18.03.2015

Du bist klein, aber wichtig!

„Du bist schön! 7 Wochen ohne Runtermachen.“ ist das Motto der bundesweiten Fastenaktion 2015 der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Mit verschiedenen Themenwochen soll während der Fastenzeit das Unverwechselbare entdeckt und wertgeschätzt werden. Thema diese Woche: „Du bist klein, aber wichtig!“ Anna Gieche hat sich mit dem zwölfjährigen Anwar Shamaev und seinem Vater getroffen, die mit ihrer Familie vor zwei Jahren aus Tschetschenien geflohen sind.

„Deutschland war am Anfang komisch. Hier sind die Häuser so klein, das Essen ist ganz anders und die Deutschen waren auch merkwürdig.“ Mit diesen Worten fasst Anwar Shamaev* seine ersten Eindrücke zusammen, als er von Tschetschenien nach Deutschland kam. Das war vor zwei Jahren. Mittlerweile hat sich der Zwölfjährige an die Häuser gewöhnt, besucht die siebte Klasse einer Werkrealschule in Stuttgart und hat dort neue Freunde gefunden. Seine alte Heimat und die Freunde dort vermisst er trotzdem. „Aber ich glaube nicht, dass die sich noch an mich erinnern“, sagt er und blickt ein wenig traurig. Gern wäre er bei ihnen geblieben, aber in Tschetschenien gab es keine Zukunft für ihn und seine Familie.

Im Sommer 2008 wird Vater Alvi Shamayev* (30) festgenommen. Zweieinhalb Jahre sitzt er unter schlimmsten Bedingungen im Gefängnis: überfüllte Zellen, wenig zu essen und die Aufseher quälen die Gefangenen mit Elektroschocks. Warum er inhaftiert worden ist? Shamayev weiß es bis heute nicht: „Ich habe nie eine Anklage bekommen. Vermutlich wollte die Polizei ihre Statistik verschönen. Denn genauso plötzlich wie ich gefangen genommen wurde, wurde ich eines Tages wieder freigelassen.“ Für ihn war klar: Er muss mit seiner Familie weg, raus aus Tschetschenien. So wird der damals zehnjährige Anwar aus seinem gewohnten Umfeld herausgerissen. Das Einzige, was ihm bleibt, ist die Familie und sein Sport.

Den begann er früh: Auf einem Sportplatz der tschetschenischen Hauptstadt Grosny, wo Anwar aufgewachsen ist, messen er und seine Freunde bei Rangeleien ihre Kräfte. Das Körperliche macht Anwar Spaß. Er fängt „Mixed Martial Arts“ an, eine Kampfkunst mit Vollkörperkontakt. Hier in Stuttgart ist er im Ringerverein. „Beim Ringen muss man stark sein und taktisch denken, das kann ich beides ganz gut“, sagt Anwar. Die zahlreichen Urkunden, die sein Vater stolz vorzeigt, bestätigen das.

Aber Anwar ist nicht nur im Ring ein Kämpfer. In Deutschland angekommen lernt er innerhalb weniger Monate Deutsch. Sprachen könne er ganz gut, sagt Anwar. „Er ist sehr ehrgeizig und voller Tatendrang“, berichtet sein Vater. Mit seinen guten Deutschkenntnissen erfüllt der Zwölfjährige eine wichtige Funktion für die Familie und kann im Notfall übersetzen. Anwar hilft der Mutter auch beim Einkaufen oder erledigt kleinere Aufgaben für die Familie, wie beispielsweise die Post wegbringen. Als Ältester von insgesamt fünf Geschwistern kümmert er sich zudem um die Kleinen. Und manchmal hilft Anwar seinem Vater sogar bei dessen Job im Arbeitskreis Asyl, wo dieser am Empfang arbeitet und Formulare ausfüllt. „Ich kann Anwar vertrauen und weiß, dass er alle Aufgaben zuverlässig erledigt“, sagt der Vater und legt den Arm liebevoll um seinen Sohn. Für ihn ist sein Sohn ein ganz Großer.

„Du bist klein, aber wichtig“ – das Motto dieser Fastenwoche orientiert sich an dem Eintreten Jesu für die Kinder (Matthäus 19,13-15). Sie gilt aber auch den Großen, die sich manchmal klein fühlen und runtergemacht werden. Auch er habe sich klein und machtlos gefühlt, als er unschuldig im Gefängnis saß, erzählt Vater Alvi. Er fand Kraft und Rückhalt durch die Gedanken an seine Familie und in seinem Glauben. „Der Glaube hat mich geduldig gemacht.“ Sein Sohn Anwar dagegen fühlt sich klein, wenn er von der Lehrerin getadelt wird, wenn er mal zu spät kommt. Warum Kinder wichtig sind? Das ist ihm klar: „Weil aus allen Kindern mal Erwachsene werden.“

Aufgrund eines Übertragungsfehlers der deutschen Behörden lautetder Nachname des Vaters Alvi im Deutschen „Shamayev“, während Anwar „Shamaev“ geschrieben wird. Die unterschiedliche Schreibweise im Text ist daher beabsichtigt.

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