03.03.2021

Weltgebetstag 2021 aus Vanuatu

Klimawandel im Mittelpunkt

Am 5. März rufen ökumenische Frauen in 150 Ländern am Weltgebetstag zum Mitmachen auf: Unter dem Motto „Worauf bauen wir?“ haben Frauen aus dem pazifischen Inselstaat Vanuatu den Tag vorbereitet. Im Mittelpunkt stehen die Auswirkungen des Klimawandels im globalen Süden. Trotz Lockdown gibt es auch in Württemberg viele Möglichkeiten, den Weltgebetstag mitzufeiern - digital und analog. Die Journalistin Katja Dorothea Buck berichtet im Interview, was sie im März 2020 in Vanuatu erlebte.

Frauen aus Vanuatu haben den Weltgebetstag 2021 vorbereitet.

Jedes Jahr rufen zwölf Verbände christlicher Konfessionen zu Gebet, Solidarität und Kollekten anlässlich des Weltgebetstages auf, der in 150 Ländern gefeiert wird. Den Gottesdiensttext haben dises Jahr Frauen aus dem aktuellen Schwerpunktland, dem Inselstaat Vanuatu, zur Frage „Worauf bauen wir?“. Der ökumenische Aufruf zum gemeinsamen weltweiten Gebet mahnt, auch in der Pandemie die dramatische Lage vieler Frauen und Kinder nicht zu vergessen und macht auf die Folgen des Klimawandels im globalen Süden aufmerksam. Spenden zum Weltgebetstag tragen dazu bei, dass sich die Lebensbedingungen von Frauen und Mädchen weltweit verbessern.

Die Journalistin Katja Dorothea Buck hat über ihre Erfahrungen in Vanuatu ein Buch geschrieben.

Eine Reise nach Vanuatu

Zur Vorbereitung des Weltgebetstags reiste Katja Dorothea Buck kurz vor dem ersten Lockdown 2020 im Auftrag des Evangelischen Missionswerk (EMW) in den Südpazifik, um aus Vanuatu zu berichten. Pfarrerin Magdalena Smetana, Medienbeauftragte der Prälatur Reutlingen, hat mit ihr über ihre Erfahrungen gesprochen.

Wie ist das Leben der Frauen in Vanuatu?

Katja Dorothea Buck: Der Alltag der Frauen ist schwierig und herb. Das traditionelle Rollenverständnis ist sehr stark verankert. Die Frauen sind zuständig für die Erziehung der Kinder, kümmern sich um Angehörige mit Behinderungen und um die Alten. Sie sorgen für den Haushalt und das Essen. Der Mann dagegen hat kaum Pflichten, dafür aber hat er das Sagen und muss respektiert werden. Frauen leiden unter struktureller, physischer und psychischer Gewalt. Laut einer Studie haben rund 60 Prozent aller Frauen in der Partnerschaft Gewalt erfahren, 20 Prozent haben bleibende Schäden davongetragen. Doch die wenigsten reden darüber. Dass die Menschenrechtsaktivistin Anne mir für mein Buch („Vanuatu - Kleines Land im großen Meer“) ihre eigene leidvolle Geschichte erzählte, war ein großer Vertrauensbeweis.

Der Klimawandel ist in Vanuatu z.B. durch heftige Stürme spürbar, die Zerstörungen anrichten.

Was sind die größten Herausforderungen dieses Inselstaates?

Katja Dorothea Buck: Es sind der Klimawandel und der Anschluss an die Globalisierung. Landschaftlich ist Vanuatu ein Paradies. Weiße Strände, glasklares Wasser, Palmen und eine unglaublich bunte Flora. Wunderschön und wertvoll. Aber die Menschen, die bis vor Kurzem noch von Tauschgeschäften lebten, werden von internationalen Investoren gnadenlos über den Tisch gezogen. Diese kaufen ihnen günstig und völlig legal die besten Landstücke ab und verdienen dabei Millionen. Dann gibt es auch eine große Landflucht. Viele Menschen kommen in die Hauptstadt Port-Vila auf der Suche nach Arbeit. Viele finden keinen Job. Alkohol, Drogen und Kriminalität sind ein großes Problem.

Klimawandel und Globalisierung sind moderne Phänomene. Vanuatu ist aber auch für seine starke Tradition bekannt. Wie passt das zusammen?

Katja Dorothea Buck: Das schließt sich nicht aus. Im Gegenteil. Vieles über das Leben und Überleben, über die modernen Probleme des Landes habe ich bei meinem Besuch in einem Kastom-Dorf erfahren. Das ist eine Art Freilichtmuseum, in dem Einwohnerinnen und Einwohner eines Dorfes ihre Traditionen vorstellen, ihre Lebensweise, Tänze und Bräuche zum Beispiel. Von einem jungen Mann habe ich da erfahren, was es heißt, als junger Mensch im 21. Jahrhundert in Vanuatu zu leben. Steeve, so heißt der Mann, erzählte mir auch von der Missionierung im 19. Jahrhundert und sagte stolz: „Wir sind keine Kannibalen mehr, sondern Christen.“

80 Prozent der Bevölkerung Vanuatus gehört einer christlichen Kirche an.

Aber die Kirchen in Vanuatu sind weit weg von der weltweiten Ökumene?

