In Windhuk im afrikanischen Namibia tagt bis Dienstag, 16. Mai, die Vollversammlung des Lutherischen Weltbunds (LWB). Als Jugenddelegierter mit dabei ist Sebastian Bugs. Zu seinen bisherigen Eindrücken und dem, was er von dem großen Kirchentreffen noch erwartet, hat ihm Matthias Hiller drei Fragen gestellt.
Am Sonntag ist die große Reformationsfeier im Stadion von Windhuk. Was ist besonders daran, Reformation in Afrika zu feiern?
Ich bin nicht sicher, ob Reformation in Namibia zu feiern schon typisch ist für alle 54 Länder Afrikas. Aber im Alltag der schwarzen afrikanischen Gemeinden, die ich besuchen konnte, spielt die lutherische Identität eine große Rolle. Die Kinder singen, und das nicht nur sonntags: „My Father was a Lutheran! My Mother was a Lutheran! So, I - am - a - Lutheran!“ Und das singen sie immer schneller und lauter - und oft endet es in Gelächter. Da drängt sich mir schon die Frage auf, ob Menschen in den Gemeinden hier ihren Kindern mit großem Spaß dieses Lied beibringen, ob die wirklich dasselbe meinen mit der Entstehung lutherischer Identität, was wir in Deutschland so meinen, wenn wir uns lutherisch nennen. Aber ich glaube, es tut uns gut zu sehen, zu staunen und zu lernen, wie unterschiedlich Christentum aus der Reformation wächst : genial, vielfältig und eben auch namibisch – oder auch afrikanisch.
Reformation soll bei dieser Vollversammlung nicht nur gefeiert, sondern auch weiterentwickelt werden. Wie?
Mir wurde am Donnerstag beim Vortrag von Dr. Mukwege deutlich, wie wichtig Bildung wirklich ist. Denn er hat Schlimmstes aus fast völlig „bildungslos“ gewordenen Gegenden berichtet. Und es war gut, dass er sehr konkret wurde, auch wenn es weh tat. Aber es ist noch besser, dass er auch sehr konkret benannte, was in der Demokratischen Republik Kongo geschehen muss. Er wurde aber genau so konkret darüber, was wir als Menschen lutherischen Glaubens, aus der ganzen Welt, was wir alle konkret tun können oder sogar müssen. Kindern Jugendlichen, Konfirmandinnen und Konfirmanden müssen wir neben Katechismus und religiösem Wissen auch Stärke und Selbstbewusstsein mitgeben. Sie müssen auch von uns lernen, wie man Gewalt und aggressiver Sexualität begegnet. Ich denke, dass wir Wege finden werden, neben Glaubenswissen und Katechismus auch diesen Aspekt der Bildung selbstverständlich als lutherisch aufzunehmen.
Schon jetzt ein kleines Fazit?
Ich freue mich darauf, dass wir die große Hoffnung feiern, die Bischof Younan in seiner Rede so herausstellte: die Hoffnung, die bezeugt, dass die Würde, die Gott in seiner Liebe allen Menschen verleiht, nie verloren geht – nicht durch Krieg, nicht durch Gewalt, und schon gar nicht durch Flucht. Das möchte ich nicht nur hier feiern, das möchte ich auch aus Windhuk mitnehmen. Denn weder die Ehre einer Nation noch einer Konfession oder die irgendeines Menschen kann auf dem Verlust der Würde anderer Menschen beruhen oder diesen Verlust auch nur in Kauf nehmen. In diesem Sinne ist es noch viel wichtiger, dass wir es nicht nur klarstellen, sondern auch leben: Nationalismus und Christentum vertragen sich nie.
Matthias Hiller