17.12.2020

Ulmer Münsterbauhütte ist immaterielles UNESCO-Kulturerbe

Steinmetz bei der Arbeit

Seit Jahrhunderten bewahren die Bauhütten der Dome und Münsterkirchen das Wissen über tradierte Handwerkstechniken und wollen dies auch in Zukunft lebendig halten. Nun gehören sie zum Kulturerbe der UNESCO. Ein Besuch in der Münsterbauhütte Ulm. (Unter diesem Text finden Sie das Video zur UNESCO-Bewerbung des Bauhüttenwesens.)

Das Klopfen der Drucklufthämmer ist schon am Eingang der Münsterbauhütte zu hören: In der Werkstatt am Fuße des Ulmer Münsters bearbeiten mehrere Steinmetze verschiedene Sandsteinblöcke für die Restaurierung des weltweit höchsten Kirchturms. "Der Lärm ist Musik in meinen Ohren", sagt Hüttenmeister Andreas Böhm, der derzeit für rund 20 Handwerker verantwortlich ist. 

Die traditionsreiche Arbeit des Bauhüttenwesens in Europa ist nun in das internationale Unseco-Register guter Praxisbeispiele zum Erhalt immateriellen Kulturerbes eingetragen. In Bauhütten arbeiten Steinmetze und andere Handwerker wie beispielsweise Schreiner, die mit ihrem über Jahrhunderte weitergegebenen Wissen Kirchengebäude instand halten.

Bereits zwei Wochen lang arbeitet Steinmetzmeister Marinus Bair in der Münsterbauhütte an einer Kreuzblume. Das kreuzförmige Ornament aus Blumen und Blättern ist nun in der Endphase. Seine Meißel haben gehärtete Stahlspitzen, die wesentlich länger scharf bleiben als die von früheren Generationen. "Aber unsere Formsprache und unser Werkzeug bleibt trotzdem traditionell", betont er.

Ein Steinmetzlehrling lernt in der Münsterbauhütte den Umgang mit Hammer und Meisel von der Pike auf und bearbeitet den Stein traditionell, um das Handwerk von grundauf zu lernen und ein Gespür für den Stein zu entwickeln, erklärt Böhm, der gelernter Steinmetzmeister, Steintechniker, Restaurator und Betriebswirt ist. "Doch in der alltäglichen Arbeit werden druckluftgetriebene Hämmer genutzt, um rationeller arbeiten zu können und die Handgelenke zu schonen."

Steinmetzgesellin Jessica Gläser arbeitet gerade an einem Pfeilersegment für den Hauptturm. Der Sandsteinblock wurde maschinell vorbearbeitet und nun geht es mit der Hand weiter - eine Kombination aus mittelalterlicher Handwerkskunst und moderner Technik sozusagen.

Moderne Technik wird auch in den Büros des Münsterbauamtes benutzt: Dort sitzt Steintechniker Richard Géczi, der für die Erstellung aller Pläne verantwortlich ist. Auf dem Bildschirm zeigt er das dreidimensionale Modell eines aus Stein gearbeiteten, spitzen gotischen Türmchens, einer sogenannten Fiale. Per Hand- oder Laserscanner ist er in der Lage, Teile des Münsters festzuhalten, zu ergänzen und dann die Informationen in einer zweidimensionale Darstellung zu visualisieren. Diese daraus gewonnenen Schablonen und Werklisten sind dann die Grundlage für die Arbeit der Steinmetzen am Stein.

Restaurator Rouven Lambert hält die Arbeiten der vergangenen Monate in einer Datenbank fest. Wichtig sei eine akribische Dokumentation, damit auch die Nachwelt nachvollziehen könne, wann jeder Stein wo im Münster mit welchem Material bearbeitet wurde. Er zeigt das Bild eines Steines, der "geschlämmt" wurde, also eine flächenüberlagernde dünne Schicht aus Feinsanden mit Bindemittel erhalten hat, die den Stein etwas besser vor Umwelteinflüssen und Verwitterung schützt. Im 19. und 20. Jahrhunderte führte saurer Regen zu starken Beschädigungen der Natursteine. Heute sorgen beispielsweise Winde, Starkregen oder Bewuchs für Bauschäden.

Die Münsterbauhütte wurde für den Bau des Münsters ab 1377 bis 1543 betrieben und zum Weiterbau ab 1844 wieder eröffnet. Seit der Vollendung des Münsters im Jahre 1890 kümmert sich die Bauhüttenmannschaft  um dessen Restaurierung - eine Arbeit ohne Ende. Im Winter finden in der Werkstatt die Steinmetzarbeiten statt - im Sommer werden die gebauten Teile versetzt oder Steine am Außengebäude restauriert.

Den Hüttenmeister fasziniert es, ein solches Jahrhundertprojekt Tag für Tag auf ein machbares Niveau herunterzubrechen. Für die derzeitige Renovierung des Hauptturms über zehn Jahre würden alleine 5.000 Steine benötigt. Diese kommen zum größten Teil aus münstereigenen Steinbrüchen aus der Region.

Böhm schätzt die kollegiale Zusammenarbeit unter den anderen Dom - und Münsterbauhütten wie zum Beispiel in Köln und Freiburg. Da gute Steinmetze allerdings rar seien, komme es auch zur Konkurrenz um die besten Köpfe. Mittlerweile sei es aber wieder attraktiver, Steinmetz zu werden und sich an einer Bauhütte ausbilden zu lassen. "Es ist faszinierend, etwas zu restaurieren, was Jahrhunderte alt ist und etwas zu gestalten, was Jahrhunderte überdauern wird." 

Quelle: epd, Judith Kubitscheck

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