07.12.2017

„Eine feine und äußerliche Zucht“

Die Adventszeit galt über viele Jahrhunderte als Fastenzeit

Glühwein, Bratwurst und gebrannte Mandeln, dazu viele Lichter und Klimbim, Shopping und Hektik. Von einer besinnlichen Zeit ist im Advent wenig zu spüren, so viele Kritiker eines weihnachtlichen Konsumrauschs. Dabei war die Adventszeit traditionell eine Zeit des Verzichts und des Fastens. 

Frugal und einfach - auch so kann Advent aussehen.

Adventszeit als Fastenzeit? Zumindest ist sie das in der Liturgie der Kirche(n). Die liturgische Farbe im Advent ist violett. Violett entsteht aus Rot als Farbe für Fleisch und Blut und Blau als Symbol für den Himmel, als Symbol für den Bereich Gottes. Die Farbe steht für Besinnung und Gebet, für Buße und Umkehr. Sie wird in der Vorbereitungszeit auf die hohen, kirchlichen Feste verwendet – in der Advents- und Passionszeit und am Buß- und Bettag.

Im christlichen Rom ab etwa 400 nach Christus war der Advent eine Zeit der Vorbereitung auf die Ankunft des Erlösers in seiner Menschwerdung. Es spricht vieles dafür, dass es dort insgesamt sechs Adventssonntage gab. In Gallien hingegen gedachte man eher der endzeitlichen Wiederkunft Christi. Beides findet sich bis heute in der Prägung der Adventssonntage und natürlich in den Adventsliedern, etwa in „Der jüngste Tag ist nun nicht fern“ (Evangelisches Gesangbuch 6,2).

Fasten vom Martinstag bis Epiphanias

Das erste schriftliche Zeugnis für die Adventszeit findet sich bei Bischof Perpetuus von Tours (nach 490 nach Christus). Er fordert, dass in der Zeit zwischen dem 11. November und dem Weihnachtsfest dreimal in der Woche gefastet wird und deutet an, dass es früher ein achtwöchiges Fasten zwischen dem 11. November und dem Epiphaniasfest (6. Januar) gab. Warum der 11. November? Perpetuus, der Nachfolger des Heiligen Martin von Tours, legte dessen Gedenktag auf den 11. November, dem Tag von Martins Bestattung. In der Folge hatte Perpetuus ein geistliches und kirchenpolitisches Interesse, diesen Tag gebührend zu feiern und in der Gemeinde zu verankern.

Im Lauf des Mittelalters wurde die Adventszeit auf vier Sonntage beschränkt. Dies wurde auf dem Konzil von Trient in der Zeit um 1550 bestätigt und von Papst Pius V. 1570 für verbindlich erklärt. In einigen Diözesen, etwa in Mailand, gilt aber bis heute eine sechswöchige Adventszeit. Allerdings ist das Adventsfasten heute nicht mehr verbindlich.

In der Ostkirche nur Gemüse, Kartoffeln und Brot erlaubt

In der Ostkirche spricht man nicht vom Adventsfasten, sondern vom Philippusfasten. Es reicht vom Gedenktag des Apostels Philippus am 14. November bis Weihnachten, beziehungsweise vom 28. November bis zum 6. Januar in der russisch-orthodoxen Kirche. Dabei werden die Fastenregeln immer strenger, je näher das Weihnachtsfest rückt. In den letzten Tagen vor Weihnachten sind nur noch Gemüse, Kartoffeln und Brot erlaubt.

Fasten eine „feine und äußerliche Zucht“

Aus evangelischer Sicht ist das Fasten ein äußerlicher Brauch, der nicht für das Heil wichtig ist. Es kann aber hilfreich sein, durch den bewussten Verzicht auf manche Dinge den Kopf für das Wesentliche frei zu bekommen. Die Reformatoren verstanden also das Fasten als „feine und äußerliche Zucht“ des Einzelnen, das man nicht zum Gesetz machen darf. Martin Luther schreibt im „Sermon von den guten Werken“: „Wenn einer fände, dass ihm vom Fasten der Kopf wüst und toll oder der Leib und der Magen verderbt würde […], so soll er das Fasten ganz gehen lassen und essen, schlafen, müßig gehen, so viel ihm zur Gesundheit nötig ist.“

Es muss also jeder Mensch selbst herausfinden, wie er die Adventszeit begehen möchte. Entscheidend ist, dass wir uns nicht vor lauter Vorbereitung dazu verleiten lassen, den Sinn des Advents zu vergessen: Gott kommt zu uns!

Kirchenrat Frank Zeeb

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