Katja Dorothea Buck: Ja, das ist eine Geschichte für sich. Im Buch schreibe ich von einer sehr interessanten Begegnung mit dem Präsidenten des Nationalen Kirchenrats VCC, Allen Nafuki. Auch er hat mich ziemlich lange zappeln lassen, bis ich endlich mit ihm reden konnte. Aber was ich dann erfahren habe, macht mich seither sehr nachdenklich. Im VCC sind so gut wie alle christlichen Kirchen Vanuatus vertreten. Zu ihnen gehören immerhin etwa 80 Prozent der Bevölkerung. Die Kirchen in Vanuatu genießen ein hohes Ansehen in der Bevölkerung und auch in der Politik. Weil sie den direkten Draht zu den Menschen vor Ort haben, arbeiten Nichtregierungsorganisationen, die sich zum Beispiel für Landrechte, Frauenrechte oder Klimawandel engagieren, gerne mit den Kirchen zusammen. Der VCC und auch die einzelnen Kirchen haben aber so gut wie kein Geld, um Personal zu stellen oder um an Partnerschaftsprogrammen oder Ökumenetreffen teilzunehmen. Sie könnten sich nicht einmal die Reise dorthin leisten. 

Die Australischen Kirchen sind doch dort aktiv. Warum reicht das nicht?

Katja Dorothea Buck: Ja, die australischen Kirchen sind präsent und finanzieren dort auch kirchliche Programme. Das Problem ist aber, dass dann nicht die Ni-Vanuatu die Agenda bestimmen. Sie sind abhängig von den Geldgebern und können keine eigenen Themen setzen.

Was brauchen dann die Kirchen in Vanuatu?

Katja Dorothea Buck: Sie brauchen Tickets im doppelten Sinne, um von sich aus Partnerschaften aufbauen zu können, zum Beispiel ein Flugticket nach Karlsruhe zur ÖRK Vollversammlung 2022. Damit hätten sie dann auch das Eintrittsticket zu den Netzwerken der christlichen Weltgemeinschaft. Sie brauchen Partner, die ihnen zuhören, ihre Probleme wahrnehmen und mit ihnen die Herausforderungen meistern, die das 21. Jahrhundert an dieses kleine Land stellt. Und wir können übrigens auch dabei viel lernen. Denn in vielem sind uns die Ni-Vanuatu voraus. In ihrem Lebensstil, der so eng mit der Natur verbunden ist, ihrer Resilienz, immer wieder nach Katastrophen das Land neu aufzubauen und ihrer Dankbarkeit für alles, was die Natur ihnen schenkt.

Sie sind Religionswissenschaftlerin, Politologin und Journalistin und haben sich in den letzten 25 Jahren auf das Thema Christen im Nahen Osten spezialisiert. Wie kommt eine Nahostkennerin dazu, für das Weltgebetstagskomitee in die Südsee zu reisen?

Katja Dorothea Buck: Im Sommer 2019 bekam ich eine Anfrage vom Evangelischen Missionswerk (EMW), ob ich Lust hätte, für sie in den Pazifik zu fliegen. Erst dachte ich, sie haben sich geirrt, denn das ist gar nicht mein Gebiet. Ich hatte noch nie aus dieser Region berichtet und hatte keine Ahnung. Ich wollte nicht klimaschädlich so weit fliegen, um über eine Region zu berichten, von der ich überhaupt nichts wusste.

Was steckte dann hinter dieser Anfrage?

Katja Dorothea Buck: Das EMW suchte jemanden, der mit einem unverstellten Blick hinreist, um Geschichten von Menschen mitzubringen. Jemanden, der keine Vorerfahrung hat. Ich sollte für die Länderinformationen zum Weltgebetstag 2021 recherchieren. Als ich hörte, dass es um Vanuatu geht, dachte ich erst einmal Vanu…was? Ich hatte von diesem Land noch nie etwas vorher gehört. Und dann habe ich gegoogelt und gelesen, dass Vanuatu eins der letzten Paradiese dieser Erde sei, in dem die glücklichsten Menschen der Welt leben sollen.   

Und die Entscheidung war gefallen?

