Glocken und Läuten

Alles rund um das Thema Glockengeläut in der Landeskirche

 

Glocken im Museum der Herrenberger Stiftskirche.

Seit mehr als 1.000 Jahren rufen Glocken Christen zum Gottesdienst und zum Gebet. Sie läuten feierlich vor Gottesdiensten, sie läuten zu bestimmten Zeiten, um an Ereignisse zu erinnern. Sie läuten zu freudigen und traurigen Anlässen, zu Taufen, Trauungen und Beerdigungen. Dabei gleicht keine Glocke der anderen.

In der württembergischen Landeskirche gibt es rund 5.200 Glocken. Die größte Glocke hängt in Freudenstadt – mit 7960 kg Gewicht, die tontiefste Glocke findet sich in Herrenberg (fº).

Ausbildung zum/zur Glockensachverständigen voraussichtlich ab 2027/28

Voraussichtlich 2027 beginnt wieder eine zweijährige Aus- und Fortbildung zum/zur Glockensachverständigen. Der Kurs wendet sich sowohl an designierte Glockensachverständige (Ausbildung) als auch an bereits amtierende Glockensachverständige (Fortbildung) sowie an Dekanats- und Regionalkantoren. Restplätze werden an Studierende mit einem besonderen Interesse an Glocken vergeben.

Die Aus- und Fortbildung wird an den Hochschulen für Kirchenmusik (HfK) in Heidelberg, Halle und Regensburg durchgeführt und ist bei bestandenen Prüfungen als (frei wählbares) Modul in Bachelor- und Master-Studiengängen anrechenbar. Der Beratungsausschuss für das deutsche Glockenwesen (BA) verleiht nach zusätzlichen Ausbildungsleistungen und einer weiteren Prüfung als Gütesiegel für Mindeststandards im Glockensachverständigenwesen das Zertifikat „Zertifizierter Glockensachverständiger (BA)“ / „Zertifizierte Glockensachverständige (BA)“.

Mehr Informationen erhalten Sie auch über den Beratungsausschuss für das deutsche Glockenwesen auf www.glocken-online.de/ sowie bei der Glockenberatung der Ev. Landeskirche in Württemberg (Kontaktdaten siehe unten).

Mehr über die Tätigkeit der Glockensachverständigen und ihre Ausbildung erfahren Sie auch im folgenden Podcast bzw. in den folgenden Videos:

Glocken auf dem Prüfstand - mit einem Glockensachverständigen im Turm
Wächter über die Glocken: So läuft die Ausbildung der Glockensachverständigen
Claus Huber ist Glockensachverständiger i. R. der Evangelischen Landeskirche in Württemberg.

Wann wird geläutet?

Jede Kirchengemeinde hat eine sogenannte „Läuteordnung“, erklärt der Glockensachverständige i. R. der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Claus Huber: „Durch das tägliche Läuten kommt die Kirche auch werktags ins Haus“. Geläutet wird traditionell zum Tagesanbruch gegen sechs oder sieben Uhr zum Morgengebet, mittags zum Friedensgebet und bei Einbruch der Dunkelheit zum Abendgebet. Nicht alle Gemeinden läuten zusätzlich noch bis zu viermal täglich die Kreuzglocke im Gedenken an die Passion Christi. Eher selten werde um neun Uhr zur Aufrichtung des Kreuzes geläutet, so Huber. Um elf Uhr erinnert das Kreuzläuten an die einbrechende Finsternis und den Beginn des Todeskampfes Christi. Das Läuten um 15 Uhr markiert seine Todesstunde. „Manchmal geschieht dies freitags wie etwa in der Esslinger Stadtkirche mit einem besonderen Geläut“, erklärt Huber. Das Vesperläuten zwischen 16 und 18 Uhr sei Zeichen für die Kreuzabnahme und Grablegung.

„Zeichenläuten“

Mit dem „Zeichenläuten“ wird auf den nahenden Gottesdienst hingewiesen. Die ersten Klänge gibt die Zeichenglocke. Das Läuten vor dem Gottesdienst diene aber auch dazu, dass sich Menschen innerlich darauf vorbereiten, sagt der Glockenfachmann i.R.. Meist gibt es zwei „Vorzeichen“, eine ganze und eine halbe Stunde vor Beginn, bevor dann zum Anfang des Gottesdienstes mit mehreren oder allen Glocken geläutet wird.

Zu bestimmten Anlässen kommt dann im Gottesdienst jeweils nur eine Glocke zum Einsatz: Mit der Taufglocke rufe man diejenigen zur Fürbitte für Täufling und Taufeltern auf, die nicht im Gottesdienst anwesend sind. Das gleiche gelte für das Läuten während des Vaterunsers, das zum Mitbeten einlade. In manchen Gemeinden erklingt noch die Schiedglocke, wenn im Ort jemand verstorben ist.

Etliche Traditionen seien auch verloren gegangen, bedauert Huber. Aus Rücksicht auf Anwohner blieben die Glocken oft am Sonntagmorgen zum Betläuten stumm. „Manche Gemeinden besinnen sich aber auch wieder auf die alten Traditionen.“ Den Esslinger freut besonders, dass in seiner Heimatstadt seit einigen Jahren die Tradition des „Christi Angstläuten“ am Donnerstagabend wieder aufgenommen wurde. „Es dient dem Gedächtnis an den Gebetskampf von Jesus im Garten Gethsemane“, erläutert Huber. Geläutet wird dafür mit der ältesten Glocke im Turm der Stadtkirche. Sie wurde um 1200 gegossen, ist 700 Kilo schwer und diente früher als Feuer- und Sturmglocke. Sie ist durch ihren harten und dissonanten  Klang charakterisiert und passt deshalb zum Anlass besonders gut.

