| Gedenktag

Auswanderung ins Gelobte Land

Christoph Hoffmann - 200. Geburtstag am 2. Dezember 2015

Christoph Hoffmann: Theologe, Lehrer, Politiker, Herausgeber und Gründer der Tempelgesellschaft. Heute wäre der Sohn des Gründers der Korntaler Brüdergemeinde Gottlieb Wilhelm Hoffmann 200 Jahre alt geworden.

Archiv der Tempelgesellschaft Stuttgart

Christoph Hoffmann, Sohn des Gründers der Korntaler Brüdergemeinde Gottlieb Wilhelm Hoffmann, wurde am 2. Dezember 1815 in Leonberg geboren. Hoffmann selbst gründete dann später die Tempelgesellschaft, die aus der pietistischen Bewegung Württembergs hervorging. Hoffmanns religiöse Erziehung in Korntal und sein Theologiestudium an der Tübinger Universität prägten nachhaltig seine Vorstellungen von Glauben, Gesellschaft und Kirche. Nach Beendigung seines Studiums arbeitete Hoffmann mehrere Jahre als Lehrer im „Salon“ in Ludwigsburg, der Erziehungsanstalt der Gebrüder Paulus. Der „Salon“ sollte die angeblich irreführenden Lehren der evangelischen Kirche bloßlegen und einen reinen und einfachen Glauben im ursprünglichen Sinne Jesu vermitteln. Man glaubte streng an das geschriebene Wort der Bibel und daran, dass das „Volk Gottes“ Jerusalem als Zentrum eines neuen Reiches Gottes aufbauen werde. Um diese Idee gegen die Position der etablierten evangelischen Presse zu verbreiten, gründete man eine eigene Zeitung: „Die Süddeutsche Warte, religiöses und politisches Wochenblatt für das deutsche Volk“.

Hoffmann wurde im Jahre 1848 im Oberamt Ludwigsburg als Abgeordneter in die Deutsche Nationalversammlung in Frankfurt am Main gewählt. Nach zehn Monaten legte er, unzufrieden mit den Realitäten des politischen Alltags, sein Mandat in der Paulskirche nieder.

Hoffmann gewann – nach seinem kurzen Intermezzo als Politiker – bald entscheidenden Einfluss auf das Publikationsorgan „Warte“. Zusammen mit Georg David Hardegg entwickelte er darin den Gedanken, das „Volk Gottes“ in das Heilige Land zu führen. Hoffmann hatte ähnliche Ideen schon in seinem Buch „Stimmen der Weissagung über Babel und das Volk Gottes“ dargelegt. Hardegg ergänzte Hoffmann optimal, indem er Hoffmanns eher weltfremden Plan energisch auch in die Praxis umsetzen wollte. Bald formierte sich um Hoffmann und Hardegg eine Gruppe namens „Jerusalemsfreunde“.

Im Jahre 1852 zogen sich die Gebrüder Paulus von der Leitung der „Warte“ zurück, da die die Zeitung fortwährenden scharfen Angriffen seitens der evangelischen Kirche ausgesetzt war. Hoffmann wurde daraufhin Alleinherausgeber und die „Warte“ damit gleichzeitig das Organ der Jerusalemsfreunde. Hier entwickelte er die Idee, seine Anhänger könnten durch beispielhafte Frömmigkeit, Bescheidenheit und Demut zum auserwählten „Volk Gottes“ avancieren. Mit diesen Auserwählten wollte er nach Jerusalem ziehen und dort einen geistigen Tempel gründen – daher der spätere Name Templer.

Die schwere wirtschaftliche Krise in Württemberg Anfang der 1850er Jahre erleichterte es Hoffmann, mit seinen Ideen großen Widerhall in der Bevölkerung zu finden. Von einer Auswanderung ins Gelobte Land erhoffte man sich Besserung der materiellen Lebensverhältnisse.

