Stuttgart. Es ist schon mehr als 100 Tage her, dass Manuel Schittenhelm Geschäftsführer des Evangelischen Männer-Netzwerks Württemberg und Geschäftsführer des Landesausschusses für den Deutschen Evangelischen Kirchentag wurde - er ist seit August 2019 in beiden Ämtern aktiv. Ein Gespräch über Herausforderungen, Pläne - und „neue Männer".
Was macht ein Geschäftsführer des Evangelischen Männer-Netzwerkes eigentlich? Er spricht. Er werde als Referent angefragt, er gehe beispielsweise zu Männerfrühstücken, Männergruppen, spreche in den Gemeinden zu Männerarbeit, berichtet Manuel Schittenhelm von seiner Arbeit.
Dort ist Thema das Mann-Sein, die Rolle des Mannes. Manuel Schittenhelm sieht diese Fragen aber auch im größeren Kontext: „Was ist los in der Gesellschaft? Was heißt das für Männer? Was bedeutet es, als Christ in der Gesellschaft seinen Mann zu stehen?“
Aus der Jugendarbeit bringt Schittenhelm den Blick auf beide Geschlechter mit, in „die spezifische Brille der Männer muss ich mich noch reinfinden“, sagt er. Ein weiterer Schwerpunkt sind Veranstaltungen, wie etwa der „Stuttgarter Männertag“, Schweigetage, spirituelle Angebote, Erfahrensangebote.
Zentrale Herausforderung ist für Schittenhelm, Männer zu erreichen, die die Männerarbeit der Kirche noch nicht für sich entdeckt haben. Die Familien habe die Kirche im Blick, so Schittenhelm. „Aber was ist mit den Singles, was ist mit den Geschiedenen?“, fragt er. Männer der Altersgruppe Ende 20 bis Mitte 40 tauchen seltener auf, wenn die Gemeinden zu Männertreffs einladen.
Warum das so ist? Die bisherigen Gruppen werden gemeinsam älter. Jedes Format sei ein Kind seiner Zeit, erklärt der neue Geschäftsführer des Männer-Netzwerks Württemberg. Er wünscht sich Durchlässigkeit. Und will neue Angebote entwickeln, die Männer in ihren heutigen Erlebniswelten abholen.
Fakt ist: Männer treten häufiger aus der Kirche aus, und kehren seltener zurück. Dadurch fehle „ein Teil der Gesellschaft“.
Der neue Chef der Männerarbeit in Württemberg entwickelt dazu Testprojekte wie „Männer unterwegs“, bei dem eine Gruppe zu Fuß die Alpen überquert. Erlebnisorientiert sind diese Angebote, erklärt Manuel Schittenhelm, der selbst früher in der Eventbranche tätig war. Geplant ist auch eine Reise nach Ausschwitz, fern einer klassischen Bildungsreise. „Davon bringt man ein Erlebnis mit, die Erinnerungen und etwas zum Nachdenken“.
Oder der Abend „Grill & Whiskey“, bei dem es neben dem Genuss um das Thema Verantwortung gehen soll.
Manuel Schittenhelm hat sich der neuen Aufgaben mit einem reichen Erfahrungsschatz außerhalb der Kirche angenommen. „Ich bin kein klassisches Kirchenkind“, sagt er. Er bringe einen weiten Blick mit, beschreibt er sich. Er sei bereit, auszuprobieren, auch zu scheitern, und er habe wenig Berührungsängste.
Das kommt ihm auch beim zweiten Teil seiner Tätigkeit, als Geschäftsführer des württembergischen Landesausschusses für den Deutschen Evangelischen Kirchentag, zugute. „Den Kirchentag zukunftsfähig machen“ ist Ziel der Arbeit, die 20 Prozent seiner Gesamttätigkeit ausmacht.
Als Nächstes steht 2021 der Ökumenische Kirchentag in Frankfurt an, 2023 dann der Evangelische Kirchentag in Nürnberg. Die beiden Stellen ergänzen sich gut, sagt er: 2022 nimmt er mit dem Thema Männerarbeit an einer ökumenischen Aktion des Katholikentags in Stuttgart teil.
Die Stuttgarter Prälatin Gabriele Arnold zitierte im Einführungsgottesdient Schittenhelms im September 2019 den Song von Ina Deter „Neue Männer braucht das Land". Manuel Schittenhelm besetzt selbst verschiedene Rollen, beschäftigt sich intensiv mit Rollenbildern. Etiketten wie den „neuen Mann" findet er aber eher hinderlich. Er plädiert dafür, sich von Stereotypen zu lösen, für eine konstruktive Toleranz. „Wir brauchen Respekt vor der Wahl, eine Rolle anzunehmen“, sagt er. „Das ist eine Aufgabe für alle - für Männer, für Frauen, für die Gesellschaft."
Judith Hammer