In einem feierlichen Open-Air-Gottesdienst im Schlosshof des Hauses der Kinderkirche, Schloss Beilstein, ist Pfarrer Markus Grapke am 15. Mai von Kirchenrat Dr. Jörg Schneider in sein Amt eingeführt worden. Sabine Foth, Synodalpräsidentin und 2. Vorsitzende des Württ. Ev. Landesverbands für Kindergottesdienst e.V. sprach ein Grußwort. Im Interview mit elk-wue.de erklärt Pfarrer Markus Grapke, welche Projekte er sich für die Kirche mit Kindern vorgenommen hat, und wovon er in Kindergottesdiensten besonders berührt wird.
Der neue Landespfarrer für Kinderkirche, Markus Grapke, wurde am Sonntag, 15. Mai, in einem Festgottesdienst im Hof von Schloss Beilstein von Kirchenrat Dr. Jörg Schneider ins Amt eingeführt. Sabine Foth, Synodalpräsidentin und 2. Vorsitzende des Württ. Ev. Landesverbands für Kindergottesdienst e.V., begrüßte Markus Grapke. Fast 100 Gäste, darunter viele Kinder, feierten mit.
In seiner Vorstellung bedankte sich Pfarrer Markus Grapke bei allen, die die Kinderkirche mitgestalten, für ihr großartiges Engagement. In seiner Predigt zum Gleichnis vom großen Festmahl forderte er dazu auf, den Kreis zu erweitern. Die Kirche müsse ihre Komfortzone verlassen, sagte er: „Wir müssen uns herausfordern lassen von Menschen, an die wir bisher nicht gedacht haben.“ Christinnen und Christen tischten auf: „Worte, in die sich Menschen bergen können. Einen Hoffnungsüberschuss. Einen Traum von einer Welt von Frieden und Gerechtigkeit.“ Für die Kinderkirchen wünsche er sich, dass die Kinder spüren: „Hier bin ich willkommen.“
Wie würden Sie Ihre Aufgaben als Landespfarrer für Kindergottesdienst beschreiben?
Meine Aufgaben sind wie die eines Trainers einer großartigen Mannschaft.
Ich motiviere: Die beste Botschaft der Welt muss hinaus in die Welt. Sie muss zu den Kindern kommen. Kinder sind die einzigen, die Jesus als Vorbilder in die Mitte gestellt hat. Diese Botschaft Kindern weiterzugeben, ergibt Sinn und macht Spaß.
Kinder sollen bei Gottesdiensten die Liebe Gottes erfahren. Dazu braucht es viele Menschen, das ist die Mannschaft. Als Training gebe ich den Mitarbeitenden das nötige Handwerkszeug mit – durch Kurse und Arbeitsmaterialien, durch persönliche Beratung und frische Ideen.
Ich unterstütze auch das Zusammenspiel, z.B. von Mitarbeitenden und Kirchengemeinden, aber auch von verschiedenen Akteuren im Bereich der Arbeit mit Kindern.
Und ich plane strategisch: Wie muss sich unsere Spielweise in den kommenden Jahren entwickeln?
Einmal im Jahr gibt es ein Freundschaftsspiel, einen großen Tag der Kinderkirchen im Land: die Landeskonferenz. Das ist geschenkte Zeit zum Feiern, zum miteinander Lernen, zur Begegnung.
Ein Trainer geht anderen auch mal auf die Nerven. Ich werde unermüdlich darauf hinweisen: Vergesst die Kinder nicht! Sie haben ein Recht auf Religion. Sie haben auch ein Recht auf einen kindgemäßen Gottesdienst.
Gibt es einen oder mehrere Schwerpunkte, auf die Sie sich besonders konzentrieren möchten?
Zwei Themen liegen mir besonders am Herzen: „Nachhaltig leben“ und: „Es ist normal, verschieden zu sein.“
Inklusion ist ein Querschnittsthema. Es ist eine Haltung, die wir im Kindergottesdienst leben, nämlich Respekt und Akzeptanz von Verschiedenheit und Vielfalt. Damit leisten Kinderkirchen auch einen wichtigen friedenspädagogischen Beitrag. Und sie stehen auf gutem Grund, denn Jesus hat Inklusion gelebt - dafür will ich den Blick weiter schärfen.
