Die Kirchengemeinde Großdeinbach und die Gartenstadtkirchengemeinde Untertürkheim wollten energieeffizienter werden – und haben in ihren Gemeinden viel verändert. Wie ist ihnen das gelungen? Und welche Tipps haben sie für andere Gemeinden?
Wenn Ralf Fautz darauf zurückschaut, was er und das Umweltteam seiner Kirchengemeinde über Energiesparen gelernt haben, kann er anderen Gemeinden Mut machen: „Wir haben festgestellt, dass es ziemlich leicht ist, Energie einzusparen, wenn man sich mit diesem Thema beschäftigt.“ Fautz ist der Umweltbeauftragte der Kirchengemeinde Großdeinbach. Als Teil des Grüner-Gockel-Teams der Gemeinde ist er für das Klima- und Umweltmanagement zuständig, Energiesparen gehört dazu.
Der Weg der Gemeinde zu einer besseren Energieversorgung hat schon angefangen, bevor die Gemeinde 2004 mit dem Grünen Gockel zertifiziert wurde. Mitte der 1990er-Jahre wurde das Gemeindehaus neu gebaut. Damals wurde dort eine eigene Heizungssteuerung für jeden Raum eingebaut. Auch die Heizphasen konnten programmiert werden. „Das alte Gemeindehaus war aus den 60er-Jahren und das wäre eine größere Herausforderung gewesen“, sagt Ralf Fautz.
2011 wurde in die Kirche eine elektrische Bankheizung eingebaut, mit der einzelne Bereiche gesteuert werden können. Seitdem werden auch keine langen Vorheizphasen mehr benötigt. Der Heizenergieverbrauch wurde in der Kirche gesenkt.
Auch die Winterkirche hat dazu beigetragen. Seit sechs Jahren nutzt die Gemeinde die Kirche von Januar bis März nicht mehr, mit Ausnahme der Pandemie-Jahre 2021 und 2022. Stattdessen finden die Gottesdienste im Gemeindesaal statt. Das hat einen positiven Nebeneffekt: „In der Kirche mit rund 500 Sitzplätzen saßen alle Menschen immer sehr verstreut, im Gemeindehaus saßen wir plötzlich viel enger zusammen“, erzählt Fautz. Um Strom einzusparen, wurden in der Kirche vor rund fünf Jahren zudem alle Glühlampen durch Energiesparlampen ersetzt.
Vieles dreht sich beim Energiesparen in Kirchengemeinden um die Gebäude, die zur Gemeinde gehören. Auch das Pfarrhaus wurde teilenergetisch saniert. Die Gemeinde hat die Fenster ausgetauscht, die Fassade gedämmt, ebenso einen Teil der Kellerdecken. Eine Pelletheizung hat die alte Ölheizung ersetzt. Nur die Dämmung des Daches fehlt noch.
Die Ehrenamtlichen kontrollieren regelmäßig den Energieverbrauch der Gemeinde, überprüfen, ob alles normal verläuft oder die Verbräuche angestiegen sind. Auf die Weise stellen sie auch Defekte fest. „Und dann ist es möglich, gegenzusteuern“, erklärt Ralf Fautz.
Häufig dreht die Gruppe an kleinen Stellschrauben – die viel verändern. „Wir sind eine ziemlich kleine Kirchengemeinde und haben keinen eingeschalteten Kühlschrank“, sagt Fautz. Er läuft nur, wenn ein Gemeindefest oder ein Seniorennachmittag stattfindet.
Auch warmes Wasser aus dem Boiler gibt es in der Küche nur, wenn eine größere Veranstaltung ansteht.
Zudem versucht das Umweltteam, die Belegung des Gemeindehauses energieeffizient zu gestalten. Gruppen und Kreise sollen sich möglichst so treffen, dass mehrere Gruppen nacheinander das Haus nutzen, wenn die Heizung sowieso schon läuft. Immer zu Beginn der Heizperiode erinnert die Gemeinde die Pfadfinder daran, Sofas in ihren Räumen von den Heizungen wegzuschieben, damit die Heizungsluft zirkulieren kann.
„Ehrlich gesagt hätte ich nicht gedacht, dass wir so lange immer neue Ideen haben, was wir tun können“, sagt Fautz. Doch für die Gruppe ergeben sich immer neue Fragen, etwa: Wie lange muss die Vorheizphase sein, bevor eine Gruppe das Gemeindehaus belegt? „Man muss einfach aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten, was man machen könnte“, sagt der Umweltbeauftragte Ralf Fautz.
