Ostern feiern mitten in der Pandemie mit allem ihrem Leid - wie soll das gehen? Das kann sehr gut gehen, meint Pfarerrin Pamela Barke in ihrem Impuls zum Gründonnerstag. Jedenfalls wenn wir verstehen: Ostern ist kein Fest der leichten Antworten, sondern auch der vielen Fragezeichen.
Manchem mag in diesem nun schon zweiten Corona-Jahr kaum nach Feiern zumute sein. Und jetzt naht auch noch das Osterfest. Das mehrtägige Fest, bei dem sich Christen in aller Welt an das Leiden und Sterben Jesu Christi am Kreuz erinnern. Seine Auferstehung vom Tod am dritten Tag nach der Kreuzigung avancierte zum eigentlichen Anfangspunkt des christlichen Glaubens.
Doch: „Was soll ich jetzt mit so einem Märchen?“, fragte kürzlich eine Userin im Kommentarbereich eines Sozialen Netzwerks. Da ist sie wohl nicht die Einzige. Denn ob das alles wirklich stattgefunden haben kann, löst bei so manchem skeptischen Menschen Fragezeichen aus und auch die Frage, was da im Einzelnen begangen und gefeiert wird. Das Leiden eines Menschen und sein Tod und seine Auferstehung als Thema einer Religion: Urknall einer Weltbewegung. Ein Gottessohn, der nicht nur zeitlebens Wunder vollbringt, Blinde und gelähmte Menschen heilt, einen Sturm stillt sondern am Ende seines Lebens das größte Wunder selbst durchlebt und von den Toten aufersteht.
In der Tat, Ostern ist auch ein Fest der Fragezeichen – nicht erst, seit sich kultische Frühlingsfeste mit dem christlichen Fest verbunden haben und die Eiersuche samt der Rede vom Osterhasen dazu gehören wie der Nadelbaum (ebenfalls ein germanischer Kult) zum Weihnachtsfest. Und die Frage, wo wohl das nächste versteckte Ei durchs frische Grün blitzt, schickt die Familien durch Gärten, Wälder und Parks; verbunden mit dem freudigen Erstaunen, dass doch dem Winter der Frühling mit seinem neuen Leben folgt.
Schon da zeichnet sich ab: alle Menschen haben Fragen, sogar sehr ähnliche. Und sie suchen nach Antworten - und darum brauchen alle Menschen Träume, Visionen, Rituale und Geschichten. Ich glaube, in der Corona-Zeit sind sie wichtiger denn je. Aber wo sind sie zu finden? In heiligen Büchern, in Geschichten überhaupt, in Alltagsritualen, in den Plots von PC-Spielen (und da denke ich nun nicht in erste Linie an gewalttätige), in Liedern und Filmen.
Und auch das soll zu Corona-Zeiten erwähnt werden: Manch einer greift derzeit schon zu simplen Verschwörungserzählungen, um sich die komplexen Ereignisse rund um Corona greifbar zu machen: ein kleiner mächtiger Kreis habe all das schlicht erdacht und ebenso schlicht durchgesetzt. Auffällig: die Verschwörungserzählungen sind in dunkelste Phantasien gekleidet, nur das Allerschlechteste von der Welt und ihren Bewohner annehmend.
Die Osterbotschaft ist da deutlich komplexer. Und vor allem: hoffnungsfroher. Und wahrer, wenn der Glaube der Christen nicht trügt. Aber das ist natürlich eine individuelle Herangehensweise. Immer gilt: Hinter den biblischen Texten – hineinverwoben in die Passions- und Ostergeschichte – stehen die Aussagen: Es gibt viel Falsches und Schlimmes in der Welt – aber auch unendlich viel Hoffnung. Da ist das ewige Leben, da ist im Hier und Jetzt der unbedingte Wille Gottes, das Leben auf der Erde wieder zu einem guten zu machen, und es sind Menschen als Boten dieses guten Lebens unterwegs, die dem Ruf Jesu Christi folgen.
Menschen brauchen Rituale, um nicht im Meer der Zeit unterzugehen. Die Karwoche mit ihren besonderen Liturgien zeichnet die Geschehnisse in Jerusalem realitätsnah nach, jeden Tag vom Palmsonntag bis Ostersonntag. Sie ist eine Einladung, den Alltag zu verlassen und nach neuer Hoffnung zu suchen.
Wer Verzweiflung, Leiden, Schmerz, Trauer, Verfolgung, Verlassenwerden, den Tod mit all seinen Schatten kennt, der findet sich wieder in der Osterbotschaft:
Palmsonntag und der Einzug Jesu in Jerusalem – ein Weg zwischen Hoffnung und dem Wissen um das Kommende.
Gründonnerstag (von „grün“ greinen = weinen) – das letzte Abendmahl als Wegzehrung für die Zeiten; der von den Jüngern verlassene Jesus im Garten Gethsemane.
Karfreitag ( „kar“ von kara = Kummer, Leid) mit Verrat, Festnahme, Folter und Kreuzigung, die dunklen Todesnächte über bis zum Karsamstag und in die Osternacht hinein. Ja, Gott kennt die dunklen Seiten des Lebens am eigenen Leib.
Am Ostermorgen dann in der Morgenröte (aurora) des Tages, die dem Fest „Ostern“ ihren Namen gab, die Entdeckung: Jesus hat den Tod, das Dunkle und das Leid überwunden, für alle Menschen. „Er ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden“, lautet dann der Osterruf.
Pfarrerin Pamela Barke