Mobile Endgeräte für Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler, Betreuung rund um Hard- und Software, neue Unterrichtskonzepte: Die Schulen der Schulstiftung der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und der Stuttgarter Schulstiftung sind seit 2020 gut für den Fernunterricht aufgestellt. Was schon vor der Corona-Pandemie begonnen hat, soll danach weitergehen – beschleunigt durch die Krise.
Praktisch von heute auf morgen mussten Schülerinnen und Schüler zu Beginn der Corona-Pandemie zu Hause unterrichtet werden, danach folgten Kombinationen von Präsenzunterricht und Home-Schooling, bis heute. Die Schulstiftung der Evangelischen Landeskirche reagierte und stellte ihren Schulen im November 2020 Tablet-Computer für Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler zur Verfügung – mehr als 500 Stück. „Für alle Lehrkräfte gab es das Angebot, ein mobiles Endgerät zu bekommen“, so Nina Arnold, IT- und Digitalisierungsbeauftragte der Schulstiftung.
Dazu habe man an einzelnen Standorten die W-LAN-Leistung verbessert und spezielle StreamingTechnologie installiert, führt sie weiter aus. Schon vor dem Herbst hatten die Schulen erste Tablets angeschafft, um sie an Schülerinnen und Schüler ausleihen zu können. Vor der Pandemie habe es nur ein paar wenige Schulgeräte gegeben.
„Nach der Ausgabe der Tablets wurden diese bereits vor dem Lockdown vor Weihnachten gewinnbringend im Unterricht eingesetzt“, berichtet Franz Pregler, Medienbeauftragter und Musiklehrer am Lichtenstern-Gymnasium in Sachsenheim. Technische Rückfragen habe es nicht viele gegeben. „Generell nutzen die Lehrkräfte aber auch eigene Geräte, bevorzugt die, mit denen sie am besten durch die herausfordernde Home-Schooling-Phase manövrieren konnten.“
„Die umfassende Ausstattung der Lehrerinnen und Lehrer im November 2020 war höchste Zeit“, bestätigt Axel Wirsam, Abteilungsleiter Schulentwicklung am Firstwald-Gymnasium in Mössingen. „Statt Home-Schooling bevorzugen wir den Begriff Fernunterricht“, betont er. „Home-Schooling suggeriert, dass jetzt Schule zu Hause gemacht wird. Das können weder Lehrerinnen und Lehrer, noch können und sollen Eltern das leisten.“ Zudem werde das Schulgeschehen nicht 1:1 übertragen. Die Kinder und Jugendlichen seien zwar nicht in der Schule, aber ihr Lernen soll auch in der Ferne im Mittepunkt stehen, so Wirsam.
Die Ausstattung ist das eine, die notwendigen Kompetenzen sind das andere: „In jeder Schule der Schulstiftung gab es Arbeitskreise“, so Digitalisierungsbeauftragte Nina Arnold. Darin habe man das Rollout-Konzept koordiniert; dazu habe es Schulungs- und Informationsbausteine nach Bedarf für die Lehrkräfte gegeben. „Diese Arbeitskreise sorgten auch dafür, dass die Geräte direkt funktionsfähig übergeben werden konnten“, erklärt Nina Arnold. Jetzt stünden die Arbeitskreise weiterhin für Fragen rund um den Einsatz digitaler Medien zur Verfügung.
„Die größte Herausforderung war und ist, eine technische Infrastruktur zu schaffen, in der die digitalen Endgeräte auch effektiv pädagogisch-didaktisch eingesetzt werden können“, berichtet Axel Wirsam aufgrund der Erfahrungen seiner Schule in Mössingen. „Es ist zudem eine gewaltige Anstrengung, alle Kolleginnen und Kollegen mit ihren unterschiedlichen Voraussetzungen so auszubilden, dass sie eigenständig Lernsettings entwickeln können.“
Die IT-Beauftragte Arnold sieht einen Schub in der Digitalisierung durch die Pandemie: „Wir wären in kurzer Zeit nie so weit gekommen“, sagt sie. Selbst IT-affine Lehrkräfte hätten sich nie so umfangreich mit Tools und Systemen beschäftigt.
