Als Reden des Herzens mit Gott nannte der württembergische Reformator Johannes Brenz das Gebet. Gebete gibt es in vorformulierten Worten oder in freier Rede.
"So sollt ihr beten", hat Jesus seine Zuhörer in der Bergpredigt aufgefordert und dann das Vaterunser vorgestellt. Mit diesem Gebet, das die weltweite Christenheit miteinander verbindet, hat Jesus gezeigt, wie Christen Gott anreden können: Vertrauend, liebend, zärtlich.
Wer betet, öffnet sich Gott
Beim Beten kommt es nicht darauf an, ob Christen mit vorformulierten Gebeten oder mit freien Gedanken und Worten - unausgesprochenen oder ausgesprochenen - Gott anreden.
Bekannte vorformulierte Gebete sind etwa Luthers Morgen- und Abendsegen, der von vielen Christen heute noch tagtäglich gebetet wird, vorformulierte Gebete sind auch die Kinderreime, an die sich vielleicht die eine oder der andere noch erinnert. Aber auch ohne diese Gebete, können alle Menschen Gott direkt ansprechen.
Wer mit einem anderen Menschen redet, öffnet sich diesem, wer mit Gott redet, öffnet sich Gott. Und wer betet, erweist Gott Ehre, denn Gott will, dass Menschen mit ihm reden. Dabei kann Gott alles gesagt werden, was Menschen auf dem Herzen brennt: ihn loben und ihm danken, zu ihm klagen und von ihm bitten. Und wenn Menschen Wünsche äußern, so können sie sich mit dem Theologen Dietrich Bonhoeffer sicher sein: "Gott erfüllt nicht alle Wünsche, aber alle seine Verheißungen."
Gebete müssen nicht immer sauber ausformuliert sein. Schweigen und Nachdenken kann zum Gebet werden. In solchen Momenten kann und wird die Seele Atem schöpfen.
Viele Christen haben im Tagesablauf feste Zeiten für das Gebet. Zeiten der Stille helfen, den Tag zu strukturieren und in aller Hektik ruhig zu werden. In vielen Familien wird bei den Mahlzeiten gebetet. Damit drückt sich auch aus, dass Menschen das, was sie essen, nicht allein menschlicher Hand verdanken.
Das Vaterunser ist das Gebet aller Christen weltweit. Es ist das Gebet, das Jesus Christus selbst seine Jünger und Jüngerinnen gelehrt hat.
Die Worte des Vaterunser führen die Christen in aller Welt auf Jesus Christus selbst zurück.
In der Bergpredigt (Matthäus 6, 9-13, vgl. Lukas 11, 2-4) sagt Jesus: Wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern. Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet. Darum sollt ihr so beten:
Der Morgensegen von Martin Luther hat über die Jahrhunderte nichts von seiner Ausdruckskraft eingebüßt.
Viele Christen finden auch heute in dem vertrauten, geprägten Segenswort Geborgenheit.
Der Abendsegen von Martin Luther hat über die Jahrhunderte nichts von seiner Ausdruckskraft eingebüßt.
Viele Christen finden auch heute in der vertrauten, geprägten Sprache Geborgenheit.
Gebete am Morgen und am Abend oder das Tischgebet begleiten den Tagesablauf. Was ein Kind so in der Familie erfährt, hilft ihm zum eigenständigen Glauben und zum Leben mit der Gemeinde.
Im Gebet bringen wir unser Leben vor Gott. Dabei erfahren wir, dass der Druck des Alltags und die Last der Sorge von uns abfallen. Unsere Seele schöpft tief Atem.
Für unseren Instagram-Kanal haben wir Menschen aus der Landeskirche aufgerufen, uns zu erzählen, welche Gebete ihnen besonders viel bedeuten. Diese Gebete finden Sie auch hier. Nach und nach werden weitere hinzukommen.
Ihr Lieblingsgebet ist ein Tischgebet, das an eine besondere Erinnerung geknüpft ist. Ihre Uroma hat es früher immer gebetet. Jetzt wird es in ihrer Familie vor allem an Festen zusammen gebetet:
„Herr, wir gehen zu dem Essen.
Lass uns deiner nicht vergessen,
denn du bist das Himmelsbrot.
Speiß zugleich auch unsre Seelen,
die wir dir jetzt anbefehlen.
Steh uns bei in aller Not.
Hilf uns, dass wir nach der Erden
deine Gäst' im Himmel werden.“
Ihr Lieblingsgebet hat Reinhold Niebuhr verfasst.
Was bedeutet Katharina Beck dieses Gebet?
„Das Gebet ist mir als Jugendliche das erste Mal in dem Buch 'Real Life - Das wahre Leben' von Wendy Lawton begegnet und begleitet mich seitdem durch mein Leben. Ich bete es oft in gerade jenen Situationen, in denen ich das Gefühl habe, nichts ändern zu können, und dann hilft es mir dabei, das Ruder an Gott abzugeben und darauf zu vertrauen, dass er es gut machen wird.“
„Das Herzensgebet war schon bei den Wüstenvätern in den ersten Jahrhunderten nach Christus entwickelt worden“, sagt Tobi Wörner. Es sei eine Möglichkeit gewesen, immerwährend zu beten, also sich auf Gott zu konzentrieren und mit ihm Zeit zu verbringen.
„Ich bin vor einigen Jahren darauf gestoßen und finde es eine coole Möglichkeit, im wuseligen Alltag innezuhalten und sich zu erden. Das hilft mir besonders in stressigen Situationen, eine kleine Auszeit zu nehmen.“
Anja Faißts Lieblingsgebet ist das Gebet, das ihre Tochter am liebsten betet und auswendig kann. Es steht auf einem Gebetswürfel. „Es macht mir Mut in diesen herausfordernden Zeiten“, sagt Anja Faißt.
Was bedeutet ihm sein Lieblingsgebet?
„Abends, wenn ich unsere beiden Kinder ins Bett bringe, singen wir häufig gemeinsam das Lied 'Der Abend kommt' von Jörg Zink“, erzählt Hans-Ulrich Probst. „Es ist für mich zu einem Hoffnungs- und Trostlied und damit zu einem gesungenen Gebet geworden. Es bringt für mich das Mitleiden an einer friedlosen Welt, aber eben vor allem die Sehnsucht nach Gerechtigkeit, nach Frieden zum Ausdruck. Gerade in den aktuellen Zeiten spreche ich es nicht nur abends immer wieder für mich und vertraue darauf, dass der Wunsch und die Bitte nach Frieden von so vielen Menschen endlich erhört wird.“
„Diesen Liedtext hat mein Vater immer mit mir gebetet, wenn er mich zur Grundschule brachte“, sagt Prisca Steeb. „Es ist ein so tolles Gebet am Morgen, um sich behütet zu wissen und seinen Tag gleich zu Beginn mit allen Freuden, Sorgen und Herausforderungen abzugeben.“
Ihr Lieblingsgebet ist eine Strophe des Kirchenliedes „Gott des Himmels und der Erden“ des Königsberger Organisten Heinrich Albert aus dem 17. Jahrhundert.
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