Um Unterstützung für die Realisierung seiner Auswanderungspläne zu gewinnen, nahm Christoph Hoffmann mit Christian Friedrich Spittler, dem einflussreichen Vorsitzenden der Basler Pilgermission St. Chrischona, Kontakt auf. Hoffmanns Engagement ging so weit, dass er sich 1853 als Inspektor der Pilgermission anstellen ließ, um einen Fuß in die etablierte (und finanziell besser abgesicherte) Missionsarbeit in Palästina zu bekommen. Aber nach zweijähriger Arbeit in Basel musste er einsehen, dass die Pilgermission ihm kaum behilflich sein konnte. Daraufhin gründete er in Württemberg 1856 eine Knaben- und Mädchenschule im Kirschenhardthof (einem Gehöft bei Marbach), wo er die Jugend im Geiste des „Tempels“ erziehen wollte. Aus ihrem Kreis sollten künftig Sendlinge für das Heilige Land rekrutiert werden.

Im Jahre 1857 beschlossen die Templer, mit Hilfe gesammelter Gelder eine Erkundungsgruppe nach Palästina zu entsenden. Im Januar 1858 reisten Hoffmann und Hardegg als Vorsteher der Gemeinde sowie Joseph Bubeck (ein diplomierter Winzer) nach Palästina. Der idealistische Hoffmann interessierte sich dort eher für heilige Stätten, während der realistische Hardegg alle praktischen Details gründlich erforschte. Die unfreundliche Haltung der Bevölkerung und der türkischen Regierung bewog sie allerdings, ihren Anhängern eine vorläufige Aufschiebung der Siedlungspläne zu empfehlen.

Erst 1868 sollten die Templer ins Heilige Land aussiedeln. Zu dieser Entscheidung trugen die Entwicklungen in Württemberg entscheidend bei. Auf dem Kirschenhardthof hatte Hoffmann 1859 eine Gruppe von Jugendlichen eigenmächtig konfirmiert, obwohl die Landeskirche es ihm verboten hatte. Daraufhin wurde Hoffmann aus der württembergischen Landeskirche ausgeschlossen. Aus Protest traten im Jahre 1861 alle Mitglieder der Templergemeinde aus der Landeskirche aus. So wurde der „Deutsche Tempel“ zu einer selbständigen religiösen Bewegung mit Hoffmann als „Bischof“ und Hardegg als Vorsitzendem. Die evangelische Kirche versuchte in den folgenden Jahren mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln, die Anhänger der Templer zu bekämpfen, aber ohne Erfolg.

Hoffmann und Hardegg reisten mit ihren Familien 1868 nach Palästina, wo an ihrem Ankunftsort Haifa die erste Ansiedlung entstand; Im Jahre 1869 folgte Jaffa, 1871 Sarona und 1873 die Kolonie in der Rephaim-Ebene vor den Stadttoren Jerusalems. Landwirtschaftliche Siedlungen in unmittelbarer Nachbarschaft von Städten und gute Schulen bildeten die Grundlage. Die eschatologischen Hoffnungen wichen bald nüchterneren Erkenntnissen. Der ursprüngliche Gedanke die Welt zu erneuern, wurde von vorbildlicher christlich-sozialer Siedlungsarbeit verdrängt. Hoffmann zog 1869 nach zunächst nach Jaffa und erst 1877 „wagte er den Schritt nach Jerusalem zu gehen“. Dort wurde das Tempelstift gegründet, das Hoffmann bis zu seinem Tod am 8. Dezember 1885 leitete. Sein Grab findet sich noch heute auf dem Templerfriedhof in Jerusalem. 

Zwar konnte Hoffmann seine Ideen innerhalb der christlichen Kirche nicht umsetzen, das Siedlungswerk der Templerkolonien jedoch hatte großen Einfluss auf die spätere Entwicklung des Heiligen Landes und aller seiner Bewohner.

Dr. Jakob Eisler


Mehr News

  • Datum: 29.06.2024

    Sommertagung der Landessynode beendet

    Am Abend des 29. Juni ist die Sommertagung der Landessynode zu Ende gegangen. Am Samstag standen die Schöpfungsleitlinien, das Missionsverständnis sowie landeskirchliche Finanzen auf der Tagesordnung.