Aber sie stellt klar: „Für guten digitalen Unterricht kann man nicht die heutigen Konzepte ins System bringen, dazu sind neue Konzepte erforderlich.“ Momentan würden Materialien und Inhalte, die für den Präsenzunterricht gemacht wurden, digital zur Verfügung gestellt. Aber: „Um die digitalen Medien umfangreich zu nutzen, braucht es eine Umstellung der Art, wie Inhalte vermittelt werden beziehungsweise Kompetenzen erlangt werden. Danach definiert man, wie dies mit digitalen Medien unterstützt werden kann.“
Axel Wirsam sieht zudem eine große Herausforderungen darin, wie die technischen Geräte gepflegt, gewartet, verwaltet und sukzessiv erneuert werden, entsprechend den gesellschaftlichen Entwicklungen. „Wer wird diese Arbeit, für die in Firmen eine IT-Abteilung zuständig ist, übernehmen? Sollen das die Lehrerinnen und Lehrer übernehmen?“ fragt er. „Im Moment machen die Schulen das nebenbei. Es ist eine enorme Kraftanstrengung.“
Diese Belastung bestätigt auch Franz Pregler vom Lichtenstern-Gymnasium: „Bei allen digitalen Möglichkeiten, die der Lockdown bietet, bremst er uns auch ein wenig, wirklich ‚digitale Unterrichtskonzepte‘ zu entwickeln. Stattdessen sind wir als Schule permanent vor allem damit beschäftigt, kurzfristig die kommenden Wochen zu organisieren, zu ‚überleben'‘.“
Am Firstwald-Gymnasium in Mössingen befasst sich schon seit 2016 das Projekt „Zeitgemäß Lernen“ mit dem gesellschaftlichen Wandel. Das Projekt sieht zur Förderung von Kreativität und kritischem Denken auch Workshops zu medienethischen Fragen vor und soll ausgebaut werden, so Axel Wirsam. Die Erfahrungen hätten gezeigt, dass pädagogisches, inhaltliches und technisch-mediales Wissen noch besser fusionieren müsse, erklärt er: „Es geht darum, das Lernen zu transformieren. Digitalisierung ist demnach der falsche Begriff. Es geht um die Etablierung einer zeitgemäßen (digitalen) Lernkultur.“
Die Evangelische Schulstiftung Stuttgart schaffte bis zum Winter 2020 mobile Endgeräte an, die die Schülerinnen und Schüler ausleihen können. Vorab hatte es eine Abfrage bei den Eltern gegeben, inwieweit Bedarf bestehe. „Jetzt sind so viele Geräte vorhanden, dass alle Schülerinnen und Schüler versorgt sind“, erklärt Karin Sautter-Fröhlich, Assistentin des Vorstands der Evangelischen Schulstiftung Stuttgart. Die Ausstattung mit W-LAN habe man auf den neuesten Stand gebracht. Eine einheitliche Plattform für den pädagogischen und den Verwaltungsbereich werde gerade eingerichtet.
„Nach der Pandemie wird von den Fortschritten in der Digitalisierung nichts wegfallen. Vielmehr sehen es die Schulen als ihre Aufgabe, die Schülerinnen und Schüler auf das Leben und Arbeiten in einer zunehmend digitalen Welt vorzubereiten“, so Karin Sautter-Fröhlich. „Hierbei steht die Evangelische Schulstiftung Stuttgart in besonderer Verantwortung und vor einer großen Herausforderung, da die Verwendung von digitalen Medien in vielerlei Hinsicht Bestandteil einer modernen Bildung ist. Ziel muss immer sein, die Schülerinnen und Schüler zu einem sach- und fachgerechten, aber auch kritischen und damit verantwortungsvollem Umgang mit digitalen Medien zu befähigen.“
Schulstiftung der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
Die Schulstiftung der Evangelischen Landeskirche in Württemberg ist Trägerin folgender Einrichtungen: Evangelisches Schulzentrum Michelbach, Evangelisches Firstwald-Gymnasium Mössingen, Evangelisches Firstwald-Gymnasium in Kusterdingen, Evangelische Jenaplanschule am Firstwald in Mössingen und Evangelisches Lichtenstern-Gymnasium in Sachsenheim. Insgesamt sind an den vier Standorten der württembergischen Schulstiftung fünf Schularten vertreten – neben Gymnasien beziehungsweise Aufbaugymnasien sind dies auch der Grund- und Realschulbereich, außerdem weist die Jenaplanschule eine besonders inklusive pädagogische Ausrichtung auf. Knapp 2.300 Schülerinnen und Schüler lernen insgesamt an den Standorten der Schulstiftung.
Evangelische Schulstiftung Stuttgart
Die Evangelische Schulstiftung Stuttgart unterhält vier Schulen: Die Johannes-Brenz-Schule, das Evangelische Heidehof-Gymnasium, das Evangelische Mörike-Gymnasium und die Evangelische Mörike-Realschule. Etwa 1.600 Kinder und Jugendliche gehen auf diese Schulen.
Judith Hammer