29.04.2020

Der Gottesdienst „wird anders sein, als wir es gewohnt sind“

Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July freut sich, dass bald wieder Gottesdienste möglich werden - weist aber auch auf die Verantwortung der Gemeinden hin.

Interview mit Landesbischof July zu den Gesprächen mit der Landesregierung

Am Dienstag haben Landesregierung und  Landesbischöfe über Rahmenbedingungen für Gottesdienste gesprochen, wie sie ab dem zweiten Maiwochenende in Württemberg wieder stattfinden können. Eine entsprechende Verordnung des Landes soll nach dem Bund-Ländergespräch am Donnerstag veröffentlicht werden. Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July über das Gespräch und Gottesdienste in Corona-Zeiten.

Elk-wue.de: Wie schätzen Sie die Einigung mit dem Ministerpräsidenten bzw. der Landesregierung ein?

Es war ein gutes, vertrauensvolles Gespräch, von hohem gemeinsamen Einigungswillen getragen. Die Vorarbeiten und Klärungsgespräche der Diözesen und Landeskirchen – auch untereinander – haben meines Erachtens dazu geführt, dass die Landesregierung in dem geplanten Erlass nur einige Grundlinien feststellen will. Die Eigenverantwortung der Kirchen wird dadurch gestärkt, aber auch verantwortungsvoll zu gestalten sein. Die Vorbereitung öffentlicher Gottesdienste mit Beachtung der Abstandsregelungen und sich daraus ergebender Höchstzahlen an Gottesdienstbesuchern, Hygiene- und anderer Schutzmaßnahmen ist eine beachtliche Aufgabe für die Gemeinden vor Ort. Wenn am 30. April die endgültige Entscheidung im Gespräch der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin erfolgt sind, werden die Kirchengemeinden über die Beschlüsse und Maßnahmen informiert. Ich freue mich sehr auf die ersten Gottesdienste, die wieder miteinander gefeiert werden können. Allerdings: Auch diese Gottesdienste sind Übergangsformen mit Einschränkungen, die uns erinnern, dass wir in Zeiten der Pandemie leben. Wir haben diese Einschränkungen in den letzten Wochen auch deshalb aus Überzeugung mitgetragen, weil der Schutz des Nächsten aus dem Glauben an den dreieinigen Gott erwächst. Wir tragen auch in Zukunft Maßnahmen mit, die nachvollziehbar dem Schutz des Nächsten dienen. Es gehört zur Freiheit christlichen Glaubens, um der Nächsten willen auf Gewohnheiten und auch Rechte zeitweilig zu verzichten. Dies muss freilich immer wieder diskutiert und überprüft werden.

Wie kann ein solcher Gottesdienst nun aussehen?

Er wird anders sein, als wir ihn gewohnt sind, mit Abstand. Es gehört zum Schutzkonzept, dass wir zwischen den Gottesdienstfeiernden - Hausgemeinschaften ausgenommen - zwei Meter Abstand gewährleisten. Er wird auch in verkürzter Form, ohne Abendmahl stattfinden - und auf Empfehlung der Virologen verzichten wir auf gemeinsamen Gesang. Neben Gottesdiensten in Kirchen werden auch im Freien Gottesdienste stattfinden können, ebenso unter Wahrung des Mindestabstands. In Kirchen leitet sich die Zahl der möglichen Gottesdienstbesucher aus der Größe des Raumes und der darin unter Einhaltung des Mindestabstands möglichen Besuchern ab. Bei Beerdigungen ist im Gespräch, die Zahl der Teilnehmer auf 50 zu erhöhen.

Sollen Gottesdienste Ihrer Meinung nach wieder flächendeckend stattfinden?

Dort, wo Schutzkonzept und entsprechende Infrastruktur vorhanden sind und der Schutz gewährleistet wird, können Gottesdienste stattfinden. Es gilt, alles dafür zu tun, das Infektionsrisiko möglichst gering zu halten – dafür zu sorgen und Abstand zu halten ist ein Akt der Nächstenliebe.

Ist es wirklich sinnvoll, jetzt (schon) wieder Präsenz-Gottesdienste zu feiern? 

Im Rahmen dessen, was möglich ist, wollen wir auch sichtbare Gemeinschaft ermöglichen, wenn auch ‚auf Abstand‘. Das bedeutet aber nicht, dass wir keine Streaming-Angebote mehr haben werden oder andere analoge oder digitale Formen, die in den vergangenen Wochen so lebhaft und wunderbar entwickelt worden sind. Die Präsenz-Gottesdienste ergänzen die seelsorgerliche Verantwortung von Kirche.

Hinweis: Detaillierte Regelungen wird die Landeskirche direkt nach der Rechtsverordnung durch die Landesregierung veröffentlichen, die damit wiederum das Bund-Länder-Gespräch am 30. April abwarten will.

 

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