| Geistliches

Menschenrecht

Rundfunkpfarrerin Dr. Lucie PanzerEMH

Wo man das Recht hat, zu leben und zu bleiben – da ist Heimat. Wo man wohnen und arbeiten kann und keine Angst haben muss vertrieben zu werden – da ist Heimat. So hat das die jüdische Philosophin Hannah Ahrend beschrieben.

Hannah Ahrendt hat gewusst, wovon sie spricht. Ihre Vorfahren haben in Deutschland gelebt. Sie selbst ist 1906 In Hannover  geboren und aufgewachsen, in Marburg, Freiburg und Heidelberg hat sie studiert. Bis man ihr und allen anderen deutschen Juden 1933 gesagt hat: „Ihr gehört hier nicht her. Wir wollen euch hier nicht. Ihr gehört nicht zu uns“. Juden hatten ab da keine Rechte mehr in Deutschland. Sie waren heimatlos im eigenen Land, in dem sie geboren und aufgewachsen waren.

Hannah Ahrend ist in die USA emigriert. Dort hat sie als Professorin gelebt und unter anderem gelehrt: Heimat ist da, wo mein Recht geschützt wird. Jeder Mensch muss irgendwo das Recht haben zu leben und geschützt zu sein. Das ist ein Menschenrecht.

Damit hat sie die Bibel auf ihrer Seite. Da wird Heimat genauso beschrieben: „Jeder sitzt unter seinem Weinstock und unter seinem Feigenbaum und niemand schreckt sie auf“ (Micha 4,4) Das hat der Prophet Micha den Menschen im Namen Gottes versprochen. Aber, zugegeben, Micha hat von der Zukunft geredet. Sein wunderbares Bild von der Heimat ohne Angst war und ist bis heute eine Utopie. Leider.

Micha hat wohl gewusst, dass wir Menschen  oft andere Vorstellungen von der Heimat haben. Heimat ist das Land, wo meine Vorfahren schon gelebt haben und wo ich geboren bin, sagen viele. Andere fügen noch hinzu: In meiner Heimat will ich unter meinesgleichen leben. Die Heimat will ich nicht mit anderen teilen. Denn ich will nicht, dass andere über meine Angelegenheiten entscheiden .
Solche Vorstellungen von Heimat aber bringen immer wieder Konflikte. Man kann die Geschichte der Vertreibungen, der Fluchtbewegungen und der Völkerwanderungen nicht rückgängig machen. Es hat lange gedauert, aber inzwischen haben die ursprünglich polnischen Kowalskis und Paczkowskis in Deutschland Heimat, nicht nur im Ruhrgebiet. Und die Nachfahren der italienischen Waldenser und der französischen Hugenotten leben nicht nur in Pinache, in Perouse und Großvillars. Sie haben hier Heimat gefunden. Niemand würde ihnen das bestreiten.

Ich glaube, wir sollten auch den Flüchtlingen, die jetzt in so großer Zahl zu uns kommen, so einen Ort geben, an dem sie zu Recht und mit Recht leben können. Ohne Angst und ohne sich immerzu verteidigen zu müssen. Heimat werden sie dann schon finden unter uns.

Pfarrerin Lucie Panzer

Dieser Beitrag lief ursprünglich als „Morgengedanke“ auf SWR 1/SWR 4 am 6. Oktober.

Mehr News

  • Datum: 27.07.2024

    TV-Tipp: Visionär und Hoffnungsstifter

    Tobias Merckle ist Sprößling der gleichnamigen Pharma-Dynastie. Seine berufliche Laufbahn schien vorgezeichnet, er wählte jedoch einen anderen Weg: das soziale Engagement. Was motivierte ihn dazu? Darüber spricht er mit Alpha & Omega“-Moderatorin Heidrun Lieb.

    Mehr erfahren
  • Datum: 26.07.2024

    Reisesegen: Mit Gottes Segen unterwegs

    Wer sich auf den Weg macht, möchte sich geborgen und behütet wissen. Hier eine kleine Auswahl an Reisesegen – zum Teilen, Zusprechen oder für die erste Seite Ihres Reisetagebuchs. Sie verreisen in nächster Zeit nicht? Jeder noch so kleine Weg lässt sich segnen…

    Mehr erfahren
  • Datum: 25.07.2024

    Besuch bei rumänischer Partnerkirche

    Seit 30 Jahren ist die Landeskirche mit dem Rumänisch-Orthodoxen Erzbistum von Vad, Feleac und Cluj verbunden. Landesbischof Gohl hat die Partnerkirche anlässlich des Jubiläums mit einer Delegation besucht und unter anderem Metropolit Andrei getroffen.