Das Ehrenamt benötigt viel Zeit. „Wenn man so ein Projekt angeht wie die Heizanlage, kostet es viele Stunden, sich einzuarbeiten und mit dem Kirchengemeinderat zu besprechen, Angebote einzuholen, sie zu bewerten und zu vergleichen“, sagt Ralf Fautz. Es sei schwierig für Ehrenamtliche, das zeitnah machen zu können.
Wie gelingt es den Ehrenamtlichen, fachlich komplizierte Entscheidungen zu treffen? „Es ist schon eine große Herausforderung, wenn man niemanden im Team hat, der das entsprechende Know-how mitbringt“, sagt Ralf Fautz. Doch die Gruppe hat sich vom Oberkirchenrat beraten lassen. Es sei außerdem wichtig, das Gespräch zu suchen und – falls möglich – auch Menschen zu finden, die sich auskennen, zum Beispiel aus dem Bauausschuss. Gemeinden, in denen es keine Umwelt- und Klimagruppe gibt, empfiehlt Fautz, eine Person aus Kirchengemeinderat oder Bauausschuss zu bitten, sich der Fragen rund um die Energieversorgung anzunehmen und Ansprechpartner für Energiefragen zu werden.
Mitte des kommenden Jahres wird auch die Heizung des Gemeindehauses von Öl auf Pellets umgestellt. Die Umweltgruppe hat dafür vom Kirchengemeinderat grünes Licht erhalten und ist dabei, die Fördermittel zu beantragen.
Wenn es auch Zuschüsse für eine Fotovoltaikanlage auf den Dächern der Kirchengemeinde gäbe, würde sich das Umweltteam auch dazu beraten lassen, sagt Ralf Fautz. Doch dafür benötigt die Gemeinde finanzielle Unterstützung.
Die Finanzierung der Energiesparmaßnahmen ist für die Gemeinden eine Herausforderung. Das hat auch die Gartenstadtkirchengemeinde Untertürkheim erfahren. Denn die Gemeinde hat sich eine Fotovoltaik-Anlage angeschafft. Doch wie die Neuerung bezahlen? „Man muss Geld für die Maßnahmen auftreiben“, sagt der Umweltbeauftragte der Gemeinde, Eberhard Wagner.
Seine „Grüner-Gockel“-Gruppe machte ein Miet-Modell ausfindig: Die Ökumenische Energiegenossenschaft betreibt die Solar-Anlage der Kirchengemeinde und trägt die Kosten. „Wir haben nur die Vor-Ort-Installation übernommen“, erklärt Eberhard Wagner. Die Kirchengemeinde bezahlt außerdem eine Miete, die auf viele Jahre verteilt wird.
Die Kirchengemeinde stand auch vor einer weiteren Herausforderung: Die Fotovoltaikanlage sollte eigentlich auf das Kirchendach kommen. Doch die Denkmalschutzbehörde forderte: Es müsse so gebaut werden, dass die Solarzellen nicht von unten zu sehen sind. „Eine spezielle Konstruktion wäre erforderlich gewesen“, sagt Wagner.
Als auch noch ein Statiker davon abriet, auf das Kirchendach Solarzellen zu montieren, entschied sich die Gruppe, die Solaranlage auf das Pfarrhaus zu bauen. „Die Genehmigung von der Denkmalschutzbehörde dafür zu bekommen, war auch viel einfacher“, erklärt der Umweltbeauftragte.
Seit September des vergangenen Jahres ist nun auf dem Dach des Pfarrhauses eine Fotovoltaikanalage installiert. „So viele Solarzellen wie möglich“ wünschte sich das Umweltteam, auch wenn die Kirchengemeinde einen großen Teil des Stroms ins Netz einspeist. Das sei für die gesamte Gesellschaft ein großer Nutzen, findet die Grüner-Gockel-Gruppe.
Ein großer Teil des Gelds für die Klima- und Umweltschutzmaßnahmen der Kirchengemeinde stammt aus den Finanzmitteln der Gemeinde. „Deshalb dauert es manchmal eine Weile, bis Gelder aus dem Haushalt freigegeben werden“, erklärt Wagner. Als die Gemeinde das Kirchendach sanieren wollte, musste etwa – anders als geplant – zunächst die Fassade erneuert werden, weil Betonbrocken heruntergefallen waren. Die Sanierung des Daches verzögerte sich und musste auch neu beantragt werden. Einen Teil des Kirchendachs hat die Gemeinde durch Spendenaufrufe verwirklichen können.
Auch zur Finanzierung des Neubaus einer energieeffizienten Kita-Küche und Gemeindeküche hat die Grüner-Gockel-Gruppe Spenden eingeworben. Die Kita-Küche war notwendig geworden, als der Kindergarten in eine Kindertagesstätte umgewandelt werden sollte. Denn die Gemeindeküche entsprach nicht mehr den modernen Standards.
