Die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Stuttgart (GCJZ) lädt in Zusammenarbeit mit dem Oberschulamt seit mehr als 20 Jahren zum Lehreraustausch mit Israel ein. Danielle Zimmermann (42) hat daran teilgenommen. Sie sagt: „Ich kann den Austausch auf jeden Fall weiterempfehlen.“ Stephan Braun hat mit ihr aus Anlass der Woche der Brüderlichkeit gesprochen, die am Sonntag, 5. März, beginnt.
Frau Zimmermann, was hat Sie bewogen, zwei Wochen nach Haifa zu gehen, um dort am Leo Baeck Education Center zu unterrichten?
Mich hat ein Kollege an meiner Schule darauf aufmerksam gemacht. Ich wusste gar nicht, dass es solch ein Angebot gibt, und hätte auch nicht damit gerechnet, dass ich als Kunstlehrerin dafür in Frage komme.
Zwei Wochen sind nicht viel. Rentiert sich das?
Auf jeden Fall. Ich war ja vorher noch nie in Israel. Ich habe mich deshalb ein Jahr lang darauf vorbereitet und bin dort sehr offen und herzlich aufgenommen worden. Das war eine sehr intensive Zeit, in der auch Freundschaften entstanden. Das ist dann schon ein bisschen mehr als ein erster Eindruck, den ich von Land und Leuten gewinnen durfte. Ich kann den Austausch auf jeden Fall weiterempfehlen.
Seit 1952 veranstalten jedes Jahr im März die Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit eine Woche der Brüderlichkeit. Sie weisen auf ihr Jahresthema hin und laden zu Veranstaltungen ein, die den Dialog zwischen Juden und Christen fördern sollen. Das Jahresthema 2017 heißt: „Nun gehe hin und lerne“. Die Woche der Brüderlichkeit findet in diesem Jahr vom 5. bis 12. März statt.
Was hat Sie in dieser Zeit am meisten beindruckt?
Ich empfinde es als Geschenk, so viele Menschen getroffen zu haben, die so offen, herzlich und intelligent sind. Ich habe viel mit meinen Kolleginnen und Kollegen vom Leo Baeck Education Center unternommen und wurde von ihnen auch zum Schabbat-Essen eingeladen. Und es hat mich tief berührt, wie meine Schülerinnen und Schüler Freud und Leid mit mir geteilt haben. Insgesamt ist dort der Umgang zumeist lockerer als an deutschen Schulen. Schüler und Lehrer sprechen sich gegenseitig mit dem Vornamen an oder nehmen sich mal in den Arm. Spannend fand ich auch den Hometrainer im Klassenraum für Schüler mir starkem Bewegungsdrang. Der wurde während des Unterrichts tatsächlich benutzt. Und das hat nicht einmal so sehr gestört.
Auf welche Erfahrung hätten Sie gerne verzichtet?
Auf gar keine. Aber nachdenklich und traurig hat mich ein Projekttag gestimmt, an dem 20 Schüler meiner Schule am Unterricht in einer arabischen Schule teilnahmen, eine Moschee besucht und miteinander gegessen haben. Für manche war es das erste Mal, dass sie zusammen mit jungen Araberinnen und Arabern im Bus saßen und unterwegs waren. Ich befand mich unter rund 40 17-Jährigen, die die gleichen Interessen, Freuden und Sorgen hatten. Mir gegenüber waren beide Seiten sehr offen, aber untereinander kamen sie kaum ins Gespräch. Es herrschte eine deutliche Spannung zwischen den Schülergruppen. Dieser Ausflug hat mir gezeigt, wie lange der Weg der Annäherung sein wird, bis ein friedliches Nebeneinander oder gar Miteinander allein von jüdischen und arabischen Israeli denkbar ist.
Danielle Zimmermann (42) unterrichtet Kunst am Schickardt-Gymnasium in Herrenberg. Sie hat an dem Lehreraustausch mit dem Leo Baeck Education Center in Haifa teilgenommen, zu dem die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Stuttgart (GCJZ) in Zusammenarbeit mit dem Oberschulamt seit mehr als 20 Jahren einlädt. Ermöglicht wird der Austausch u.a. durch die finanzielle Förderung der Stiftung Stuttgarter Lehrhaus.
Haben diese zwei Wochen Ihre Sicht auf Israel und Palästina verändert?
Es sind in den zwei Wochen ja Freundschaften entstanden. Man teilt Freud und Leid miteinander. Auch deshalb verfolge ich inzwischen intensiver, was in diesem so kleinen Land mit dem großen Konflikt geschieht. Mein Eindruck ist, dass beide Seiten zu sehr auf sich schauen, sich eher abkapseln als aufeinander zuzugehen. Ich will das nicht verurteilen. Jeder hat seinen Alltag, seine Sorgen, seinen Job. Aber hilfreich ist das nicht.
Wirkt sich der Austausch in Ihrem Alltag oder Unterricht aus?
Wenn ich eine neue Sicht auf Dinge bekomme, wirkt sich das immer auf meinen Unterricht und meine Arbeit als Künstlerin aus. Als ich zurückgekommen bin, habe ich erst mal meinen Schülern Bilder von Israel gezeigt und ausführlich von meinem Aufenthalt berichtet.
In der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit setzen sich christliche und jüdische Bürgerinnen und Bürger gemeinsam für Gerechtigkeit, Freiheit und Solidarität ein. Sie unterstützen die Begegnung von Menschen verschiedener Religionen, Kulturen, gesellschaftlicher Bereiche und Nationalitäten und treten für Fairness und Freundschaft mit Israel ein.