    Mehr erfahren
  • Datum: 29.06.2024

    Das Vaterunser in den Landessprachen zur EM

    Als Gastgeberland heißen wir die Fans bei uns herzlich willkommen. Und was verbindet neben der Leidenschaft für den Fußball mehr als ein gemeinsames Gebet? Dafür haben wir das Vaterunser in den jeweiligen Landessprachen der Mannschaften im Achtelfinale zusammengestellt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 29.06.2024

    TV-Tipp: Geiz bei Lebensmitteln? Bauern unter Druck

    Regionale Lebensmittel, am besten noch in Bio-Qualität? Gerne, aber sie dürfen nicht viel kosten. So denken viele Konsumenten in Deutschland. Ein Problem für die landwirtschaftlichen Erzeuger. Darüber spricht Alpha & Omega“-Moderatorin Heidrun Lieb mit ihren Gästen.

    Mehr erfahren
  • Datum: 28.06.2024

    Kein Platz für menschenverachtende Haltungen

    Landesbischof Gohl sprach am Freitag vor der Synode in seinem Bischofsbericht über die tiefgreifenden Veränderungen und Herausforderungen in Kirche und Gesellschaft. Die Synodalen debattierten in der Aktuellen Stunde über Vielfalt in Kirche, Fußball und Gesellschaft.

    Mehr erfahren
  • Datum: 28.06.2024

    Landesbischof: „Kirche im Umbau“

    Landesbischof Gohl sprach vor der Synode über Veränderungen und Herausforderungen in Kirche und Gesellschaft. Weitere Themen: Der Ukraine-Krieg, die ForuM-Studie, der Nahost-Konflikt, das Anwachsen der politischen Rechten und die Diskussion über die Reform des §218.

    Mehr erfahren
  • Datum: 28.06.2024

    Sommertagung der Landessynode

    Am 28. und 29. Juni tagt die Landessynode zu Themen wie Mission, Schöpfung, Haushalt und Verwaltungsreform. Landesbischof Gohl gibt einen ausführlichen Bericht. Hier finden Sie den Livestream, viele Berichte und alle Dokumente zur Tagung.

    Mehr erfahren
  • Datum: 28.06.2024

    Video: Nachdenken über Gottesbegegnung

    Wie begegnet man Gott? Geht das überhaupt? Muss man dafür besonders fromm sein? Darüber denkt in diesem Video Mario Steinheil nach, Kirchengemeinderat in Eltingen und Mitarbeiter der landeskirchlichen Pressestelle.

    Mehr erfahren
  • Datum: 27.06.2024

    Herzensanliegen: Sprachfähigkeit im Glauben

    Wie kann ich lernen und üben, über meine „Herzensanliegen“ zu sprechen? Im Trainingsprogramm Herzensanliegen werden unterschiedliche Lernmodule angeboten, um im Glauben sprachfähig zu werden.

    Mehr erfahren
  • Datum: 27.06.2024

    Erster Tag der Assistenz der Gemeindeleitung

    2022 wurde das neue Berufsbild Assistenz der Gemeindeleitung in der Landeskirche offiziell eingeführt. Der erste Tag der AGL diente der Fortbildung und Vernetzung untereinander. Es wurden Workshops und eine Info-Meile mit Fortbildungsmöglichkeiten angeboten.

    Mehr erfahren
  • Datum: 26.06.2024

    Freiwilligendienst in der KesselKirche

    Seraphine W. und Zoé W. leisten ihren Freiwilligendienst in der Stuttgarter KesselKirche, einer jungen landeskirchlichen Gemeinde. Miriam Hechler, Pfarrerin für Innovation und Neue Aufbrüche in der Landeskirche, hat mit ihnen über ihre Erfahrungen gesprochen.

    Mehr erfahren
  • Datum: 26.06.2024

    Erzähl mir vom Frieden

    Anlässlich der 44. Ökumenischen Friedensdekade werden alltägliche Geschichten vom Frieden gesammelt. Dazu sind Online-Veröffentlichungen, eine Sammlung und musikalische Lesungen in Planung.

    Mehr erfahren
  • Datum: 25.06.2024

    Fußballfans mit christlicher Botschaft

    Die Mitglieder des OFC Königskinder verbinden ihre Leidenschaft für den VFB mit der Freude am Glauben. Wir haben den Vorsitzenden Pfarrer Thimotheus Rölle gefragt, wie er auf die Idee kam, einen christlichen Fanclub zu gründen und wie er Fußball-Gottesdienste feiert.

    Mehr erfahren
Mehr laden