Stuttgart/Freiburg/Karlsruhe/Rottenburg. Die evangelischen und katholischen Kirchen in Baden-Württemberg haben am Mittwoch, 22. Januar, in Stuttgart die Preisträgerinnen und Preisträger des Schülerwettbewerbs „Christentum und Kultur“ ausgezeichnet.
Bischof Dr. Gebhard Fürst von der Diözese Rottenburg-Stuttgart überreichte die Preise - und verwies mit Blick auf das Wettbewerbsmotto „Christentum und Kultur“ darauf, dass technische Innovationen „die ethische Urteilsbildung des Menschen brauchen“, um sich langfristig durchzusetzen.
Der Wettbewerb für Schülerinnen und Schüler der Kursstufe an allgemeinbildenden und beruflichen Gymnasien fand zum 17. Mal statt. 65 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten insgesamt 53 Arbeiten eingereicht. Die Zahl der Anmeldungen sei in den vergangenen Jahren ziemlich konstant und die Arbeiten von bemerkenswerter Qualität, betonte der Bildungsdezernent der württembergischen Landeskirche, Oberkirchenrat Dr. Norbert Lurz. Der Wettbewerb sei überwiegend weiblich. „Die jungen Männer bilden stabil die qualifizierte Minderheit."
Die Konfessionsverteilung zwischen evangelischen und katholischen Teilnehmern sei immer in etwa hälftig. „Zudem gibt es erfreulicher Weise immer einzelne Teilnehmende, die einer anderen oder auch keiner Kirche angehören“, so Lurz. In seinen Augen ist der Wettbewerb „ein hervorragendes Beispiel für die sich vertiefende konfessionelle Zusammenarbeit auf dem Feld der Religionspädagogik, der Bildung, aber auch für das gute ökumenische Miteinander unserer Kirchen“.
Gottgleiche Fähigkeiten durch die neuen Technologien?
Den ersten Preis erhielt Anna Adler (17 Jahre) vom Gymnasium Hechingen mit der Arbeit „Mensch 4.0.: ein faustischer Homo Deus?“, dem die neuen Technologien gottgleiche Fähigkeiten verleihen. Sie verglich das Streben des heutigen Menschen nach Allwissen und Allmacht in der digitalen Welt mit dem goethianischen Doktor Faustus. „Die schriftliche Ausarbeitung, die durch ihre sprachliche Reife für sich allein schon überzeugt, wird durch einen Film ergänzt. Er setzt die Thematik des Menschen, der ständig über sich hinauswächst, bildlich in Szene und besticht durch die eindrucksvolle musikalische Untermalung“, betonte die Leiterin des Stuttgarter Wagenburg-Gymnasiums, Petra Wagner, im Namen der Jury.
„Ich hatte gleich die Idee, das Faust-Thema mit der Frage zu verknüpfen, wie weit der Mensch heute schon ein Homo Deus ist“, sagt Anna Adler. Zudem habe sie überzeugt, dass eine Konfessionszugehörig keine Voraussetzung sei, um an dem Wettbewerb teilzunehmen. Anna Adler wurde selbst griechisch-orthodox getauft.
Motiviert durch den persönlichen Bezug
Mit dem zweiten Preis wurde Lena Geiger (18 Jahre) vom Ludwig-Uhland-Gymnasium Kirchheim/Teck ausgezeichnet. In ihrer Arbeit: „Wo wohnst du, Herr? Wo finde ich dich?“ spürte sie dem Paradoxon nach, wie sich zur Zeit der nationalsozialistischen Diktatur die Zugehörigkeit zur SS mit dem christlichen Glauben vereinbaren ließ. Die Spurensuche führte sie von naturmystischen Glaubensvorstellung der 1930er Jahre über die Auseinandersetzungen innerhalb der badischen Landeskirche während des Nationalsozialismus bis zu den Entnazifizierungsmaßnahmen in der frühen Bundesrepublik, so die Begründung. Dabei sei sie auch auf verstörende und schockierende Aussagen gestoßen, etwa über den Antisemitismus oder zum sogenannten „Blutopfertod“.
„Das Wettbewerbsthema hat mich an das Leben meines Urgroßvaters erinnert“, sagt Lena Geiger. „Dieser persönliche Bezug hat mich sehr motiviert. Ich wollte für mich eine nachvollziehbare Antwort auf diese Frage finden.
Zwei dritte Preise
Der dritte Preis wurde in diesem Jahr zwei Mal vergeben. Er ging an Lilli Seiter vom Helmholtz-Gymnasium in Karlsruhe und an Jonas Risinger vom Gymnasium St. Michael in Schwäbisch Hall.
Musical zu Mobbing, Zweifel, Leistungsdruck
Lilli Seiter (17 Jahre) entwickelte ein Musical mit dem Titel „PAU-SE“, in dem sie selbst komponierte und getextete Lieder in eine liturgisch durchdachte Andacht für Jugendliche umsetzte. Die Jury hob in ihrer Begründung unter anderem die „hohe innere Identifikation der Autorin mit ihrem Musical“ hervor. Das Stück spielt im Pausenraum der Schule. „Es sollte in meiner Lebenswirklichkeit spielen und Antworten geben auf Fragen, die Jugendliche wie mich umtreiben, etwa Mobbing, Zweifel oder Leistungsdruck“, so Lilli Seiter.
Ideen für die Kirche
Unter dem Leitthema „Mensch 4.0 untersuchte Jonas Risinger (17 Jahre) welche Einflüsse und Veränderungen sich aus der Digitalisierung für die Gesellschaft und die Kirche ergeben. Auf Grundlage einer selbst entwickelten Umfrage stellte er unterschiedlichste Idee für die Zukunft von Kirche vor, so die Jury. „Das Thema der Digitalisierung und Mensch 4.0 hat mich sofort begeistert. Ich halte das für extrem spannend, vor allem auch im Hinblick auf die Zukunft der Kirche“; sagt Risinger.
Er wolle schon länger mal eine Symphonie schreiben
Ein Sonderpreis für Arbeiten mit künstlerisch-musischer Ausrichtung ging an Lukas Hadinger (17) vom Parler-Gymnasium in Schwäbisch Gmünd. Der Titel seiner Arbeit lautet: „Offenbarungssinfonie. Orchesterfantasie in vier Sätzen. Gottesbegegnungen in alttestamentlichen Bibeltexten theologisch reflektiert und musikalisch umgesetzt“. Dass ein Schüler eine ganze Symphonie für ein opulentes Orchester komponiert, sei schon sehr bemerkenswert. Dass er dazu die ausgesuchten Bibelstellen theologisch reflektierte und die daraus gewonnen Einsichten in die Symphonie umsetzte, überzeugte die Jury vollends“, hieß es in der Begründung.
„Da ich schon öfter Stücker auch für Schulgottesdienst komponiert habe und schon länger eine Symphonie schreiben wollte, war das Format meiner Wettbewerbsarbeit schnell gefunden“, so Lukas Hadinger.
Auch Buchpreise vergeben
Buchpreise gingen an Gina Abele und Marta Mäder von den beruflichen Schulen Achern, Wencke Groeneveld vom Schiller-Gymnasium in Offenburg, Lea Marie König von der Käthe-Kollwitz-Schule in Bruchsal und an Max Mayerhöfer vom Burghardt-Gymnasium in Buchen (Odenwald).
Der Wettbewerb steht unter Schirmherrschaft von Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann, Landesbischof Prof. Dr. Jochen Cornelius-Bundschuh und Bischof Fürst.