11.11.2015

(Fast) immer im Dienst

50 Jahre Ausbildung für Pfarramtssekretärinnen

Vier Frauen sitzen am Tisch, um über ihren Beruf zu sprechen: Herma Böttiger (73) aus Gerlingen, Karin Sautter-Fröhlich (52) aus Stuttgart, Petra Seeger (46) aus Kornwestheim und Margarete Benzinger (61) aus Gärtringen. Alle vier haben die landeskirchliche Ausbildung zur Pfarramtssekretärin absolviert, die in diesem Jahr 50 Jahre alt wird. Alle vier sind oder waren viele Jahre im Pfarrbüro tätig. Wie hat sich die Ausbildung im Laufe der Jahre verändert? Wie hat sich die Rolle der Pfarramtssekretärin entwickelt? Ute Dilg stellte die Fragen.

Die Ausbildung für Pfarramtssekretärinnen fand über viele Jahre im Kloster Denkendorf statt. Was hat es mit dem legendären „Nachtkühlschrank“ dort auf sich?

Margarete Benzinger: Der „Nachtkühlschrank“ stand im Keller. Dort wurden die Reste des Tages reingestellt. Wir haben uns dann spät am Abend runtergeschlichen und nochmal miteinander gevespert. Das war immer eine lustige Runde. Auch die Pfarrer und Diakone, die im Haus waren, hat man vor dem Kühlschrank getroffen.

Sie, Frau Böttiger, gehören zum ersten Ausbildungsjahrgang von 1965. Was hat Sie an dem Kurs gereizt?

Herma Böttiger: Ich war zu dem Zeitpunkt gelernte Verwaltungsangestellte. Darüber hinaus habe ich mich ehrenamtlich in meiner Kirchengemeinde engagiert. Und durch die Ausbildung konnte ich beides miteinander verbinden. In den Anfangsjahren waren Pfarramtssekretärinnen ja nicht nur für Verwaltungstätigkeiten zuständig, sondern zum Teil auch für die Leitung von Jugendgruppen, Gemeindekreisen oder die Kinderkirche. Für uns war das schön, weil wir gerne Gemeindearbeit gemacht haben.

Was haben Sie damals gelernt bei der Ausbildung?

Böttiger: Wir haben Kirchenkunde behandelt, Sozialkunde, haben viele Einrichtungen der Landeskirche kennengelernt. Zum Beispiel haben wir Beratungsstellen und andere Hilfsangebote der Kirche besucht, damit wir wussten, wo wir Hilfesuchende hinschicken können. Das war sehr interessant. Wir haben gelernt, wie man die Kirchenbücher führt und Protokolle schreibt. Und dass die Briefe an den Oberkirchenrat einen breiten Rand für Notizen haben sollten. Dazu kam ein Jungscharleiterkurs. Es war also schon einiges zu lernen.

Frau Seeger, Frau Sautter-Fröhlich, Sie beide haben im vergangenen Jahr die Ausbildung beendet. Wenn Sie Frau Böttiger hören, wo sehen Sie Gemeinsamkeiten und wo Unterschiede zu Ihrem Kurs?

Petra Seeger: Die Ausbildung hat sich schon verändert. Wir haben nicht speziell geübt, Briefe an den Oberkirchenrat zu schreiben. Aber wir haben gelernt, wie ein Brief nach DIN-Norm aussehen muss, also wo das Adressfeld hingehört usw. Ein Jungscharleiterkurs stand auch nicht auf dem Programm. Aber wir haben auch über die Struktur der Landeskirche geredet. Das fand ich sehr spannend. Genauso wie Kirchengeschichte. Mir war außerdem das Thema „Zeitmanagement im Gemeindebüro“ sehr wichtig. Die Unterlagen zu diesem Kurs schlage ich immer wieder nach und versuche die Tipps im Alltag umzusetzen.

Karin Sautter-Fröhlich: Und wir haben viel die Themen Datenbanken und EDV behandelt. Das gab es 1965 ja noch nicht. Dazu kamen einige Exkursionen. Allerdings keine Besuche bei Beratungsstellen.

Seeger: Allerdings waren wir im Bischofsbüro. Da kommt man ja auch nicht alle Tage hin. 

Wertet die Ausbildung den Beruf auf?

Böttiger: Auf jeden Fall. Wir waren immer stolz darauf. Wenn man mit einem bestimmten Wissen als Pfarramtssekretärin arbeitet, tut man sich viel leichter und man kann besser für die Gemeindeglieder da sein. 

