liebe entgegengebracht. Das habe ihr den Glauben gegeben, gut durchs Leben zu kommen. Von den Kirchen erhoffe sie sich, dass diese in ihrer Bildungsarbeit für die Wertevermittlung und den gesellschaftlichen Zusammenhalt weiterhin „immense Impulse“ geben.
Schopper glaubt nicht an schnelle Lösungen für das Problem des Lehrermangels. Pro Jahr würden im Südwesten 6.000 Lehrkräfte neu gebraucht - es dauere aber sechs Jahre, bis junge Menschen dazu ausgebildet seien, sagte Schopper am Freitag in Stuttgart bei der Bildungsmesse „didacta“. Positiv sieht die Ministerin, dass Lehrkräfte in Baden-Württemberg im bundesweiten Vergleich am besten bezahlt würden.
Material von epd
Vom 7. bis 11. März 2023 fand in Stuttgart die Bildungsmesse didacta statt. Die württembergische Landeskirche war dort zusammen mit der Erzdiözese Freiburg, der Diözese Rottenburg-Stuttgart sowie der Evangelischen Landeskirche in Baden prominent als Sonderschau mit einem eigenen Stand vertreten, der federführend von den jeweiligen religionspädagogischen Instituten geplant, organisiert und betreut wurde.