26.01.2020

Hunderte Stimmen für einen Visionär

Als Martin Luther King reißt Gino Emnes die Menschen mit.

Beim Chormusical „Martin Luther King“ wirken viele Sänger aus der Region mit

Ludwigsburg. Martin Luther King (Gino Emnes) und seine Weggefährten singen und tanzen sich beim Musical in der Ludwigsburger MHP-Arena in die Herzen von rund 3.500 Zuhörern. Im Hintergrund glänzt der Chor mit mehreren hundert Stimmen.

Zum Schluss hält es viele Zuschauer an diesem Samstagabend, 25. Januar, nicht auf ihren Plätzen: Nachdem die letzten Töne des Musicals „Martin Luther King“ in der Ludwigsburger MHP-Arena verklungen sind, füllt minutenlanger Beifall die Halle – so lange, bis die Musiker erneut zu singen beginnen.

In dem Stück werden die Besucher mitgenommen auf eine Zeitreise in die 1960er Jahre. Das Bühnenbild ist schlicht, die Botschaft umso wichtiger: Zwischen neun Würfeln - die mal Mauerwerk oder Regenbodenfarben zeigen, mal die amerikanische Flagge oder das Konterfei Martin Luther Kings – erleben die Besucher einen Kampf um Gleichberechtigung und Fairness, aber auch einen Disput über die Wahl der richtigen Mittel.

Rückblicke auf ein Leben und einen Traum

Das Musical greift dem tragischen Ende gleich zu Beginn vor – mit dem Schuss, der das Leben des nur 39 Jahre alten Baptistenpfarrers jäh beenden sollte. In Rückblicken begleiten die rund 3.500 Zuschauer in der MHP-Arena in Ludwigsburg dann den Weg des Mannes, der mit der Rede „Ich habe einen Traum“ von 1963 unsterblich wurde und maßgeblich zum Ende der Rassentrennung in den USA beitrug.

Sie begegnen seinen Widersachern und seinen Mitstreitern – etwa Rosa Parks, die wegen nach Hautfarbe getrennter Sitzplätze den berühmten Busstreik von Montgomery ausgelöst hat. Und sie erleben seine Inspiration, hier verkörpert durch einen „Heilige Geistin“ (Karolin Konert) mit rotem Haar und berührender Stimme.

Mit der Zeit wächst der Protest der Schwarzen gegen die Rassentrennung.
Die Chorsänger aus Ludwigsburg und Region sind mit Feuereifer bei der Sache.
Martin Luther King träumte von einer bunten Gesellschaft.
Äußerst beklemmend ist die Begegnung Martin Luther Kings mit dem Ku-Klux-Klan.
Rosa Parks (Bonita Niessen, links) und Martin Luther Kings Frau Coretta (Peti van der Velde) schwelgen in Erinnerungen.
Das Team um Martin Luther King singt mit viel Energie und Freude.
Bis auf den letzten Platz war die MHP-Arena in Ludwigsburg besetzt.
Sparsames Bühnenbild.

Herzstück des Musicals ist der riesige Chor, der so bunt ist wie die Gesellschaft, die der 1968 ermordete Baptistenprediger Martin Luther King sich erträumt hatte. Unter den rund 800 Mitwirkenden auf der Ludwigsburger Bühne sind Menschen verschiedener Hautfarben und Nationalitäten.

Die älteste Teilnehmerin am Samstagabend ist 81 Jahre alt, die beiden jüngsten sind gerade mal neun. Sie stellten zu Beginn des Abends das Spendenprojekt des Chormusicals vor: von „Brot für die Welt“ für sauberes Trinkwasser. Mehr als 10.000 Euro kommen an diesem Abend für den guten Zweck zusammen.

Strahlende Augen und leuchtende Wangen

Viele regionale Chöre wirken mit – an beiden Abenden sind es zusammen 29. Aber auch knapp 200 Einzelteilnehmer sind allein am Samstagabend mit von der Partie. Sie schunkeln, leuchten mit bunten LEDs, machen sogar eine Welle. Vor allem aber singen sie, verbunden durch ihre Liebe zur Musik und für das besondere Projekt. Die Augen strahlen, die Wangen glühen.

22 Musikstücke über das Leben des Visionärs und Menschenrechtlers King gilt es auf die Bühne zu bringen. Einstudiert haben die Sängerinnen und Sänger sie anhand von CDs, dann wurde ab September gemeinsam geprobt. Hans-Martin Sauter, Referent für Popchorarbeit im Evangelischen Jugendwerk in Württemberg, dirigiert die vielen Stimmen zu einem großen Klangkörper, während der schwarze Musical-Darsteller Gino Emnes die Hauptrolle bravourös mit Leben füllt.

Ein Mix aus Gospel, Rock ‘n‘ Roll, Motown und Pop

Das Chormusical, das von der Stiftung Creative Kirche im Zusammenwirken mit der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, der Evangelischen Kirche in Deutschland, der Stadt Ludwigsburg und weiteren Projektpartnern veranstaltet wird, verbindet Gospel und Rock ‘n‘ Roll mit Motown und Pop.

Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July ist voll des Lobes: „Das Musical hat mich biografisch sehr berührt, weil es zurückkehrt in meine Jugendzeit, wo ich Martin Luther King und dann auch in Stuttgart seine Frau Coretta erlebt habe. Ich fand toll, dass auch Widersprüche in seinem Leben in dieser Musicalform zum Ausdruck kommen, ebenso wie die gesellschaftlichen Fragen: Gewalt ja oder nein?  Die Mischung, auch mit etwas Humor sehr Ernstes und Schwieriges einzuführen, hat mir gut gefallen.“ 

„Wichtig, ein solches Thema auf die Bühne zu bringen“

Auch Unternehmer Johannes Kärcher (69) findet lobende Worte: „Die Umsetzung des Musicals finde ich klasse. Es ist wichtig, ein solches Thema auf die Bühne zu bringen. Bemerkenswert ist, wie die Gospelbewegung Menschen erreicht, die der Pfarrer in seiner Gemeinde oft nicht erreicht.“

Das Chormusical von Hanjo Gäbler, Christoph Terbuyken (beide Musik) sowie Andreas Malessa (Text) wird deutschlandweit 20 Mal aufgeführt – in elf Städten. Nach einem zweiten Auftritt in Ludwigsburg am Sonntag sind die nächsten Stationen Münster und Siegen. Rund 270 Chöre wirken insgesamt mit, und alles in allem sind es laut Veranstalter ungefähr 15.000 Sänger. Rund 70.000 Menschen werden laut Programmheft erreicht, die „durch das Musical mit Kings Traum in Berührung kommen und seine Ideen weitertragen. Hinein in eine Gesellschaft im Umbruch, die besonnene Stimmen gerade ebenso nötig hat wie kluge Visionen.“

Wenke Böhm

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