Mit Rock 'n' Roll und Landesbischof Frank Otfried July feiert das Evangelische Bauernwerk in Württemberg von Samstag bis Sonntag, 2. bis 3. Juni, sein 70-jähriges Bestehen. Seit Anfang der 1950er Jahre ist es in Waldenburg-Hohebuch zu Hause.
Gegründet worden ist das Evangelische Bauernwerk in Württemberg von Bauernfamilien, die in der Not der Nachkriegszeit keine "Schieber" sein wollten. Sie wollten hungernde Städter nicht mit überteuerten Preisen für Lebensmittel über den Tisch ziehen. Jetzt feiert das Werk sein 70-jähriges Bestehen an seinem Stammsitz in Waldenburg-Hohebuch. Die jüngere Geschichte ist geprägt vom Existenzkampf der bäuerlichen Landwirtschaft, die unter Dumpingpreisen für Lebensmittel leidet.
Im Januar 1946 hatte der damalige Landesbischof Theophil Wurm zu einer ersten Bauerntagung nach dem Krieg eingeladen. Über 130 Männer und Frauen kamen und befassten sich mit Bibeltexten und "bäuerlichen Berufsfragen der Gegenwart", heißt es in den Annalen des Bauernwerks. 1948 mündete diese Initiative in der Gründung des Vereins "Evangelisches Bauernwerk in Württemberg".
Schon wenige Jahre später ermöglichte die Familie Hege, dass in Waldenburg-Hohebuch die Bildungsarbeit mit jungen Menschen vom Land beginnen konnte. Aus der Evangelischen Bauernschule wurde dann die heutige Ländliche Heimvolkshochschule Hohebuch. Sie ist Zentrum der kirchlichen Bauernarbeit der Württembergischen Landeskirche.
Dort geht es im fachliche Qualifikation ebenso wie um Lebensfragen. Es geht um das Zusammenleben der Generationen und die weltweite Verantwortung jedes Einzelnen. Kleinbauern aus Südamerika sind als Referenten ebenso Gast wie Wissenschaftler und Agrarpolitiker aus Deutschland.
Darüber hinaus gibt es in Hohebuch eine breite Palette an musisch-kulturellen Angeboten, die stets einen unmittelbare Bezug "zu den natürlichen Schöpfungsgrundlagen" haben, betont das Team des Bauernwerks. Das reicht von der regional-saisonalen Küche bis zu Naturmaterialien in den Kreativkursen wie Wolle und Stein.
Am Wochenende wird das gefeiert: zuerst beim Scheunenfest am 2. Juni (ab 19 Uhr) mit einer Rock 'n' Roll-Band und am 3. Juni mit einem Fest, in dessen Gottesdienst Landesbischof Frank Otfried July predigt.
Seit es ab den 1980er Jahren für Bauernfamilien immer schwieriger wurde, ihre Höfe existenzsichernd zu führen, hat das Bauernwerk sein Hilfenetzwerk ausgebaut. Nachdem vor fast 55 Jahren das Evangelische Bauernwerk in Württemberg als erste Einrichtung im Südwesten Betriebshelfer für Notfalleinsätze auf Bauernhöfen eingestellt hatte, folgte in den 1980er Jahren die Landwirtschaftliche Familienberatung. Sie stellt Bauernfamilien in Not ehrenamtliche Berater an die Seite.
Es wurde ein Notfonds gegründet, der auch konkret finanziell helfen kann. Gespeist wird er aus Opfern beispielsweise bei Erntebittstunden. Vor fünf Jahren entstand zudem ein Netzwerk von Helfern für Traumatisierte. Sie wollen verhindern, dass Menschen in der Landwirtschaft nach schweren Unfällen oder in existenzbedrohenden Situationen seelisch krank werden.
Parallel zum Engagement im Berufsstand öffnete sich das Bauernwerk in die Gesellschaft. Verbraucher und Erzeuger von Lebensmitteln begegnen sich in der "Stadt-Land-Partnerschaft". Die Initiative "Landleben live" ermöglicht jungen Menschen, sich ein eigenes Bild von der Landwirtschaft zu machen.
Das Logo des Bauernwerks und der Heimvolkshochschule wurde in den 1960er Jahren vom Künstler Robert Eberwein gestaltet. In seinem Zentrum steht das Kreuz, aus dem eine Ähre wächst: "Symbol der Hoffnung." Daneben aber hat Eberwein die Vögel gesetzt, "die den Lohn der Arbeit oftmals wegfressen", Steine, "welche einem in den Weg gelegt werden", Dornen, "die alles Planen und Arbeiten ersticken". Und schließlich die Wolken, die den langersehnten Regen genauso bringen können wie Hagel und Hochwasser. Für das Gute und die Probleme ebenso wolle Hohebuch der Ort sein, aus dem heraus "christlicher Glaube als Hoffnungsorientierung auch in schwierigen Zeiten zu helfen vermag", heißt es auf der Homepage des Bauernwerks.
Quelle: Evangelischer Pressedienst (epd)