Benzinger: Man kann sich einfach auch besser durchsetzen. Ich konnte meinem Pfarrer erklären, wie bestimmte Dinge sein mussten. Etwa welches Dienstsiegel zu verwenden ist. Es war wichtig, dass ich mich dabei auf meine Ausbildung berufen konnte.

Sautter-Fröhlich: Man ist einfach besser qualifiziert. Ich arbeite neben meiner Stelle beim geschäftsführenden Pfarrer in Degerloch auch als Sekretärin für den Schuldekan von Stuttgart und Degerloch. Dass ich diese Stelle bekommen habe, liegt sicher auch daran, dass ich diese Ausbildung gemacht habe. 

Frau Böttiger, Sie sind seit 2002 in Ruhestand. Wie haben Sie in Ihrer aktiven Zeit Ihre Rolle als Pfarramtssekretärin gesehen? 

Böttiger: Ich war die Anlaufstelle für die Gemeindeglieder und für alle Menschen, die von der Kirche irgendetwas möchten – Gemeindeglieder und Ehrenamtliche. Manchmal musste ich auch zwischen dem Pfarrer und den Mitarbeitern ausgleichen.

Hat sich an der Rolle etwas verändert bis heute?

Seeger: Nein. Wir sind immer noch die erste Ansprechperson für die Menschen. Und von denen kommt viel zurück. Das ist das Schöne an dem Beruf.

Benzinger: Die Pfarramtssekretärin ist der Dreh- und Angelpunkt der Gemeinde. Vor allem in den Dörfern, wo jeder jeden kennt, wird man überall angesprochen. Man ist eigentlich immer im Dienst. 

Böttiger: Ich habe eine Zeit lang immer einen kleinen Block dabei gehabt für solche Fälle. Irgendwann ist es mir aber auch zu viel geworden, vor allem sonntags. Dann habe ich den Leuten gesagt, sie sollen mich im Büro anrufen. 

Es ist also für eine Gemeinde eigentlich schwieriger, wenn die Sekretärin aufhört, als wenn der Pfarrer wechselt?

Benzinger: Das Sekretariat ist auf jeden Fall wichtig für die Stabilität. Wenn Pfarrer und Sekretärin gleichzeitig gehen, ist das der absolute Horror für eine Gemeinde.

Was sind typische Tätigkeiten im Gemeindepfarramt?

Sautter-Fröhlich: Unter anderem koordiniere ich die Termine mit den Gruppen und Kreisen und stelle sie für den Gemeindebrief zusammen. Ich erstelle die Unterlagen für Kasualien, führe Geburtstagslisten, schreibe Briefe für Neuzugezogene und noch vieles mehr.

Seeger: Ich mache ziemlich viel Pressearbeit. Wir sind eine große Gemeinde mit fünf Pfarrämtern. Da gibt es viele Veranstaltungen, die ich der Presse ankündigen muss. Zurzeit pflege ich außerdem auch die Website der Kirchengemeinde.

Es gibt kaum Männer in dem Beruf. Woran liegt das?

Sautter-Fröhlich: Ganz klar die geringe Bezahlung. Davon kann man keine Familien ernähren. Außerdem stehen immer weniger Stunden zur Verfügung. 

Seeger: Viele Pfarramtssekretärinnen sind Wiedereinsteigerinnen, die eine Teilzeitstelle suchen. Ich komme auch aus einem anderen Beruf. Ich bin eigentlich Vermessungstechnikerin und habe nach der Familienzeit eine Stelle gesucht. Außerdem war ich schon ehrenamtlich in der Gemeinde tätig. Und so rutscht man dann halt hinein. Umso wichtiger war die Ausbildung für mich.

Sie wirken dennoch nicht unzufrieden. Was macht den Beruf der Pfarramtssekretärin trotz der relativ geringen Bezahlung so attraktiv?

Seeger: Die Vielseitigkeit und der Umgang mit Menschen. Man bekommt unheimlich viel zurück. Ich höre immer wieder von Leuten: „Wir sind froh, dass Sie da sind.“

Böttiger: Dem kann ich nur zustimmen. Man ist auf ganz unterschiedliche Weise gefordert. Ich habe im Pfarrbüro erst gemerkt, wo meine Begabungen liegen. Die konnte ich dann einbringen und entfalten. Ich würde den Beruf sofort wieder ausüben.

Vielen Dank für das Gespräch.

Zum 50-jährigen Jubiläum der Ausbildung zur Pfarramtssekretärin findet am Samstag, 14. November, in Bad Urach ab 15 Uhr ein Festakt statt mit Absolventinnen, Referentinnen und Referenten sowie weiteren geladenen Gästen. Beim anschließenden Festgottesdienst um 18 Uhr in der Stiftskirche St. Amandus predigt Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July.

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