Eine schöne Tradition ist laut Huber auch das Einläuten der Sonn- und Feiertage am Vorabend. Huber plädiert dafür, dass das Zusammenspiel der Glocken dem Anlass angepasst wird: „Zu einem Auferstehungsgottesdienst muss man anders Läuten als zu einer Passionsandacht.“ In der Zeit vor Ostern rät er dazu, das Läuten zu reduzieren. Traditionell schweigen die Glocken als Zeichen der Trauer ab Karfreitag und erklingen erst in der Osternacht oder dem Ostermorgen wieder.

Glocken als Uhr

Beschwerden gebe es eher selten wegen des Läutens der Glocken zu bestimmten Anlässen, sondern häufiger wegen des Uhrschlags in der Nacht, weiß Huber. Dieser unterliegt anders als das Geläut den Lärmschutzrichtlinien. Gibt es Klagen, nimmt der Sachverständige vor Ort Messungen vor und gibt Tipps, wie man etwa durch Veränderungen an den Schallläden oder den Uhrhämmern den Schall reduzieren kann. „Das Läuten zu Gebet, Gottesdienst oder anderen liturgischen Anlässen fällt nicht unter die TA Lärm sondern steht unter dem Schutz der Religionsfreiheit“, erklärt Huber. Dennoch nähmen viele Gemeinden Rücksicht auf veränderte Lebensgewohnheiten. „Manche Menschen vermissen den Glockenklang aber auch, wenn zu bestimmten Zeiten nicht mehr geläutet wird.“ 

Quelle: U. Rapp-Hirrlinger

Das Glockenmuseum in Herrenberg

Wie in den meisten Museen der Welt werden auch im Glockenmuseum Stiftskirche Herrenberg wertvolle Zeugen der Vergangenheit gesammelt, wissenschaftlich beschrieben, für künftige Generationen gesichert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. 

Das Besondere dieses Museums besteht jedoch darin, dass sich die hier ausgestellten Gegenstände, also Kirchenglocken, an einem Ort befinden, für den sie ursprünglich gedacht waren, nämlich in einem Kirchturm. So wurde es möglich, ca. 35 Museumsglocken seit dem 9. Jahrhundert, davon ab dem 13. Jh. alle im Original erhalten und aus allen Regionen des deutschsprachigen Raums stammend, wieder läutbar aufzuhängen und ihnen wie in früheren Zeiten bestimmte liturgische Funktionen zuzuweisen. Dadurch kann das Museum sowohl im Rahmen der bestehenden Läuteordnung als auch bei den am ersten Samstag im Monat stattfindenden Glockenkonzerten seinen Besuchern ein außergewöhnliches, ganzheitliches Erlebnis bieten, das seinesgleichen unter den Glockenmuseen der Welt sucht.

Man kann hier die Glocken nämlich nicht nur anschauen, sondern sie auch in Funktion schwingend sehen; die Metallinstrumente sind nicht nur angeschlagen zu hören, sondern beim Läuten in voller Klangentfaltung erlebbar, und schließlich können die Glocken auch nicht nur angefasst, sondern beim Läuten sogar ihre Schallwellen im Körper gespürt werden.

Neben den zahlreichen Läuteglocken beherbergt das Museum seit dem Sommer 2012 außerdem ein 50-stimmiges, herausragend gestimmtes Carillon, das zweimal am Tag ein weltliches oder geistliches Lied erklingen lässt und zusätzlich die sechs liturgischen Läutezeiten während des Tages mit einer entsprechenden Melodie einleitet und erläutert.

Läuteordnung

Kirchengemeinden legen selber ihre Läuteordnung fest. 

Grundlage für Glockengeläut ist diese Ordnung. „Freies Läuten“ ohne liturgischen Anlass ist nicht vorgesehen, Kirchengemeinden verbinden jedoch Anlässe wie das Friedensleuten im September 2018 oder zu anderen mit z. B. einer Andacht oder einem Friedensgebet. 

Glocken in Württemberg

Heilbronner Kilianskirche

Glocken der Kilianskirche Heilbronn - Gedenkläuten am 4. Dezember 2012

Glocken der Kilianskirche in Heilbronn - Gedenkläuten am 4. Dezember 2012

Marienkirche Reutlingen

Glocken der Marienkirche Reutlingen - Plenum

Fünf Glocken befinden sich im Westturm der evangelischen Marienkirche in Reutlingen. Die Glocken wurden alle bei der Gießerei Heinrich Kurtz in Stuttgart gegossen - aber in unterschiedlichen Jahren. Die älteste ist die Betglocke und wurde 1901 gegossen, die Taufglocke entstand 1928 und die anderen drei flossen 1950 aus dem Feuer.

Kirche in Gochsen

Glocken der evangelischen Kirche Gochsen

Die Glocken der Evangelischen Kirchengemeinde Gochsen (Landkreis Heilbronn)

Glockenmuseum der Stiftskirche Herrenberg

Glockenmuseum Herrenberg

Das Glockenmuseum der Stiftskirche Herrenberg zeigt in der Glockenstube über 30 läutbare Bronzeglocken. Damit begegnen Sie dem umfangreichsten Kirchengeläute Deutschlands. Glocken aus zwölf Jahrhunderten und aus vielen Teilen des deutschsprachigen Raums, Glocken, die eine abgestimmte Tonleiter über fast drei Oktaven bilden, wurden in den vergangenen Jahren im Turm der Stiftskirche Herrenberg aufgehängt. Es sind keine Museumsstücke, die außer Gebrauch gekommen sind, sondern Glocken, die ihren althergebrachten Dienst tun.

Kontakt

Cordula Sinner-Strobel

Assistenz Landeskirchlicher Glockensachverständiger

Rotebühlplatz 10

70173 Stuttgart

0711 2149247

glockenberatung@elk-wue.de

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