Die Erinnerung an gute Zeiten im eigenen Leben wie in der Geschichte Gottes mit den Menschen macht uns stark für Gegenwart und die Zukunft. Ein geistlicher Impuls zum zweiten Fastensonntag von Pfarrerin Pamela Barke.
Erinnerung an bessere Zeiten – das kann eine Kraftquelle sein. Vielleicht so: Wir sitzen gemeinsam da, reden und denken zurück. „Those were the days my friend, we thought they’d never end, we’sing and dance forever and a day…“, so heißt es in einem Lied von Mary Hopkin aus meinem Geburtsjahr 1968, und so haben wir es auch, bei der Abifeier in den 80ern laut gesungen. Wir saßen da und träumten zurück – und zugleich nach vorne in unser Leben hinein. Und heute, mitten im Leben? In Beruf, Krankheit, Gesundheit, Partnerschaften, Corona-Pandemie und was sonst noch unser Leben bestimmt? Ja, es kann helfen, für einen ersten Schritt sich herauszudenken aus dem, was ist. Erst recht, wenn die Tage schwer werden.
„Reminiscere!“ ist das Wort, das dem Passionssonntag Reminiscere seinem Namen gab. Diese lateinische Bitte heißt auf Deutsch: „Erinnere dich!“ und stammt aus dem sechsten Vers des Psalm 25: „Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte, die von Ewigkeit her gewesen sind.“ (Lutherbibel 2017). Wer so betet, denkt an die vielen guten und segensreichen Zeiten, die er oder sie erlebt hat.
Auch das Alte und das Neue Testament sind ein Bericht über gute und schlechte Zeiten. Gute Zeiten, schlechte Zeiten. „GZSZ“, so heißt auch eine TV-Serie. Aber im Unterschied zur Serie sind die Zeiten der Bibel nicht einfach so mal gut oder schlecht - comme ci comme ça. Sondern Gott ist in den Zeiten und er vermag sie zu wenden, zu geben, zu nehmen.
Warum aber sind nicht alle Zeiten gut? Warum ist das Leben mit Gott nicht schlicht „GZ“? Das ist letztlich die Frage: Warum ist die Welt nicht ein Paradies geblieben? Warum folgen der vollkommenen Schöpfung der Sündenfall, der Turmbau zu Babel, die Sintflut und so weiter und so fort? Bis zu den letzten Seiten der Bibel. Und selbst im Buch der Offenbarung steht es zuweilen im Kampf der bösen Mächte gegen Gott Spitz auf Knopf, bis Jesus Christus siegt. Dieser Sieg erfolgt in der Gestalt eines der verletzlichsten Wesen auf der Welt, eines Lamms.
Das alles hat wohl mit der Freiheit des Menschen zu tun, und auch mit der Freiheit Gottes. Und es hat wohl zu tun mit dem Schmerz, dass wir Gottes abgewandte Seite erleben müssen. Martin Luther nannte das die „abgewendete Seite“ Gottes, den „verborgenen Gott“ („deus absconditus“), und die andere den „offenbaren Gott“ („deus relevatus“), der sein Gesicht voller Liebe und Barmherzigkeit vom Menschen zuwendet. Luther wurde nicht müde, sein Leben lang diese liebende Seite Gottes wieder und wieder zu beschreiben, so auch in einer Predigt in der Passionszeit: „Gott ist ein glühender Backofen voller Liebe, der da reichet von der Erde bis an den Himmel.“ (Predigt zum 15. März 1522, WA 10 III, 55-58)
Der Sonntag Reminiscere schlägt den Bogen zurück, von der Erde in den Himmel, zu Gott: Lasst uns bei Gott Leben und Zukunft suchen und nicht bei anderen Kräften und Mächten! Ich wünsche uns allen, dass wir uns so erinnern können, in den guten und in den schlechten Zeiten unseres Lebens.
Pfarrerin Pamela Barke