Außerdem möchte ich sehr wachsam wahrnehmen, was Kinder und Familien heute brauchen, und unsere Arbeit daran ausrichten.
Können Sie konkrete Projekte nennen?
Zum Thema „Nachhaltig leben“ entwickle ich ein Modul für Kinderkirchen, das dann für die jeweilige Situation vor Ort angepasst werden kann. Ich möchte darin z.B. die gute Initiative des „Klimafastens“ für Kinder und Familien aufnehmen. Bei einem Kurs im nächsten Jahr stelle ich dann dieses Modul vor.
Mit dem Haus der Kinderkirche, dem Schloss Beilstein, haben wir einen ganz besonderen Ort für unsere Arbeit. Dieses Haus ist mehr als ein Tagungsort. Es wurde energetisch optimiert, so dass es den Grünen Gockel trägt und sich „Klima-Schloss“ nennt. Dieses Kleinod ist auch ein Lernort für Nachhaltigkeit. Zudem möchte ich das Haus der Kinderkirche weiterentwickeln zu einem Kompetenzzentrum für alle, die sich für Kinder und Familien engagieren.
Bei der Deutschen Bibelgesellschaft habe ich eine „BasisBibel Kids“ angeregt. Diese Idee verfolgen wir jetzt gemeinsam weiter.
Und ich gebe die Zeitschrift für Mitarbeitende im Kindergottesdienst, die „Evangelische Kinderkirche“ heraus. Ich hoffe, dass wir bald auch eine App dazu präsentieren können.
Meine Frau ist Heilpädagogin. Sie arbeitet mit sog. „Persona Dolls“. Das sind Puppen in Größe eines etwas 4-jährigen Kindes. Diese Puppen haben eine Biografie mit eigener Geschichte, oft auch mit einer Ausgrenzungsgeschichte. Sie werden in der vorurteilsbewussten Erziehung eingesetzt. Gerne möchte ich diese Idee auf die Kinderkirche übertragen. Vielleicht gibt es einmal eine „Biblio Doll“. Wer weiß?
Gibt es Momente in Kindergottesdiensten, die Sie besonders berühren?
Wenn Kinder berührt sind, berührt das auch mich. Mir macht es Spaß, mit Kindern zu singen, dabei spüre ich viel Energie, bei mir und bei den Kindern. Und es gibt die stillen, die nachdenklichen Momente: Kerzenrituale oder der Segen. Und wenn Kinder ganz in einer Geschichte aufgehen, kriege ich manchmal Gänsehaut. Es sind die Momente, bei denen Kinder ganz bei dem sind, was gerade passiert. Das können sie meist viel besser als Erwachsene.
Die Corona-Pandemie hat auch die Gestaltung von Kindergottesdiensten eingeschränkt, aber auch Kreativität hervorgebracht. Gibt es aus Ihrer Sicht Veränderungen, die bleiben, oder Erkenntnisse daraus?
Es ist toll, was da entstanden ist. Viele Mitarbeitende haben sich nicht unterkriegen lassen. Sie waren für die Kinder da. Was bleiben wird sind Outdoor-Gottesdienste und Stationen-Wege. Da bin ich mir sicher.
Viele haben erlebt: Es schön, auf einem Berg, in einem Schlosshof, an einem Bach, im Freibad und vielen anderen Orten Gottesdienst zu feiern. Gottesdienste im Freien sind oft sehr niederschwellig, Zaungäste sind willkommen.
Auch Stationen-Wege wurden gut angenommen. Sie können oft zeitunabhängig gemacht werden. Das kommt den Rhythmen vieler Familien entgegen.
Mancherorts wurde viel Engagement in digitale Formen von Kindergottesdienst aufgebracht. Heute höre ich: Das schaffen wir jetzt nicht mehr nebenher. Trotzdem konnten neue Talente entdeckt werden.