Katja Dorothea Buck: Noch nicht ganz. Mir war klar, dass die Reise, aber auch die Vor- und Nachbereitung sehr viel Zeit kosten würde, die ich mir aus dem beruflichen und familiären Alltag herausschneiden müsste. Aber die glücklichsten Menschen im Paradies wollte ich mir doch nicht entgehen lassen. Und so bin ich vor einem Jahr nach Vanuatu aufgebrochen. 20.000 Kilometer in 50 Stunden. Klimatechnisch ist das ein Wahnsinn. Hin und zurück habe ich dabei laut Internet 11 Tonnen CO2 emittiert.

Wie waren die Vorbereitungen?

Katja Dorothea Buck: Ich war ein bisschen irritiert, dass ich niemanden finden konnte, der dort schon längere Zeit gewesen war und mir ein paar Informationen hätte geben können. Irgendwann hatte ich dann aber doch ein paar Kontakte von Deutschland aus aufgebaut und bin ganz zuversichtlich losgeflogen. In Vanuatu selbst war dann aber alles anders, als ich es aus dem Nahen Osten gewohnt war. Dort läuft das immer von der ersten Minute an nach dem Schneeballprinzip. Der eine kennt jemanden, den ich auch noch interviewen soll, und der kennt dann wieder jemand anderen usw. In Vanuatu lief alles ganz anders. Als ich vor Ort mit meinen Kontaktpersonen ein Treffen vereinbaren wollte, ließen sie sich viel Zeit mit ihrer Antwort. Ich hatte den Eindruck, dass hier offenbar niemand auf mich gewartet hatte. Ich musste erst den Schlüssel finden, wie ich an die Menschen rankomme.

In ihrem Buch erzählt Katja Dorothea Buck unter anderem die Geschichte von Sarah, einer Näherin.

In Ihrem Buch erzählen Sie entlang der Geschichten einzelner Menschen, die Sie in Vanuatu getroffen haben. Wie sind Sie dann doch noch an sie rangekommen?

Katja Dorothea Buck: Ich hatte den Eindruck, ich muss ganz viele Schichten der professionellen Fassade ablegen. Es hat niemanden interessiert, dass ich Journalistin bin, für wen ich schreibe, was ich studiert habe oder dass ich mehrere Sprachen spreche. Was dort zählt, ist der Mensch. Ich als Mensch, als Frau und Mutter. Ich musste von mir selbst etwas preisgeben und durfte mich nur langsam an die Menschen rantasten. In dem Buch schreibe ich zum Beispiel von Sarah, der Näherin, mit der ich an meinem ersten Tag ein bisschen Smalltalk auf dem Markt gemacht hatte. Beim Gottesdienst am Sonntag trafen wir uns durch Zufall wieder und sie lud mich zu sich an ihren Stand ein. Bei ihr verbrachte ich dann einen ganzen Nachmittag. Ich erzählte ihr von meinen Kindern, von meiner Familie, und sie erzählte mir aus ihrem Leben.

Was wünschen Sie sich für Vanuatu?

Katja Dorothea Buck: Ich freue mich sehr, dass durch den Weltgebetstag dieses Land mehr in den Fokus rückt. Ich hoffe aber, dass das Interesse für Vanuatu auch über den 5. März hinaus reicht. Die Vollversammlung in Karlsruhe 2022 könnte eine große Chance sein. Wenn zum Beispiel eine Einladung gemeinsam mit dem ökuenischen Rat der Kirchen, mit dem Pazifikreferat von Brot für die Welt, den Fachstellen in den Missionswerken und einzelnen Landeskirchen gut vorbereitet wäre, könnte eine Delegation von KirchenvertreterInnen aus Vanuatu bei dieser Gelegenheit Kontakte knüpfen. Fragen des Klimawandels und der Klimagerechtigkeit sind schließlich unsere gemeinsamen Themen. Und auf die Stimmen aus Vanuatu kommt es an. Sie spüren dort die Veränderungen ganz unmittelbar. Da könnten wir ihnen Brüder und Schwestern im wahrsten Sinne des Wortes werden.

Interview: Magdalena Smetana

Weltgebetstag feiern in Württemberg und bundesweit

Ob zu Hause, online oder unter Corona-Bedingungen mit anderen: Wer den Weltgebetstag mitfeiern möchte, hat dazu viele Möglichkeiten.

Beispiele aus Württemberg:

  • Klimapilgerweg für Vanuatu: Die Evangelischen Frauen in Württemberg haben einen Stationenweg entwickelt, den man jederzeit vor der eigenen Haustür gehen kann. Der Klimapilgerweg enthält Texte und Gebete aus der Gottesdienstordnung des Weltgebetstags und Informationen zu den Folgen des Klimawandels in Vanuatu und weltweit: hier ... 
  • Gottesdienst der Evangelischen Kirchengemeinde Birkenfeld (Aufzeichnung): hier ... 
  • Evangelische Kirchengemeinde Möglingen: Präsenzgottesdienst und anschließend Aufzeichnung: hier ... 
  • Kirchenbezirk Blaufelden: Ökumenischer Gottesdienst auf Youtube: hier ... 

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