Digitale Mustergemeinden starten in süddeutschen Landeskirchen
„Digitalisierung in der Kirchengemeinde braucht klares Ziel“
Auch im kirchlichen Bereich hat die Corona-Pandemie vor allem vor Ort in den Gemeinden für einen regelrechten Digitalisierungsschub gesorgt. Die drei süddeutschen Landeskirchen in Württemberg, Baden und Bayern möchten diese Entwicklung nun verstärken. Unterstützt vom Digitalinnovationsfonds der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) haben sie deshalb das Projekt „Die digitale Mustergemeinde“ gestartet. Je Landeskirche wird es dabei eine Modellgemeinde geben. Die Ergebnisse der ersten Projektphase wurden jetzt vorgestellt; die Hauptphase des Vorhabens startet im November 2021.
Die weitere Digitalisierung sei notwendig, um Gemeinden zukunftsfähig zu halten, sagt Johannes Eißler, Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Eningen unter Achalm.Gerd Altmann / Pixabay
„Es ist uns wichtig, praxistaugliche Modelle zu entwickeln, die den Gemeinden helfen, die Möglichkeiten der Digitalisierung für sich zu nutzen“, betont Dr. Nico Friederich aus dem Referat Digitalisierung und Organisationsentwicklung der Evangelischen Landeskirche in Württemberg (Stuttgart). „Es geht in unserem Projekt um die Entwicklung eines in drei konkreten Kirchengemeinden erprobten Vorgehensmodells, anhand dessen wesentliche Schritte der Digitalisierung vor Ort praktiziert und nachvollzogen werden können“, erläutert Dr. Jörg Ohnemus von der Stabstelle Digitalisierung der badischen Landeskirche (Karlsruhe). Prof. Dr. Thomas Zeilinger, Beauftragter für Ethik im Dialog mit Technologie und Naturwissenschaften bei der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (München), meint: „Am Projekt finde ich das Zusammen-Denken und Zusammen-Wirken besonders spannend: vorhandene Erfahrungen und neue Modelle finden zueinander, über etablierte Grenzen hinweg."
In der ersten Projektphase, deren Ergebnisse den beteiligten Gemeinden präsentiert wurden, ging es um die Recherche bestehender Studien und Best Practices zur Digitalisierung in Kirchengemeinden und in vergleichbaren anderen Bereichen. Auch wurden die Bedarfe der beteiligten Kirchengemeinden erhoben. Umfassende Literaturrecherche, internationale Experteninterviews und intensive Gemeindegespräche wurden dabei unter wissenschaftlicher Leitung von Prof. Dr. Holger Sievert, Digitalisierungsexperte von der Hochschule Macromedia mit Sitz u. a. in Freiburg, München und Stuttgart, durchgeführt. „Alle unsere Ergebnisse zeigen klar, dass Digitalisierung in Gemeinden nur dann wirklich erfolgreich ist, wenn man damit ein klares Ziel etwa im Rahmen der Gemeindekonzeption verfolgt“, so Sievert. „Bei der Umsetzung sind deshalb intensive strategische Beratung, Begleitung und Betreuung noch viel wichtiger ist als das reine Bereitstellen passender Tools.“
Schwerpunkte sind individuell
Auch in den beteiligten Gemeinden wird die Wichtigkeit des Themas gesehen. Die gewählten Schwerpunkte wie auch das regionale Umfeld unterscheiden sich dabei ein wenig. „Wir halten die weitere Digitalisierung unserer Kirchengemeinde für notwendig, um zukunftsfähig zu sein“, sagt Johannes Eißler, Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Eningen unter Achalm. Sein Kollege Dr. Fabian Kliesch aus der Bonhoeffergemeinde Heidelberg fügt hinzu: „So wollen wir das Streamen der Gottesdienste professionalisieren und neue Interaktionen zwischen den Gemeindegliedern ausprobieren, die gleichzeitig vor Ort und digital mitfeiern.“ Ivo Huber, Dekan in Markt Einersheim, betont: „Neue Zielgruppen jenseits der Kerngemeinde können nur über neue Formen digitaler Formate angesprochen werden, diese wollen allerdings qualitativ gut gestaltet sein.“
Ab November startet die Umsetzungsphase des Projektes. Die drei Landeskirchen stellen hierfür einen gemeinsamen Projektmanager und die Umsetzungskompetenz mehrerer landeskirchlicher Fachstellen zur Verfügung. Konkret vorgegangen werden soll dabei in vier Kernbereichen des „Digitalisierungshauses“, welches im Rahmen der ersten Projektphase vom Team um Sievert gemeinsam mit den Landeskirchen entwickelt wurde. Das Dach bildet dabei das Thema „Motivieren & Verändern“ für die strategische und kulturelle Ausgestaltung des gesamten Prozesses. Die drei konkreten Handlungssäulen beschäftigen sich mit „Ankündigen & Berichten“ (z. B. über Social Media), „Durchführen & Veranstaltung“ (z. B. bei Online-Gottesdiensten) sowie „Organisieren & Verwalten“ (z. B. für interne Kommunikation und Zusammenarbeit ehren- wie hauptamtlicher Mitarbeitender). Bereits im Frühjahr nächsten Jahres soll es dann eine Zwischenevaluation der bisher erreichten Veränderungen geben.
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