Manchmal können sich Menschen nicht verstehen, und manchmal wollen sie es auch nicht. Der eine weiß immer schon, was der andere meint: Von dem will ich nichts hören, ist doch eh immer dasselbe. Mit der brauche ich gar nicht zu reden. Die macht doch, was sie will. Dann prallen Meinungen aufeinander. Menschen grenzen sich ab. Das ist bequem. Es ist nämlich anstrengend, mit denen zu reden, die anderer Meinung sind. Und manchmal ärgert mich eine andere Meinung auch. Vor allem, wenn sie mich durcheinander bringt in dem, was ich eigentlich doch ganz sicher weiß.
So ungefähr ist es wohl auch den Jüngern von Jesus in Jerusalem gegangen. Nach Jesu Tod waren sie zunächst total verstört und unsicher. Die Bürger von Jerusalem hatten Jesus hingerichtet. Wie würde es ihnen nun selber gehen? War es da nicht besser, den Mund zu halten und kein Aufsehen zu erregen? Dann, so erzählt die Bibel, kam Gottes Geist über sie. Dieser Geist bringt sie in Bewegung. Auf einmal trauten sich die Jünger zu erzählen, was sie mit Jesus erlebt hatten. Und die vielen Menschen in Jerusalem – Einheimische, Fremde, Pilger und Touristen aus aller Herren Länder – haben sie verstanden. „Wir alle hören diese Leute in unseren eigenen Sprachen erzählen, was Gott Großes getan hat“, heißt es in der Bibel. Die Jünger haben nicht mehr so gesprochen, wie sie es gewohnt waren und wie sie es immer getan haben, sondern so, dass die anderen sie verstehen konnten.
Es gibt verschiedene Gründe, warum Menschen sich nicht verstehen können. Manche Leute reden so hochgestochen, dass man sie nicht versteht. Manche Ärzte zum Beispiel können nur ihr Fachchinesisch – und ein normaler Patient kann nicht begreifen, was ihm fehlt und was jetzt zu geschehen hat. Ich glaube, so ein Sprachproblem gibt es inzwischen oft auch in der Kirche. Viele verstehen die Texte mancher Kirchenlieder nicht mehr richtig. Oder sie sind erschrocken darüber, wie altbacken geredet wird. Was ist das für ein Verein, diese Kirche, wo man so redet und singt?
Schon Martin Luther hat das anscheinend so empfunden und empfohlen, „dem Volk aufs Maul zu schauen“. Allerdings ist es gar nicht so leicht, den richtigen Ton zu treffen. Mit Kindern oder Jugendlichen muss man anders sprechen als mit älteren Menschen. Mit Leuten, die nur an Weihnachten in die Kirche gehen, anders als mit denen, die öfter da sind. Da braucht es Gottes Geist, der denen, die etwas zu sagen haben, die richtigen Worte in den Mund legt. Und denen, die Fragen haben, auch. Daran erinnert mich Pfingsten. So ist Verständigung möglich.
Rundfunkpfarrerin Lucie Panzer
Gesendet im SWR1 Sonntagmorgen 3 vor 8