| Gesellschaft

Gemeinsam gegen Judenfeindschaft

Am Montag beginnt in Stuttgart die Woche der Brüderlichkeit

„Mensch, wo bist Du? Gemeinsam gegen Judenfeindschaft“, ist das Thema der diesjährigen Woche der Brüderlichkeit, zu der die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (GCJZ) einlädt. Die bundesweite Aktion wird am Sonntag, 10. März, in Nürnberg eröffnet. 

"Er sah, dass der Dornbusch in Flammen stand, aber nicht verzehrt wurde." EMH / Christian Nathan

In Stuttgart beginnt die Woche der Brüderlichkeit am Montag, 11. März, im Literaturhaus. Dort spricht die Literaturwissenschaftlerin Elisabeth Edl über den französischen Nobelpreisträger Patrick Modiano. Der Autor gehört zu jenen französischen Intellektuellen, die sich gegen eine Verharmlosung des Vichy-Regimes wenden. „1945 geboren zu sein, nachdem Städte zerstört und ganze Bevölkerungen verschwunden waren, muss mich, wie andere meines Alters, sensibler für die Themen Erinnerung und Vergessen gemacht haben“, sagte er in seiner Nobelpreisrede.

Am Dienstag, 12. März, wird im Ludwigsburger Goethe-Gymnasium der Jenny-Heymann-Preis verliehen. Damit prämiert die Stuttgarter GCJZ jährlich Schülerarbeiten, die mit dem Schwerpunkt Judentum lokal- oder landesgeschichtliche Aspekte thematisieren, Biografien jüdischer Stuttgarter im jeweiligen Zeitkontext darstellen oder Aspekte der Geschichte der Stuttgarter GCJZ beleuchten. Der Preis erinnert an die in Stuttgart geborene, jüdische Lehrerin  Jenny Heymann (1890 bis 1996), die zu den Gründerinnen der GCJZ Stuttgart gehörte, lange Zeit deren Geschäfte führte und zu ihrem einhundertsten Geburtstag für ihr Engagement im christlich-jüdischen Dialog mit der Otto-Hirsch-Auszeichnung ausgezeichnet wurde.


Die Otto-Hirsch-Auszeichnung wird alljährlich von der Stadt Stuttgart gemeinsam mit der und der Israelitischen Religionsgemeinschaft in Württemberg an Persönlichkeiten, Gruppen oder Initiativen aller Religionsgemeinschaften verliehen, die sich um die christlich-jüdische Zusammenarbeit besonders verdient gemacht haben.


Zur Moscheeführung geht es am Mittwoch, 13. März, nach Stuttgart Wangen zur Islamischen Gemeinschaft. „Diese thematische Öffnung zum Gespräch mit dem Islam hat im Rahmen der Woche der Brüderlichkeit bei uns schon Tradition“, sagt Isabelle Fezer, Stuttgarter Bürgermeisterin für Jugend und Bildung und evangelische Vorsitzende der GCJZ.  „Dennoch steht bei uns das christlich-jüdische Gespräch im Vordergrund. Für einen Trialog der Religionen gibt es andere Institutionen wie etwa das Stuttgarter Lehrhaus.“ Eine Synagogenführung wird am Tag darauf, 14. März, in der Stuttgarter Synagoge angeboten. Wer teilnehmen möchte, muss einen Personalausweis mitnehmen, männliche Teilnehmer benötigen eine Kopfbedeckung. 

„‚Mensch, wo bist du?‘ war auch die erste Frage Gottes an ‚Adam‘, was auf Deutsch ‚Mensch‘ bedeutet“, sagt Dr. Michael Volkmann, der Beauftragte der württembergischen Landeskirche für das Gespräch zwischen Christen und Juden zum Thema der Woche der Brüderlichkeit. Der erste Mensch lehnte Selbstkritik und Verantwortung ab, schob eigene Schuld auf seine Gefährtin Eva ab – mit fatalen Folgen für die nächste Generation, so Volkmann. „Ihr ältester Sohn Kain erschlug seinen Bruder Abel. Gott fragt Kain: ,Wo ist dein Bruder Abel?‘ Gottes Fragen wollen uns Menschen dazu bringen, an unserem jeweiligen Ort Verantwortung für unser eigenes Handeln und für unsere Mitmenschen zu übernehmen. Genau das tun die Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit.“ 

Die Kirchen haben den Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit viel zu verdanken.

Dr. Michael Volkmann

Die Idee einer Woche der Brüderlichkeit wurde von der GCJZ in Stuttgart nach amerikanischem Vorbild entwickelt. Dort war eine Bewegung entstanden, die sich für die „Bruderschaft aller Menschen“ und eine „Gemeinschaft ohne Vorurteile“ einsetzte und jährlich zu einer „Bruderschaftswoche einlud“. In Stuttgart wurde die Woche der Brüderlichkeit 1951 das erste Mal begangen und 1952 dann vom Deutschen Koordinierungsrat der GCJZ bundesweit übernommen. Unter dem Eindruck des Zweiten Weltkrieges und der Shoa wollten die Initiatoren dazu beitragen, das Erbe der Nazizeit mit ihren rassistischen Stereotypen zu überwinden. 

„Die Kirchen haben den Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit viel zu verdanken“, betont Volkmann. Sie erinnern an die Verbundenheit von Juden und Christen, bearbeiten die historischen und theologischen Wurzeln christlicher Judenfeindschaft und informieren über jüdisches Leben in unserem Land, in Israel und anderen Ländern.  Sie seien- wo nötig - auch kritische Begleiter der Kirchen. Umgekehrt gäben die Kirchen den Gesellschaften wichtige Unterstützung. „In den über achtzig Gesellschaften bundesweit arbeiten neben vielen engagierten Juden und Christen auch viele evangelische Pfarrerinnen und Pfarrer aktiv mit und zeigen den Wunsch der Kirchen nach mehr Zusammenarbeit von Juden und Christen für das Wohl aller“, so Volkmann.


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