Das Umweltteam achtete darauf, dass sparsame Geräte zum Einsatz kommen würden. Die Warmwasser-Bereitung in der Gemeindeküche läuft über Durchlauferhitzer, die nur Strom verbrauchen, wenn wirklich warmes Wasser fließt. Zudem hat sich die Gemeinde moderne, energiesparsame Kochgeräte zugelegt, zum Beispiel einen Kombidämpfer.
Die Gartenstadtgemeinde in Untertürkheim hat wie die Kirchengemeinde Großdeinbach am Anfang ihres Weges alle Verbräuche überprüft und die alte Heizung in Angriff genommen. „Wir haben festgestellt, dass ein Warmwasserboiler an der Heizung hing, der so gut wie nicht genutzt war und zur Folge hatte, dass die Heizung das ganze Jahr lief, auch im Sommer“, sagt Eberhard Wagner. Als die Gemeinde ihn abstellte, sparte das viel Heizenergie ein. Außerdem hatten Kirche und Gemeindesaal eine gemeinsame Versorgungsregelung – beide wurden aber selten gleichzeitig genutzt. „Dadurch, dass wir sie geteilt haben, konnten wir wieder eine ganze Menge einsparen.“ Auch organisatorisch hat die Gemeinde viel verändert, etwa, indem darauf geachtet wurde, dass die gleichen Räume belegt wurden.
Besonders viel Wärme verbraucht die Kirche der Gartenstadtkirchengemeinde, „obwohl sie nur an einem Tag in der Woche genutzt wird“, erklärt Wagner. Zu Beginn regelte der Mesner die Wärme. Das Umweltteam stattete die Kirchenheizung mit einem Temperaturregler aus. Zwischen den Gottesdiensten wurde gar nicht mehr geheizt, „höchstens, wenn die Temperatur unter 8 Grad gefallen wäre“, erklärt Wagner. „Durch die Regelung konnten wir in der Kirchenheizung etwa 20 Grad Heizenergie einsparen können, das war also beträchtlich.“ Die Heizkörper ließ die Gemeinde verbessern, und in allen Räumen wurden programmierbare Regler eingebaut.
LEDs ersetzten die konventionellen Leuchten im Gemeindesaal, im Kindergarten und in der Kirche.
Neun Personen setzen sich in der Gemeinde für den Klima- und Umweltschutz ein. Vor allem am Beginn benötige es mehrere Menschen, die bereit seien, Zeit in das Ehrenamt zu investieren. Die jährlich zu schreibenden Umweltberichte und die monatliche Energieerfassung seien aufwendig, erklärt Wagner. Auch die Baumaßnahmen sind aufwendig. „Es zeigt sich immer wieder, dass man dabei sein und darauf achten muss, dass alles so läuft wie geplant“, hat er festgestellt.
In beiden Gemeinden unterstützen die Pfarrpersonen den Einsatz der Ehrenamtlichen. Wagner hat außerdem gelernt, dass es wichtig ist, die Kirchengemeinderäte ins Boot zu holen. Zu Beginn waren drei Mitglieder des „Grünen Gockel“ im Kirchengemeinderat, jetzt sind es zwei. Das erleichtere die Kommunikation zwischen den Gremien, erklärt Wagner. Außerdem ist der Mesner, der zugleich der Hausmeister ist, Teil des Grüner-Gockel-Teams. „Das halte ich für sehr wichtig, denn er ist derjenige, der alles kontrolliert, und mitbekommt, wenn etwas nicht gut läuft.“
Auch die Gartenstadtkirchengemeinde Untertürkheim hat viel erreicht: Seitdem die Fotovoltaikanlage angebracht wurde, kann der Stromverbrauch am Computer abgelesen werden. So können die Ehrenamtlichen nachvollziehen, zu welchen Zeiten Strom verbraucht wird und nach Möglichkeiten suchen, etwas an der Nutzung zu verändern. „Zum Beispiel, indem wir anstoßen, dass der Verbrauch zeitlich verschoben wird und zum Beispiel der Kindergarten die Waschmaschine dann laufen lässt, wenn die Sonne scheint.“ Wenn auch die Dächer des Kindergartens und der Gemeinderäume saniert sind, sollen auch hier Solaranlagen auf die Dächer kommen – ein Teil zur Warmwassererzeugung und ein Teil für Strom. „Wir müssen nur noch weniger als die Hälfte des Stroms einkaufen“, erklärt Wagner. „Ganz autark es nicht, dafür bräuchten wir eine Batterie und die sind bisher noch nicht so sicher.“