    Mehr erfahren
  • Datum: 23.07.2024

    Vereinfachte Gemeindegründungen für Landeskirchliche Gemeinschaften

    Eine Gesetzesnovelle ermöglicht es Landeskirchlichen Gemeinschaften, künftig leichter eigene Gemeinden zu gründen. Die Landessynode hat dem Kirchlichen Gesetz zu den Landeskirchlichen Gemeinschaften mit großer Mehrheit zugestimmt und tritt somit am 1. September 2024 in Kraft.

    Mehr erfahren
  • Datum: 23.07.2024

    Oberkirchenrätin Noller in Verfassungsgerichtshof gewählt

    Oberkirchenrätin Prof. Dr. Annette Noller ist vom baden-württembergischen Landtag als Stellvertreterin in den Kreis der Richterinnen und Richter des baden-württembergischen Verfassungsgerichtshofs gewählt worden. Sie sieht ihr neues Amt als „Ehre und große Aufgabe“.

    Mehr erfahren
  • Datum: 22.07.2024

    „Das Neue mit Zuversicht gestalten“

    „Aus gutem Grund – auf gutem Grund“ – so das Motto des Jahresfestes des Gustav-Adolf-Werks. In Gottesdienst, Vorträgen und Workshops tauschten sich die Teilnehmenden über die Zukunft der Kirche und die internationale Verbundenheit evangelischer Christinnen und Christen aus.

    Mehr erfahren
  • Datum: 19.07.2024

    Gebet zum Schuljahresende

    Das Schuljahresende ist für viele eine Zeit der Vorfreude, für manche eine Zeit gemischter Gefühle im Rückblick und für einige eine Zeit des Aufbruchs. Landesbischof Gohl ermutigt mit diesem Gebet Schülerinnen und Schüler, Gott anzuvertrauen, was auf sie zukommt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.07.2024

    Landesbischof Gohl: Interview zum Klimaschutz

    „Angst ist immer ein schlechter Ratgeber – denn das macht dich eng“, sagt Landesbischof Gohl zum Thema Klimaschutz. „Wenn wir uns so verhalten würden, wie es der Schöpfung entspricht, würde es unserer Welt viel besser gehen“. Hier finden Sie das Interview als Text und Video.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.07.2024

    Fortbildung für Digitalisierungs-Coaches geht in die nächste Runde

    Im Herbst 2024 startet die nächste Weiterbildung zu Digitalisierungs-Coaches. Die Fortbildung hat schon viele Haupt- und Ehrenamtliche befähigt, die Digitalisierung vor Ort zu begleiten. Eine digitale Info-Veranstaltung gibt's am 18. September.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.07.2024

    Neues Erscheinungsbild für die Landeskirche

    Mehr Farbe, neues Logo, mehr Flexibilität, mehr Spielräume: Zum 1. Advent 2024 löst die Evangelische Landeskirche in Württemberg ihr rund 30 Jahre altes Corporate Design (CD) durch eine überarbeitete Version ab.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.07.2024

    Früherer Landesbischof July feiert 70. Geburtstag

    Dr. h. c. Frank Otfried July feiert am 17. Juli seinen 70. Geburtstag. Er war von 2005 bis 2022 Landesbischof der württembergischen Landeskirche. Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl würdigt die Julys Verdienste „als Brückenbauer in Kirche, Diakonie und Gesellschaft“.

    Mehr erfahren
  • Datum: 13.07.2024

    TV-Tipp: Lissy Schneiders Erfahrungen als Pflegekind

    Die leiblichen Eltern suchtkrank, mit zwei Jahren im Kinderheim, mit drei bei einer Pflegemutter – mit bis zu sieben weiteren Kindern. Wie erlebte Lissy Schneider Kindheit und Jugend? Darüber spricht Alpha & Omega“-Moderatorin Heidrun Lieb mit dem einstigen Pflegekind.

    Mehr erfahren
Mehr laden