In der aktuellen Diskussion um die Impfungen gegen Corona geht der Oberkirchenrat der Evangelischen Landeskirche zurzeit nicht von einem „ethischen Gebot zur Impfung“ aus.
„Voraussetzung zur Impfung ist, insbesondere unter den derzeitigen Bedingungen und Kenntnissen, die Freiwilligkeit“, machen Theologiedezernent Oberkirchenrat Prof Dr. Ulrich Heckel und Pfarrer Dr. Til Elbe-Seiffart aus dem Referat Theologie, Kirche und Gesellschaft in der ethischen Abwägung deutlich. Allerdings betonen sie zugleich: „Diese Einschätzung ist aufgrund der tagesaktuellen Lage begrenzt: Sollte sich der Kenntnisstand über mögliche Folgen so entwickeln, dass auch im Blick auf die Impfung gegen SARS-CoV-2 mit nebenwirkungsarmen Effekten zu rechnen ist, dürfte sich ähnlich wie bei der Impfung gegen das Masernvirus diese Einschätzung verschieben und dem Fremd- und Gemeinschaftsschutz ein größeres Gewicht beimessen.“
Von großer Bedeutung seien in dieser Frage die Überlegungen zum Selbst- und Fremdschutz. Um hier abwägen zu können, brauche es hinreichende Informationen über Nutzen und Risiken der Impfungen. Mit diesen Informationen ließen sich dann gängige Thesen und Argumente kritisch prüfen und Scheinargumente - etwa aus dem Umfeld von Verschwörungsideologien - identifizieren. Die Prüfung der Argumente und der transparente Umgang mit weiteren Forschungsergebnissen dienten einer Stärkung des Vertrauens in die Impfstrategie. Vertrauen ist aus evangelischer Sicht ein tragender Wert des Miteinanders.
„Der persönlichen und freien Entscheidung zur Handlung – auch für andere – wird ein hoher Stellenwert beigemessen“, betonen Heckel und Elbe-Seiffart außerdem. Freiwillige Handlungen für sich selbst, den Nächsten und das Gemeinwohl ließen sich zum einen schwer verordnen. Zum anderen könnten Impfungen auch ausdrücklich als Entscheidung für den Schutz anderer und damit als Vorbildhandlung verstanden werden.