18.04.2018

Für eine inklusive Gesellschaft

Woche für das Leben - Pränataltests und ihre konfliktreichen Folgen

Pränataldiagnostik ist in diesem Jahr das Thema der ökumenischen "Woche für das Leben". Die bundesweite Aktion steht unter dem Motto „Kinderwunsch. Wunschkind. Unser Kind!“ Es geht nicht nur werdende Eltern und Mediziner an, sondern die Gesellschaft als Ganzes, sagt Expertin Claudia Heinkel.

Ein neuer genetischer Bluttest hat das technische Potenzial, die Pränataldiagnostik zu revolutionieren. Er kann früh in der Schwangerschaft anhand einer Blutprobe der Mutter relativ zuverlässig berechnen, ob das ungeborene Kind eine Chromosomenbesonderheit wie Trisomie 21 hat. Das Problem: Es gibt keine Therapie für die erkannten Besonderheiten. Der Gemeinsame Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen diskutiert, ob der Test zur Kassenleistung in der Schwangerschaft werden soll. Expertinnen wie die Stuttgarter Leiterin der diakonischen Beratungsstelle PUA (Fachstelle Pränataldiagnostik und Reproduktionsmedizin), Claudia Heinkel, warnen vor den gesellschaftlichen Folgen.

Claudia Heinkel Leiterin der diakonischen Beratungsstelle PUA

Gerade weil der neue Test so früh in der Schwangerschaft und ohne invasiven Eingriff - anders etwa als eine Fruchtwasseruntersuchung - möglich ist, sei zu befürchten, dass sich werdende Eltern verpflichtet fühlen, ihn auch zu nutzen, warnt Heinkel. Sie beobachte jetzt schon einen "subtilen sozialen Erwartungsdruck auf Eltern", alle vorhandenen Untersuchungen auch durchführen zu lassen.

"Paare, die einen Befund über eine Behinderung ihres Kindes bekommen, sind im Schock. Sie erleben es als eine Zumutung, dass sie über Leben oder Tod ihres - manchmal lange ersehnten - Wunschkindes entscheiden sollen", berichtet Heinkel. Und niemand könne ihnen sagen, wie die Ausprägung der Behinderung bei ihrem Kind sein wird. In dieser Situation seien Beratungsstellen ein Ort, an dem sie sich ihre Verzweiflung, ihre Wut und Trauer von der Seele reden können.

Die Paare - "meist kommen glücklicherweise auch die Väter mit" - überlegen mit Unterstützung der Beraterinnen, welchen Weg sie gehen können und welche Entscheidung sie auch in Zukunft vor sich verantworten können. Die Beratungsfachkräfte bieten in jedem Fall auch ihre weitere Unterstützung an.

"Noch gibt es in unserer Gesellschaft einen Konsens: Jeder Mensch hat eine unverlierbare Würde, ganz gleich, wie seine genetische Ausstattung oder seine Leistungsfähigkeit ist." Wenn sich angesichts eines Kindes mit Behinderung die Einstellung breitmache "das muss doch heute nicht mehr sein", dann "zerbröselt der Inklusionsgedanke", sagt Heinkel.

Das führe auch zu "Kollateralschäden". Die Sprüche stigmatisieren beispielsweise Kinder mit Down-Syndrom. "Es steht ungesagt im Raum, dass sie doch eigentlich nicht mehr auf die Welt kommen sollten."

Die allermeisten Kinder kommen gesund zur Welt. "Die meisten Behinderungen entstehen unter der Geburt und im späteren Leben", sagt Heinkel. Auch deshalb sollte die Gesellschaft einer flächendeckenden vorgeburtlichen Suche nach Behinderungen, die nicht behandelt werden können, deutlich widersprechen, fordert sie.

"Wir brauchen unbedingt eine gesellschaftliche Debatte darüber, ob wir das alles so wollen, wie sich das zu unserer Vorstellung von Menschenwürde verhält - und zwar unter Beteiligung von Menschen mit Behinderung", sagt die Beraterin. Stattdessen brauche es bestmögliche Rahmenbedingungen, dass Eltern ein Kind - mit welcher Behinderung auch immer - möglichst sorgenfrei aufziehen können.

Dazu gehört eine gute und ganzheitliche Beratung und Hilfe von Anfang an. Eine Gruppe pflegender Mütter in Esslingen beispielsweise hat zwei Wünsche ganz oben auf der Liste: "Auslaufsichere Windeln ohne Zuzahlung - und keine Kämpfe mit den Kassen um Hilfsmittel, die die Kinder brauchen und die ihnen auch rechtlich zustehen." Eltern brauchten Ermutigung und die Gewissheit, dass das Kind willkommen ist und sie mit der Verantwortung nicht allein gelassen werden. 

Dr. Christiane Kohler-Weiß

Die württembergische Kirchenrätin Christiane Kohler-Weiß schreibt in den Materialien zur diesjährigen ökumenischen "Woche für das Leben": "Für die genetische Ausstattung ihrer Kinder sind Eltern nicht verantwortlich. Sie müssen sie vor der Geburt auch nicht kennen." Sie plädiert auf ein "Recht auf Nichtwissen, wo das Wissen die Beziehung zum entstehenden Kind gefährden kann". Schwangere Frauen brauchten Klarheit, um selbstbestimmte Entscheidungen treffen zu können. Entscheidungen, "die aus der Angst heraus getroffen werden, nachher mit einem behinderten Kind allein dazustehen" könnten wohl kaum als "selbstbestimmt" bezeichnet werden.

Quelle: Evangelischer Pressedienst (epd)

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