Im Blick auf die Familien fällt mir auf: Es hat ihnen während der Lockdowns gutgetan, einfach mal Zeit zu haben, ganz ohne Druck. Ich wünsche Familien, dass sie sich auch jetzt solche Freiräume schaffen können. Für unsere Gottesdienste mit Kindern und Familien heißt das: Sie sollten Oasen sein, um Schönes zu erleben und Kraft zu schöpfen, auch aus dem Glauben.
Familien und ihre Bindung an die Kirche verändern sich. Wie erleben Sie das in Ihrer Arbeit, und wie kann die Kirche darauf reagieren?
Begegnungen mit Kirche sind oft nicht mehr kontinuierlich, sondern punktuell. Das Familienleben hat sich in den letzten zehn Jahren enorm verändert. Ich erlebe erschöpfte Familien. Sie haben kaum Zeit, denn ihr Familienleben ist durchgetaktet.
Zwei Dinge sind mir wichtig: Die Kirche muss bei ihrem Kern bleiben. Wenn wir sagen, was alle sagen, dann braucht man uns nicht. Konkret für den Kindergottesdienst: Die Geschichten der Bibel bleiben auch weiterhin Dreh- und Angelpunkt von Gottesdiensten.
Zum Zweiten muss Kirche auch erfinderisch sein. Kinder sind wie sie sind. Und Familien sind wie sie sind. Mit ihnen wollen wir gemeinsam Kirche sein. Veränderungen gehen nur mit den Kindern und Familien. Es wird nicht das eine Rezept geben, das in allen Kirchengemeinden funktioniert.
Wir müssen kontinuierlich fragen: Welche Relevanz hat der Glaube für Kinder und Familien? Haben wir Antworten auf ihre Fragen?
Das Arbeitsfeld „Kirche mit Kindern“ wird vielfältiger und bunter. Und es bezieht immer mehr die ganze Familie ein. Die gemeinsame Zeit, die Familien haben, wollen sie miteinander erleben.
Welche Fragen liegen Kindern und ihren Eltern aktuell besonders am Herzen?
Die Pandemie hat Familien viel Kraft gekostet. Jetzt fragen sie: Was kommt im Herbst auf uns zu?
Auch der Klimawandel macht Familien und Kindern Sorgen. Eltern fragen sich: Wie sieht die Zukunft unserer Kinder aus?
Der Krieg mitten in Europa macht Angst. Alle spüren die Auswirkungen auch im Alltag. In den Schulklassen und den Kindergärten sind geflüchtete Kinder aus der Ukraine angekommen.
Es sind beunruhigende Zeiten. Familien sind vielfältig herausgefordert.
Auch die „Kirche mit Kindern“ steht manchmal ohnmächtig vor diesen Herausforderungen. Aber sie hat eine Botschaft und sie hat Rituale. Diese geben Halt. Wie dieses Gebet: „Geborgen ist mein Leben in Gott. Er hält mich in seinen Händen.“
Judith Hammer
Markus Grapke (Jahrgang 1972) hat in Tübingen studiert. Seinen Zivildienst leistete er in einer Schule für Kinder mit geistiger Behinderung. Als Vikar führte er zusammen mit der Ausbildungspfarrerin in Großaspach das Abendmahl mit Kindern ein. Seine Pfarrstellen hatten immer als Schwerpunkt die Arbeit mit Kindern und Familien. Auf einen unständigen Dienst in Stuttgart-Zuffenhausen folgten Gemeindepfarrstellen in Villingen-Schwenningen und Ulm, zuletzt eine Stelle als Jugendpfarrer in Ulm im Nebenamt. Prägend waren für ihn auch die Erfahrungen in der Schwenninger Vesperkirche; Diakonie war immer das zweite Standbein in seiner Tätigkeit.
Pfarrer Markus Grapke ist verheiratet und hat vier Kinder, davon sind zwei erwachsen. In seiner Freizeit unternimmt er gern Radtouren, musiziert oder backt Brötchen im Steinbackofen.
Markus Grapke folgt in seinem Amt auf Pfarrer Frank Widmann, der von 2012 bis 2022 Landespfarrer für Kindergottesdienst war.